Roundpen-Training, wie es die meisten kennen
Durchgedrückter Rücken, aufgerissene Augen, hohes Tempo und ein Mensch, der das Pferd scheucht. Haben Sie auch so ein Bild im Kopf, wenn Sie ans Roundpen-Training denken? Tatsächlich missbrauchen manche Ausbilder den Zirkel, um Pferde gefügig zu machen: Sobald das Pferd nach innen zum Menschen denkt, erfährt es Ruhe, weicht es vom Menschen weg, treibt er. Studien aus Australien und den Niederlanden haben bereits gezeigt, wie stressig diese Methode für die Tiere ist.
Roundpen als Raum des Dialogs mit dem Pferd
Dabei ist die freie Arbeit ohne Seil im Grunde perfekt, um pferdegerecht zu trainieren und partnerschaftlich zu kommunizieren: Man kann lernen, Energie zu schicken, das Pferd zu wenden, das Pferd lesen zu lernen und herauszufinden, wie man selbst aufs Pferd wirkt.
"Im Roundpen kann ich dem Pferd Raum geben oder ihm Raum nehmen", sagt Pferdeverhaltenstrainerin Marie Heger, die das Roundpen-Training als eine Art des Dialogs sieht. "Als Mensch nehme ich mir hier den Raum, um mich mit meinem Pferd zu beschäftigen." Schicken, Drehen, Einladen, Folgen, Anhalten sind Beispiele von Übungen, die man erarbeiten kann.
Vorbereitungen für die Arbeit im Roundpen
Ein paar wichtige Eckpfeiler, damit es rund läuft: Das Pferd sollte während der Arbeit im Roundpen nicht lange in hohem Tempo auf dem Kreis laufen, um die Belastung für Knochen, Sehnen und Gelenke möglichst gering zu halten. Eine Einheit sollte unter 30 Minuten dauern und das Pferd sollte vorher 10 Minuten aufgewärmt sein. Innerhalb der Einheit legen Sie Pausen ein, in denen sich das Pferd entspannen kann.
Ziel ist es, dass der Reiter das Pferd im Roundpen mit minimaler Körpersprache dirigiert oder es sogar nur mit Blicken bewegt. Reicht der Blick nicht, sendet der Reiter Energie, indem er einen Schritt auf das Körperteil zu macht, das er erreichen möchte. Als letzte Verstärkung dient das Seil, das der Mensch Richtung Pferd werfen kann, um das Tempo zu erhöhen oder es zu wenden.
Die Übungen, die Marie Heger zeigt, haben keine bestimmte Reihenfolge. Nutzen Sie den Roundpen als Experimentierkreis für feine Kommunikation. Es lohnt sich!
Roundpen-Übung 1: Das Tempo bestimmen
Ziel ist es, dass das Pferd in einer entspannten Haltung Schritt geht, trabt und galoppiert. Höheres Tempo soll keine Flucht auslösen. Bei dieser Übung im Roundpen geht es zunächst darum, das Pferd in eine höhere Gangart durch Energie auf die Hinterhand zu schicken, ohne dass es wegrennt.
Um das Pferd schneller zu bewegen, gibt es mehrere Stufen: Blick auf die Hinterhand, Schritt in Richtung Hinterhand und – wenn nötig – das Seil Richtung Hinterhand werfen. Geht das Pferd im gewünschten Tempo, bleibt der Mensch entspannt in der Mitte stehen. Soll das Pferd wieder in eine langsamere Gangart wechseln, kann der Mensch warten, bis es von selbst langsamer wird oder bremsen, indem er von der Mitte aus auf einer Linie Richtung Pferdekopf läuft und dem Pferd den Weg abschneidet. Dreht sich das Pferd nach außen weg, war der Druck zu hoch; beim nächsten Versuch langsamer gehen.
Roundpen-Übung 2: Den Kopf in jeder Gangart senken
Das Pferd sollte in jeder Gangart den Kopf fallen lassen. Sobald das Pferd den Kopf senkt, schleckt oder kaut, bleibt der Mensch entspannt, lobt es mit der Stimme, atmet aus, der Blick wird weich und er dreht sich in der Mitte des Roundpens nur Richtung Pferd auf einem kleinen Radius mit.

Senkt das Pferd den Kopf, werden Entspannungshormone ausgeschüttet – im Gegensatz zu einer hohen Halshaltung, die das Pferd in Fluchtbereitschaft versetzt. Durch die gelassenere Körperhaltung lernt das Pferd, sich mental fallen zu lassen und sich zu lösen. Denn wie beim Reiten auch, ist das Ziel eines effektiven Roundpen-Trainings ein losgelassenes Pferd.
Roundpen-Übung 3: Das Pferd am Zaun anhalten
Mit dem Anhalten im Roundpen beginnt man aus dem Schritt. Der Mensch kann das Pferd im Schritt anhalten, indem er dem Pferd den Weg auf einer Linie Richtung Pferdekopf abschneidet.

Das Pferd reagiert auf jeder Hand etwas anders. Das liegt an der unabhängigen Wahrnehmung der Pferdeaugen und der natürlichen Schiefe. Falls das Pferd auf die Körpersprache des Menschen nicht reagiert, hat dies grundsätzlich zwei Ursachen: Das Pferd hat gelernt, dass es sich nicht lohnt zu reagieren (dann die Hilfe mit dem Seil verstärken) oder der Mensch verhält sich in den Augen des Pferds widersprüchlich (die eigene Körpersprache prüfen).
Klappt das Anhalten im Schritt, kann man die Übung auch aus dem Trab oder sogar Galopp versuchen.
Alle Übungen für ein effektives Roundpen-Training mit Ihrem Pferd können Sie hier nachlesen:
Die Expertin

Marie Heger ist Pferdeverhaltenstrainerin und Diplom-Schauspielerin. Dabei beschäftigt sie sich viel mit Körpersprache und Kommunikation. Mehr Infos sowie ein Lehrvideo zum Thema gibt es unter: www.marie-heger.com
Der Roundpen
Ein Roundpen ist ein rund eingezäunter Platz mit 15 bis 20 Metern Durchmesser. Diese Art des Reitplatzes kommt aus der Arbeit mit Wildpferden. Die runde Form verhindert, dass die Pferde von Ecke zu Ecke laufen. Der Boden sollte rutschfest und griffig sein, da Pferde bei der Freiarbeit auch mal schnell beschleunigen oder abrupt stoppen können.
Der Zaun sollte mindestens so hoch wie ein Weidezaun sein. Falls kein runder Platz zur Verfügung steht, kann die Freiarbeit auch auf einem quadratischen, abgezäunten Platz stattfinden. Ist der Fokus vom Pferd beim Reiter, läuft es hier trotz der Ecken rund.