Artikel: Wie Tierkommunikatoren mit Pferden sprechen
Körper spricht mit

Ich rede ständig mit meinen Pferden. Meine Nachbarn denken manchmal, ich habe Besuch und wundern sich dann, niemanden zu sehen. Ich finde Reden wichtig. Denn wenn ich etwas ausspreche, spricht auch meine Mimik und Gestik und Körpersprache. Alles zusammen verstehen die Pferde sehr gut. Beim Physio-Riding arbeiten wir sowieso so weit wie möglich mit Stimmenkommandos.
Sabine Bruns, Physiotherapeutin
Ein Pfiff zum Galopp

Lob mit der Stimme ist für mich wichtig. In Prüfungen ist es ja leider nicht erlaubt, mit dem Pferd zu sprechen. Ganze Paraden begleite ich mit einem leisen „Ohooooo“. Ein scharfer Piff signalisiert dem Pferd an der Longe, dass es in den Galopp springen soll. Es geht weniger um das Wort, sondern um die Stimmlage. Bei jungen Pferden ist bei der Erziehung und Ausbildung die Stimme neben der Körpersprache entscheidend. Die Stimme hilft, das Tor zur Kommunikation weiter zu öffnen.
Magdalena Rasche, Ausbilderin
Morgendliche Begrüßung

Privat habe ich keine Pferde, aber dienstlich. Morgens begrüße ich alle mit „Hallo, Pferde!“. Die Pferde wiehern leise zurück, die Esel antworten mit dem rostigen „I-ah“. Ich bilde mir ein, sie meinen mich, in Wirklichkeit begrüßen sie mein Heu in der Schubkarre.
Dietbert Arnold, Sachverständiger
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Ruhig schnauben

Wenn ich meine Pferde aus der Box hole, rufe ich auf der Stallgasse den Namen. Meistens sind sie dann bereits mit dem Kopf an der Tür. In der Box sage ich „Huf“ und kann die Hufe mit einer ganz leichten Beinberührung anheben. Diese Stimmkommandos lernen meine Pferde von Anfang an. Auch „Schritt“, „Trab“, „Galopp“ und „Halt“ bringe ich ihnen an der Longe bei. Soll das Pferd schneller werden und in die nächste Gangart wechseln, geht beim Kommando die Stimme hoch. Soll es verlangsamen, etwa aus dem Galopp durchparieren, geht die Stimme runter. Beim Anreiten von Jungpferden kann ich so Gangartenwechsel leichter vermitteln. Man darf es aber nicht übertreiben. Redet man zu viel, wird der Redefluss fürs Pferd unverständlich, weil keine klaren Kommandos zu erkennen sind. Stimme wirkt auch ohne Worte. Zur Beruhigung nutze ich einen Laut, der wie entspanntes Schnauben klingt.
David de Wispelaere, Ausbilder
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Lob und Tadel

Ich spreche vor allem mit Pferden, um sie zu loben. Ich schimpfe aber auch, wenn sie Blödsinn machen. Dann erhebe ich die Stimme. Wichtig ist die Begrüßung. Ich rufe die Namen und warte auf Antwort.
Virginia Pfingsttag, Pferdewirtin
Lieder lockern

Ich nutze meine Stimme für zwei Dinge: Zum einen ermutige ich die Pferde zu mehr Aktivität mit der Hinterhand (Schnalzen oder „komm“), sowie zu mehr Ruhe („ruuhig“). Je nachdem, was ich brauche. Je jünger oder unerfahrener die Pferde sind, desto häufiger nutze ich diesen Kommunikationskanal. Außerdem sorge ich für gute Stimmung, indem ich fröhliche Melodien leise summe oder pfeife. Ein flottes Lied im Trabrhythmus macht Reiter und Pferd lockerer, weckt den Spaß an der Bewegung und steigert die Lebensfreude. Musik sorgt dafür, dass die Seele im Takt der Bewegung mitschwingen kann. Das löst innere Blockaden. Dabei ist es nicht so wichtig, dass die Melodie laut hörbar ist. Manchmal reicht es auch aus, dass sie nur in meinem inneren Ohr erklingt. Sobald andere Reiter in der Halle sind, ist Ruhe angesagt. Es gehört sich nicht, deren Konzentration durch Singen oder Pfeifen zu stören.
Werner Jost, Ausbilder
Klare Worte

Stimmkommandos verwenden wir bei der Jungpferdeausbildung und später beim Reiten. „Whoa“ steht für Halt, Schnalzen für Vorwärts. Die Wörter müssen klar und knapp sein und sollen die anderen Hilfen unterstützen. Gerade unseren Schulpferden helfen die Kommandos, wenn die Tiere die ungenauen Hilfen der Schüler nicht verstehen. Auch fürs Lob setzen wir die Stimme ein. Endloses Geplapper lehnen wir ab, das verwirrt. Ausnahme: Angst. Wenn unsere Reitschüler nervös werden, lassen wir ruhige Melodien summen oder singen. Das lenkt ab und beruhigt die Reiter – und die Pferde regen sich gar nicht erst auf.
Norbert Gleißner und Henrike Garcke, Ausbilder
Pferden schmeicheln

Beim Reiten brauche ich meine Stimme eigentlich nur zum Loben oder um mein Pferd Otto ein bisschen zu beruhigen. Wenn ich ihn putze oder von der Weide hole, erzähle ich ihm immer, dass er der Schönste und der Beste ist. Ich denke, dass Pferde es spüren, obwohl sie es nicht buchstäblich verstehen. Und hören, wie schön und wie gut es ist, davon fühlt sich doch jedes Pferd besser. Ich denke, das strahlt derjenige, der redet, aus. Weil ich so viele unterschiedliche Sachen mit meinem Pferd mache, versuche ich, ihn auf das vorzubereiten, was wir machen werden, ob es Dressur zu Hause wird oder ein Geländetraining irgendwo anders. Ich hoffe, dass er im Laufe der Zeit an meiner Stimme erkennt, was es ungefähhr wird, damit es nicht immer wie eine totale Überraschung kommt.
Marieke van Velzen