CAVALLO hautnah: So arbeitet die Stunt-Reiterin Hero Merkel

CAVALLO hautnah
So arbeitet die Stunt-Reiterin Hero Merkel

Veröffentlicht am 28.07.2019

Omen geht für Hero durchs Feuer. Der Scheckwallach spitzt die Ohren, zieht das Tempo an – und springt. Um ihn herum qualmt es. Auf seinem Rücken sitzt Hero Merkel und breitet die Arme aus. Der Wallach trägt nicht mal einen Zaum.

Seine Besitzerin, die 23-jährige Show- und Stuntreiterin, lebt im Elsass und bereitet dort nicht nur Omen, sondern eine ganze Reihe von Pferden auf Shows vor. Ihr Repertoire: Ungarische Post, Trickriding, Feuershows, Ritterkämpfe, Hohe Schule und Freiheitsdressur.

Vom Offenstall zum Training

Hero Merkel steht in einer Staubwolke, als sie den 14-jährigen Lusitano-Wallach Achado putzt. „Tut mir leid, meine Pferde leben im Offenstall und sind meistens mit Matschkrusten überzogen“, erklärt sie. Obwohl alle Pferde heute Morgen schon mal sauber waren, haben sich manche einfach wieder in den Dreck gelegt. Achado sind die Augen halb zugefallen. Er wirkt zufrieden mit sich und der Welt.

Super Hero
Lisa Rädlein

Hier in der Nähe des badischen Grenzübergangs Iffezheim lebt Hero Merkel mit ihren Eltern, Pferden, Hunden, Katzen und vielen anderen Tieren auf einem großen Hof. Hektarweise Weiden umgeben das Haus; der Reitplatz liegt inmitten einer Koppel. Dorthin geht es zum ersten Trainingsteil des heutigen Tages – Hero wird mit ihren beiden Pferden Omen und Achado die Ungarische Post üben. Dabei laufen die Pferde dicht beieinander und sie steht mit je einem Bein auf einem Pferderücken.

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Die Tiere tragen dazu spezielle Stuntsättel mit Vorderzeug und drei Gurten. Diese Sättel haben mehrere Griffe und Riemen, um in allen möglichen Positionen an und auf dem Pferd bleiben zu können. „Bei uns sattelt jeder selbst“, erklärt Hero Merkel. „Denn korrektes Satteln ist für uns lebenswichtig.“ Aber vier Augen sind besser als zwei: Hero Merkels Mutter Uta ist immer im Hintergrund. Sie richtet die Pferde ihrer Tochter her, baut die Utensilien fürs Training auf und führt Telefonate für die Show-Organisation – eine richtige Managerin.

Omens Stunttalent war eine Überraschung

Als wir zum Reitplatz über die Weide laufen, verfolgt uns der Schecke Chopin, der hier gerade gegrast hat. Er wirkt enttäuscht, weil er draußen bleiben muss. „Wir müssen unsere Pferde nicht auf dem Reitplatz einsperren, sondern sie eher aussperren“, betont Hero Merkel. Sie lässt Omen und Achado parallel laufen und verbindet sie mit einem Steigbügel am Sattel.

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„Das hält im Zweifel nicht, aber es ist eine kleine Erinnerung für die Pferde.“ Dann trabt sie an. Beide Tiere tragen eine Kandare, damit sie einhändig gelenkt werden können. Auch durchs Anlegen der Zügel an den Hals wie beim Neckreining wissen Omen und Achado, wo es lang geht. „Außenrum um den Platz geht das noch recht einfach, aber je kleiner die Kurven, desto schwieriger“, erklärt Hero Merkel.

Heros Pferde haben bei den Shows ganz unterschiedliche Spezialaufgaben, können sich aber auch gegenseitig doubeln. Alle Pferde sind in mindestens zwei Bereichen einsetzbar. Omen etwa ist nicht nur bei der Ungarischen Post und beim Feuer im Einsatz, sondern auch beim Trickriding.

Der kleine polnische Wallach sollte eigentlich mal Schulpferd werden. Bevor sich Hero Merkel auf Stunts und Shows spezialisierte, pachtete sie zusammen mit ihrer Mutter eine Reitanlage im badischen Rastatt, auf der sie auch Unterricht gab. Die Stuntreiterin kaufte Omen dreijährig vor sechs Jahren. Er entpuppte sich ganz überraschend als tolles und treues Stuntpferd, das auch gut von Anfängern geritten werden kann. Inzwischen hat Omen schon in mehreren Filmen mitgespielt.

Klassische Dressur als Gymnastik

Wenn Hero nicht gerade für Shows und Stunts trainiert, gymnastiziert sie ihre Pferde in klassischer Dressur. Gerade für Omen ist das wichtig. Denn bei dem Wallach wurden Kissing-Spines diagnostiziert.

Hero Merkel hatte Angst, ihren Omen deshalb nie mehr reiten zu können. Aber durch das vielseitige Training hat sich seine Rückenmuskulatur so gut entwickelt, dass die Tierärzte doch noch grünes Licht für seine Stuntpferd-Karriere gegeben haben.

Nun ist Pferdekumpel Achado an der Reihe. Und er darf Gas geben: Beim Trickriding galoppieren die Pferde auf einer etwa 100 Meter langen Bahn – ohne reiterliche Einwirkung. Währenddessen turnt der Trickreiter waghalsige Figuren: Er hängt sich seitlich ans Pferd, hält sich kopfüber am Sattel fest oder springt ab und wieder hinauf.

Trainingspartner fürs Feedback

Hero Merkels Trainingspartner Kevin Friess Anthony hat sich mit seinem Pferd dazugesellt. Der 32-jährige Sohn eines französischen Stuntreiters sitzt im Sattel, seit er laufen kann. Wobei – eigentlich sitzt er selten, denn er ist der Experte für Trickfiguren und Stürze vom Pferd bei Rittershows.

Sein Pferd Balesto tänzelt nervös. Während er auf das Startzeichen von seinem Reiter wartet, steht er vor Energie schier platzend fast auf den Hinterbeinen. Dann donnert er los, dass der Sand in alle Richtungen spritzt. Der Stuntman reitet kopfüber am CAVALLO-Team vorbei, bevor er sich kurz vor dem Ende der Bahn wieder zurück in den Sattel schwingt und bremst.

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Hero Merkel macht sich derweil warm und lässt Handgelenke und Kopf kreisen. Sie beherrscht viele Figuren, wie zum Beispiel das „Versteckspiel“, bei dem sie sich seitlich ans Pferd hängt. Danach bekommt sie Feedback von ihrem Kollegen. „Ich bin froh, dass ich mit ihm jemanden habe, der mir sagt, was ich besser machen kann“, meint Hero Merkel.

Durchs Feuer geht es nicht ohne eine Dusche davor

An diesem Trainingstag darf Omen noch fürs Feuertraining ran. Bevor Hero Merkels Mutter Uta das Feuer zündet, wird der Wallach vorbereitet: Sein Schweif wird hochgebunden und mit Panzertape eingewickelt. Dann bekommt Omen eine ausgiebige Dusche. „Ich selbst bleibe trocken, damit ich merke, wenn es zu heiß wird“, erklärt Hero Merkel.

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Währenddessen fährt Mutter Uta eine Portion Heu auf die Weide. Wallach Chopin steht auch wieder parat und freut sich über das frische Buffet. Leider müssen wir ihn wieder vertreiben – denn das Heu ist nicht zum Fressen gedacht. Mit speziellem Fakir-Benzin zündet Uta Merkel ein Feuer. Omen spitzt gespannt die Ohren. Doch der Rauch und die Flammen beeindrucken ihn gar nicht.

Klassische Dressur und Horsemanship als Vorbereitung

Nicht alle Pferde hier sind schon Profis wie Omen. Nachwuchspferd Selma, eine achtjährige Knabstrupper-Stute, muss noch viel lernen. Bevor die Pferde auftreten, werden sie monatelang trainiert – und zu den Shows fahren sie zuvor einfach immer wieder mit.

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Die Basis der Ausbildung ist vor allem klassische Dressur und Natural Horsemanship. Selma lernt gerade, dass ihre Besitzerin von allen möglichen Seiten auf sie heraufklettert, auf ihr turnt und steht. Und eines Tages wird die Stute in Omens Hufstapfen treten.