Mein Pferd legt oft die Ohren an: Katja Schnabel hilft!

Tipps und Tricks von Katja Schnabel
So eine Zickerei!

Zuletzt aktualisiert am 22.05.2024
Ein Schimmel legt die Ohren an und bedroht ein anderes Pferd, das neben ihm steht.
Foto: Jessica Freymark

Das ist halt ’ne Zicke!

Diesen Satz sollten Reiter direkt aus ihrem Wortschatz streichen, meint Ausbilderin Katja Schnabel. Denn: Legt das Pferd oft die Ohren an, giftet und droht, ist das ein Alarmzeichen. "Ich muss das Verhalten ernstnehmen und mich fragen, warum das Pferd sich unwohl fühlt", sagt die Pferdewissenschaftlerin. Stress und Schmerzen etwa triggern zickiges Verhalten. Welche Punkte Pferdebesitzer checken sollten – und was die Sicherheit im Umgang und Training mit aggressiven Pferden erhöht, lesen Sie im Folgenden.

Zicken kann man nicht abtrainieren

Zickereien zeigen sich auf vielfältige Weise. Manche Pferde legen die Ohren an, wenn ein anderes Tier zu nahe kommt. Andere verhalten sich aggressiv gegenüber Menschen. Auf Turnieren tragen unverträgliche Pferde eine Schleife im Schweif – als Signal zum Abstandhalten. "Zicken lässt sich nicht abtrainieren", meint Katja Schnabel. Das Pferd drückt damit aus, dass etwas nicht in Ordnung ist. Finden Sie die Ursache für das Abwehrverhalten heraus. Übrigens: Der Auslöser kann sich an unerwarteter Stelle zeigen. Manche Pferde haben Stress in der Herde, wirken da aber ruhig. Kommt dann der Mensch mit Druck, explodiert das Pferd, weil sich der Stress entlädt. Es gilt also, das Problem umfassend zu betrachten.

Medizin-Check: Gesundheit prüfen und Schmerzen abklären

Hat das Pferd Schmerzen? Gibt es ein gesundheitliches Problem? "Die Pferde erwarten dann bei bestimmten Aktionen schon Schmerz – und das kann aggressiv machen", erklärt Pferdeprofi Katja Schnabel. Lassen Sie mögliche Schmerzen medizinisch abklären, etwa folgende:

• Magengeschwüre sind sehr häufig bei Pferden. Die Tiere zeigen den Schmerz über Abwehrverhalten.

• Empfindliche und gereizte Haut kann eine gesundheitliche Ursache sein.

• Spielen die Hormone während der Rosse bei Stuten verrückt? Dann wirken die Tiere zickig. Auch Gebärmutterprobleme bereiten oft Schmerzen.

• Bei Zahnschmerzen und vereiterten Zahnhöhlen wehren sich Pferde bei Berührungen am Kopf.

• Die Ohrspeicheldrüse kann anschwellen, wenn Pferde kurzes Gras abzupfen.

• Schmerzen die Hufe und man reitet das Pferd, tut bald der ganze Körper weh.

Ursachen-Check: Haltung und Equipment prüfen

Oft sind Pferdebesitzer "betriebsblind". Was bei der Haltung schief läuft, fällt ihnen gar nicht auf. Denn sie sind im Alltag immer davon umgeben. "Mein Tipp: Holen Sie sich eine dritte Person, die sich die Haltung und das Training kritisch anschaut. Am besten einen Pferdemenschen aus einem anderen Stall", rät die Ausbilderin. Möglicherweise gibt es Aha-Effekte, weil die andere Person einen frischen Blick auf folgende Punkte hat:

• Sind die Grundbedürfnisse in der Haltung befriedigt? Hat das Pferd ausreichend Bewegung, Raufutter, Sozialkontakt?

CAVALLO Katja Schnabel - Drohen, treten, beißen: Was steckt dahinter? So eine Zickerei!
Jessica Freymark

• Langweilt sich das Pferd – etwa, weil es viel in der Box steht?

• Bei Gruppenhaltung: Passt die Anzahl der Pferde? Gibt es sozialen Stress? Herrscht Unruhe in der Herde? Hat das Pferd Freunde? Stimmt die Chemie zwischen den einzelnen Tieren?

CAVALLO Katja Schnabel - Drohen, treten, beißen: Was steckt dahinter? So eine Zickerei!
Jessica Freymark

• Gibt es Möglichkeiten zum Ruhen und Hinlegen?

• Prüfen Sie unbedingt auch das Equipment: Passen Sattel, Trense, Halfter, Sattelgurt, Gamaschen und Co.? Scheuert oder drückt etwas? Viele Halfter sind hinter den Ohren zu eng – oder Schnallen drücken am Kopf.

CAVALLO Katja Schnabel - Drohen, treten, beißen: Was steckt dahinter? So eine Zickerei!
Jessica Freymark

• Schnappt das Pferd beim Gurten? Gurtzwang kann dahinterstecken.

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Jessica Freymark

Situation 1: Das Pferd zickt am Anbindeplatz

Wie putzen Sie das Pferd – achten Sie dabei auf das Wohlbefinden? Einige Menschen striegeln ruppig. "Wenn dem Pferd etwas Unbehagen bereitet, schreibt es ja keine Beschwerde. Es kann sich nur körperlich ausdrücken – und etwa die Ohren anlegen", sagt Katja Schnabel. Manche Pferde drücken auch den Rücken hoch und verspannen sich.

Überprüfen Sie Ihre Putztechnik. Ändert sich das Verhalten des Pferds, wenn Sie sanfter bürsten? An welchen Körperstellen ist das Pferd empfindlich? Putzen Sie einfühlsam. "So wie Sie selbst gerne geputzt werden würden", meint Katja Schnabel.

Futter am Anbindeplatz sollte übrigens tabu sein. Futterneid provoziert zickiges Verhalten. Achten Sie auch darauf, ob Ihr Pferd sich am Anbindeplatz wohl fühlt. Putzen in engen Stallgassen lässt kaum Freiraum. Viele Pferde treten, weil sie sich bedrängt fühlen. Suchen Sie lieber einen entspannten Ort.

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Die Expertin:

CAVALLO Katja Schnabel
Jessica Freymark