Mit der Hinterhand einen Gegenstand berühren
Horsemanship-Trainerin und Verlade-Expertin Cornelia Weidenauer kennt viele Pferde, die mit den Hinterbeinen die Rampe nicht betreten wollen. "Dann liegt die Ursache oft in der Hinterhand", erklärt sie. "Ihnen fehlt häufig das Gefühl für ihren gesamten Körper. Sie steuern nur ihre Vorderbeine bewusst an, weil sie gar nicht genau wissen, wo sich ihre Hinterbeine befinden." Deshalb können gezielte Übungen nicht nur das Körpergefühl Ihres Pferds verbessern, sondern auch ein Meilenstein fürs Verladetraining sein. Zwei Beispiele:
Ihr Pferd soll mit dem Hinterhuf einen Gegenstand auf dem Boden berühren,etwa eine Platte oder ein Balance Pad. Zeigen Sie dem Pferd den Gegenstand und fragen Sie es, ob es seinen Vorderhuf daraufstellen kann. Sie können seinen Huf anheben und auf den Gegenstand stellen. Alternativ touchieren Sie den Huf mit der Gerte, bis das Pferd ihn hebt und dirigieren ihn mit sanftem Gertendruck Richtung Gegenstand. Hat das Pferd die Übung verstanden und reagiert es schon, wenn Sie mit dem Finger oder der Gerte auf den Gegenstand vor seinen Hufen zeigen, können Sie das Gleiche mit den Hinterhufen trainieren.
Anstatt Ihrem Pferd zu zeigen, wie es den Gegenstand berühren soll, können Sie es auch kreativ werden lassen. Die Aufgabe könnte heißen: "Geh mal zu dem Ding und finde heraus, was du tun sollst." Die Trainerin hat die Erfahrung gemacht, dass Pferde so ganz von selbst auf neue Bewegungsideen kommen und viel Spaß daran haben.

Schwieriger: mit der Hinterhand einen Zaunpfosten berühren. Nutzen Sie dafür das Prinzip "Annäherung und Rückzug" aus dem Horsemanship-Training. Mit dem Ende des Führseils kreisen Sie in Richtung Hinterhand. Warten Sie, bis sich das Pferd ein wenig zum Zaunpfosten hinbewegt. Diesen Schritt belohnen Sie, indem Sie dem Pferd erlauben, sich wieder ein Stück weit vom Pfosten zu entfernen. Sobald Sie spüren, dass Ihr Pferd in Spannung gerät, geben Sie ihm noch mehr Raum, um sich zurückzuziehen. Merken Sie jedoch, dass es angespannt bleibt, sollten Sie ihm eine einfachere Aufgabe geben. Dann fragen Sie es etwa, ob es den Pfosten mit seiner Schulter berühren kann. Im Wechselspiel zwischen Annäherung und Rückzug werden Sie Ihr Pferd dazu ermuntern können, dass es mit dem Pfosten auf Tuchfühlung geht.
Über Stock und Stein für mehr Trittsicherheit
Auf Gras, Sand, Schotter, Waldboden, bergauf und bergab: Reiten Sie im Gelände auf möglichst unterschiedlichen Untergründen, empfiehlt Karolina Kardel. Überqueren Sie kleine Hindernisse wie Äste, anstatt sie zu umrunden. Je mehr Reize Sie Ihrem Pferd bieten, desto kompetenter kann es sich bewegen – und desto gezielter kann es auch seine Hinterbeine setzen.

Effektive Wickeltechnik
In der Bewegung am Boden oder unter dem Sattel hat ein Körperband um die Hinterhand tolle Effekte: Das Pferd spürt seine Hinterhand und beginnt ganz von selbst, sich mehr zu schließen. Eine Studie von britischen Wissenschaftlern hat gezeigt, dass Körperbänder einen stabilisierenden Effekt haben, weil sie Rotationsbewegungen der Wirbelsäule messbar verringern.

Dieses Training dürfen Sie jedoch vor allem am Anfang nicht übertreiben, da es für das Pferd sehr anstrengend ist. Gewöhnen Sie es langsam daran. Führen Sie Ihr Pferd zunächst mit einem Band einige Runden im Schritt und bewegen Sie es danach leicht an der Longe. Später können Sie den Effekt des Bands um die Hinterhand auch unter dem Sattel nutzen. Wichtig: Am Anfang nie länger als zehn Minuten mit dem Körperband arbeiten! Sie dürfen jedoch – in Maßen und langsam steigernd – mehrmals in der Woche damit trainieren.
Kreatives Stangentraining
Stangen sind ein prima Helfer für eine aktivere Hinterhand. Pferdeergotherapeutin Karolina Kardel empfiehlt, Schritt-Stangen kreativ zu variieren:
Sind die Abstände größer, muss das Pferd größere Schritte machen und die Hinterbeine mehr unter den Schwerpunkt bringen. Folgt dann ein kleinerer Abstand, muss das Pferd seinen Muskeltonus und seine Bewegung entsprechend anpassen. Dies verbessert unter anderem Propriozeption und Koordination des Pferds und sorgt so für ein besseres Körpergefühl.

Stangen im Zick-Zack oder andere Anordnungen fördern die Trittsicherheit. Auch eine Stangen-Treppe, bei der die erste Stange auf dem Boden liegt, die zweite etwas höher ist und die dritte noch ein wenig höher, spricht die Hinterbeine besonders gut an.
Auf wackligem Terrain
Pferde, die Probleme mit dem Hängerfahren haben oder sich nur mit den Vorderbeinen auf die Hänger-Rampe wagen, haben möglicherweise Probleme, sich auszubalancieren. Üben Sie mit instabilen Untergründen, etwa mit einer großen weichen Bodenmatte oder einer alten Matratze. Diese Reize sprechen Gleichgewichtssinn und Eigenwahrnehmung des Pferds an und helfen ihm dabei, sich auch in anderen Situationen besser ausbalancieren zu können. Läuft Ihr Pferd entspannt darüber und lässt es sich auf der Matte anhalten, bitten Sie es, seine Hufe zu geben.

Die Königsdisziplin: eine Wippe! Sichern Sie diese zunächst mit unterlegten Matten ab, damit sie nur minimal wippt. Nächster Schritt: Stabilisierung nach und nach abbauen. Will Ihr Pferd mit den Hinterbeinen noch nicht drauftreten? Dann machen Sie erst mal mit einer der anderen Übungen weiter.
Massagen setzen neue Reize
Während Pferde sich in der Regel schnell überreden lassen, einen unbekannten Untergrund mit den Vorderbeinen zu betreten, fällt es ihnen oft schwer, auch die Hinterbeine daraufzusetzen. So machen Sie Ihr Pferd mit seinen Hinterbeinen bekannt:
Bürsten Sie das Bein mit zwei Wurzelbürsten von unten nach oben und von oben nach unten. Alternativ können Sie das Bein auch mit der Hand abstreichen. Durch diese taktilen Reize lenken Sie die Aufmerksamkeit auf die Hinterbeine und holen sie verstärkt ins Bewusstsein Ihres Pferds zurück, erklärt Karolina Kardel.
Auch wenn Pferde ihre Körpergrenzen schwer einschätzen können, helfen taktile Reize, etwa mit einer Massagebürste, einem vibrierendem Massagerät oder einem Igelball. Fangen Sie zunächst an den Körperstellen an, wo das Pferd nicht mit Abwehr reagiert und arbeiten Sie sich vorsichtig in die "roten Zonen" vor.

Klappt das, können Sie den Reiz "ausschleichen": Hat Ihr Pferd Angst, unter einem Vorhang durchzugehen? Dann können Sie nach und nach den für Ihr Pferd unangenehmen Reiz des Vorhangs durch ein Stück Tuch oder Vorhang simulieren und Ihr Pferd ergänzend damit abstreichen.
Die Expertinnen

Cornelia Weidenauer verbindet als Trainerin Horsemanship mit gymnastizierender Arbeit am Boden und unter dem Sattel. www.wahre-haltung.de

Karolina Kardel ist Pferdeergotherapeutin nach PFERGO-Pferdeergotherapie und Physio Riding Coach. www.360gradpferd.de