Pferde mit rasender oder stiller Tollwut toben im Stall oder lassen apathisch ihre Köpfe hängen. Schuld sind Lyssaviren, die im Gehirn wüten. Die sind hierzulande praktisch ausgemerzt. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt sein Tier trotzdem impfen – aber es muss nicht mehr jedes Jahr sein, so die aktuelle Empfehlung der deutschen Seuchen-Experten.
Tollwut - in Deutschland fast ausgestorben
Dass im Jahr 2006 noch neun tollwütige Fledermäuse registriert wurden, ändert daran nichts. Denn das Virus, das die fliegenden Säuger infiziert (European Bat Lyssavirus, EBLV), ist nur ein toll wutähnlicher Erreger, unterscheidet sich aber genetisch vom klassischen Tollwutvirus (Rabies-Lyssavirus, RALV).
Tollwütige Fledermäuse werden Pferden kaum gefährlich. „Die Chance, dass sich ein Pferd infiziert, ist absolut gering; in Europa ist kein Fall bekannt“, betont Dr. Müller. „Und die Impfstoffe bieten auch gegen EBLV einen sicheren Schutz.“

Warum die Tollwut-Impfung trotzdem nötig ist
„Aus epidemiologischer Sicht besteht dazu keine Notwendigkeit mehr, wenn das Pferd in Deutschland bleibt“, meint Dr. Müller. „Wenn es hier keine Tollwut gibt, wie sollte es sich infizieren?“
Tierärzte denken da freilich etwas anders. „Medizin darf man nicht nur bürokratisch sehen“, kontert Professor Wolfgang Leibold, Leiter der Arbeitsgruppe Immunologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. „Nicht mehr zu impfen, wäre ganz schlecht, selbst wenn das Infektionsrisiko gering ist. Der Aufwand für sicheren Schutz ist nämlich ebenfalls gering.“
Und er ist inzwischen noch geringer als früher. Bislang war nach der Grundimmunisierung eine jährliche Wiederholungsimpfung nötig. Nur dann sah die nationale Tollwut-Verordnung den Impfschutz gewährleistet, der tollwutverdächtige Tiere – auch Pferde – vor sofortiger Tötung bewahrt.
Seit das deutsche Gesetz Anfang 2006 an europäisches Recht angepasst wurde, muss nur noch das vom Hersteller empfohlene Impfintervall eingehalten werden.
„Das war sehr weise vom Gesetzgeber. Gute Impfstoffe wirken deutlich länger als ein Jahr, so dass Pferden heute unnötig häufige Impfungen erspart bleiben“, lobt Immunologe Leibold.
Die Wirkung des jeweiligen Impfstoffs muss jeder Hersteller gegenüber dem Paul-Ehrlich-Institut bei der Zulassung belegen. „Es kommt aber nicht darauf an, wie lange das Vakzin tatsächlich schützt, sondern über welchen Zeitraum es vom Hersteller getestet wurde“, erklärt Professor Leibold.
Kriterium für die sogenannte belastbare Immunität ist der Antikörpertiter im Blut. Die serologische Immunantwort auf die inaktivierten Tollwut-Vakzine muss bei mindestens 0,5 Internationalen Einheiten (IE) liegen. Impfstoffe wie Nobivac T (Intervet) und Riemser Tollwut-Vakzine halten diesen Titer nachweislich zwei Jahre lang aufrecht. Für Enduracell T empfiehlt Hersteller Pfizer ein Impfintervall von 18 Monaten.
Die längere Wirkung haben nicht nur neue Stoffe. „Für Nobivac T liegen den Behörden seit Jahren Belege einer längeren Immunitätsdauer als Bestandteil der Zulassungsanträge vor. Nach der Anpassung an EU-Recht kann der Tierarzt die längeren Intervalle nun umsetzen“, sagt Intervet-Produktmanager Dr. Peter Hinsberger.
Zumindest im Fall der Tollwut muss also niemand über die EU-Gesetze in Rage geraten.
Die Impfstoffe gegen Tollwut im Detail
Nobivac T

- Hersteller: Intervet Deutschland GmbH, 85716 Unterschleißheim
- Grundimmunisierung: mit Erst-Impfung ab 6. Lebensmonat
- Impfschutz: vier Wochen nach Erst-Impfung
- Wiederholungsimpfung: alle 2 Jahre
- Impfung tragender Stuten: keine Einschränkung
- Impfung von Fohlen: ab 6 Monate
Enduracell T

- Hersteller: Pfizer Deutschland GmbH, 76139 Karlsruhe
- Grundimmunisierung: mit Erst-Impfung
- Impfschutz: frühestens 14 Tage nach Erst-Impfung
- Wiederholungsimpfung: alle 18 Monate
- Impfung tragender Stuten: keine Impfung während der Trächtigkeit
- Impfung von Fohlen: ab 3 Monate
Riemser Tollwut Vakzine

- Hersteller: Riemser Arzneimittel AG, 17493 Greifswald – Insel Riems
- Grundimmunisierung: mit Erst-Impfung
- Impfschutz: 14 bis 21 Tage nach Erst-Impfung
- Wiederholungsimpfung: 1Jahr nach Erst-Impfung, danach alle 2 Jahre
- Impfung tragender Stuten: keine Einschränkung bei tragenden Stuten
- Impfung von Fohlen: ab 12. Lebenswoche
Rabdomun

- Hersteller: Essex Tierarznei, 81737 München
- Grundimmunisierung: mit Erst-Impfung
- Impfschutz: ca. 14 Tage nach Erst-Impfung
- Wiederholungsimpfung: alle 18 Monate
- Impfung tragender Stuten: keine Impfung während der Trächtigkeit
- Impfung von Fohlen: ab 3 Monate
Rabisin
- Hersteller: Merial GmbH, 85399 Hallbergmoos
- Grundimmunisierung: Fohlen bis 6 Monate: zwei Impfungen im Abstand von 1 Monat; Pferde ab 6 Monate: mit Erst-Impfung
- Impfschutz: zwei Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung
- Wiederholungsimpfung: jährlich
- Impfung tragender Stuten: in jedem Trächtigkeitsmonat möglich
- Impfung von Fohlen: Mindestalter bei geimpften Müttern: 4 Monate; bei ungeimpften Müttern: 2 Monate
Hinweis:
Alle Angaben basieren auf Herstellerangaben und stellen daher keine Empfehlung der Redaktion dar. Für fehlerhafte Angaben übernimmt CAVALLO keine Haftung. Zur Impfung Ihres Pferds fragen Sie Ihren Tierarzt.