Entspannt trottet Criollo-Stute Helida in die Melkstation. Erst wird ihr Euter sorgfältig geputzt, dann das Melkgeschirr angelegt, und schließlich fließt die Milch. Währenddessen gibt’s was Feines zu futtern. Anbinden? Nicht nötig. Ein paar Minuten später und mit einigen Millilitern weniger im Euter läuft die braune Stute ebenso entspannt zurück zur Herde und zu ihrem Fohlen.
CAVALLO ist auf dem Criollo-Gestüt „La Cimarrona“ im Südschwarzwald, einem Stutenmilchbetrieb. „Stutenmilchbetrieb“ – allein der Begriff hat bei vielen Reitern einen anrüchigen Beigeschmack von Nutztier, Massentierhaltung und Schlachtfohlen. Schuld sind Betriebe, in denen tatsächlich allein der Profit zählt, ohne Rücksicht aufs Pferdewohl. Natürlich muss auch Criollo-Gestütsbesitzer Bernhard Rudolf mit den Pferden Geld verdienen.
Doch mit seinem Konzept beweist er, dass ein Stutenmilchbetrieb artgerecht sein kann – und ein paar Extras wie Öko-Siegel und Horsemanship-Training gibt’s obendrauf. Betriebschef Bernhard Rudolf produziert Bio-Stutenmilch, Naturkosmetik und sogar Sahnelikör aus Stutenmilch. Den wertvollen Rohstoff liefern Rudolfs Criollo-Zuchtstuten – allerdings nur rund vier Monate im Jahr. Denn Öko-Vorzeigebetriebe wie La Cimarrona nehmen Rücksicht auf die Tiere. Bernhard Rudolf melkt seine Stuten erst, wenn die Fohlen sieben Wochen alt sind. Denn sie sollen sich nach der Geburt erst einmal in ihrer neuen Welt zurechtfinden und ungestört mit ihrer Mutter zusammensein.
Wenn der Nachwuchs mit knapp zwei Monaten ohnehin nicht mehr an Mamas Flanke klebt, geht es für die Stuten zwei- bis dreimal am Tag in den Melkstand. Die Fohlen bleiben derweil für sich und spielen miteinander. Da die Mutterstuten mit ihren Fohlen auch sonst zusammenleben, gibt es in der kurzen Melkzeit keinen Trennungsschmerz.
Und genug Milch bleibt den Fohlen natürlich auch.
Im Sommer teilt Rudolf die rund 35 Pferde des Gestüts in Gruppen auf: Milchstuten und Fohlen bilden eine Herde; die Jährlinge laufen ganzjährig mit ein paar Rindern sowie einer erfahrenen Stute, die für Sicherheit und Ordnung sorgt. Die dritte Gruppe mit dem älteren Criollo-Nachwuchs und Pensionspferden lebt in einem großen Aktivstall. Eine ausgezeichnete Pferdehaltung: Die Laufstall-Arbeits-Gemeinschaft (LAG) hat dem Milchgestüt die Höchstpunktzahl von fünf Sternen gegeben.
KONTAKT
Criollo-Gestüt „La Cimarrona“
Dipl.-Ing. agr. Bernhard Rudolf,
Schlüchtseehof, 79865 Grafenhausen,
www.criolla.de















Criollos beherrschen Horsemanship
Milch floss auf dem Stutenmilchbetrieb "La Cimorra" übrigens schon immer, allerdings von Kühen: Bernhard Rudolf pachtete den Hof einst als Milchviehbetrieb. Innerhalb von fünf Jahren baute er einen Stutenmilchbetrieb auf, anfangs mit Haflingern. „Ich wollte jedoch nicht für den Metzger züchten“, sagt der studierte Landwirt. „Haflinger gab es schon so viele, ich hätte den Nachwuchs kaum verkaufen können.“ Also suchte er sich mit den Criollos eine besondere Rasse aus, die zu diesem Zeitpunkt hierzulande nahezu unbekannt war. Die robusten Tiere hatte Rudolf in Südamerika kennengelernt, als er dort nach seinem Studium ein Jahr als Gaucho arbeitete.
Die Rasse überzeugte ihn. Und er investierte viel Geld, um im Jahr 1992 die ersten zwei Criollo-Stuten mit dem Flugzeug nach Deutschland zu bringen. Zwei Jahre später kamen noch einmal drei Stuten und ein prämierter Hengst auf seinen Hof. Wieder kostete der Transport ein kleines Vermögen. Bereut hat Bernhard Rudolf den teuren Kauf seiner Schätze nie. Die sympathischen Gaucho-Pferde mit einem Stockmaß von etwa 1,38 bis 1,48 Metern sind sein Lebensinhalt.
„Sie sind robust, unkompliziert, zuverlässig, flink, wendig, cool und genügsam“, schwärmt der Milchproduzent. Und sie bekommen eine gute Basis als Reitpferde: Rudolf bildet seine Criollos mit Parelli-Horsemanship aus. Wer ein Pferd bei ihm kaufen will, der bekommt ebenfalls Horsemanship-Unterricht, damit sich das zukünftige Pferd-Mensch-Team gut versteht. „Wenn es Probleme mit den Pferden gibt, liegt das schließlich meist an den Menschen“, weiß Rudolf.
Bei einem Proberitt macht sich CAVALLO Autorin Vanessa Sieck selbst ein Bild von den hochgelobten La Cimarrona-Criollos. Rein optisch haben die Südamerikaner aus dem Schwarzwald bei ihr schon einen Stein im Brett. Sie reitet Stute Kayannah Cimarrona – und die kommt der 1,80 Meter großen Vanessa Sieck unterm Westernsattel gar nicht so klein vor, wie es das Stockmaß von 1,46 Metern vermuten ließ.
Ihre Gänge sind bequem, sie reagiert gut auf Hilfen. Nach einigen Runden erlebt die Reiterin ein Highlight: den ersten Spin, eine 360-Grad-Wendung auf der Hinterhand. Aufgrund der unbekannten Hilfen dreht sie zwar nicht schnell. Doch der Dreh ist beeindruckend!

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Criollo-Gestüt „La Cimarrona“
Dipl.-Ing. agr. Bernhard Rudolf,
Schlüchtseehof, 79865 Grafenhausen,
www.criolla.de














