Passende Nährstoffe fürs Pferd
Futter für mehr Muskeln

Kein Muskel wächst allen durch Futter – aber ohne die passenden Nährstoffe eben auch nicht. Wie Reiter die optimale Ration zusammenstellen.

Muskeln aus dem Trog
Foto: Lisa Rädlein
In diesem Artikel:
  • Was brauchen Muskeln, um arbeiten zu können?
  • Wieviel "Muskelfutter" braucht ein Pferd pro Tag?
  • Wie findet man heraus, ob der Bedarf gedeckt ist?
  • Was verhindert einen Muskel-Aufbau?
  • Und was heißt das nun für die konkrete Fütterung?
  • Wie Muskeln aufgebaut sind
  • Die Rolle von Training und Pause
  • Die Expertinnen

Muskeln einfach herbeizufüttern, wäre das schön! Dann würde das eine Pferd nach einer Krankheitsphase ruckzuck wieder Muskeln aufbauen, das gesunde Tier noch mehr Kraft bekommen und das ältere Pferd seine Muskelmasse nicht verlieren. So einfach funktioniert Fütterung leider nicht. Aber eine optimale Ration liefert die nötigen Nährstoffe, mit denen Muskeln – richtiges Training vorausgesetzt – wachsen können oder erhalten bleiben. Worauf es bei der Rationsplanung ankommt? Kommen Sie mit in die Futter-Mucki-Bude!

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Futter zum Muskelaufbau
Muskeln aus dem Trog
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Was brauchen Muskeln, um arbeiten zu können?

Die meisten Reiter denken beim Stichwort "Muskelfutter" vermutlich an Eiweiß. Und das zurecht, denn Proteine sind die wichtigen Baustoffe, die die Muskulatur aufbauen und erhalten. Die Eiweiße bestehen aus bis zu mehreren Tausend Aminosäuren, die sich wiederum rund 20 Arten zuordnen lassen. Neun davon sind essenziell (Lysin, Methionin, Tryptophan, Leucin, Isoleucin, Threonin, Valin, Histidin und Phenylalanin). Der Körper muss sie übers Futter aufnehmen – und das in ausreichender Menge und passender Relation (Aminosäuremuster).

Denn mangelt es an einer essenziellen Aminosäure, kann das nicht durch andere ausgeglichen werden; das nennt sich "erstlimitierend". Man kann sich das wie ein Holzfass mit unterschiedlich hohen Langhölzern vorstellen: Das kürzeste gibt vor, wie viel Inhalt hineinpasst; die Füllhöhe steht für die Muskelbildung.

Verwerten kann das Pferd Proteine zudem nur, wenn es sie im Dünndarm verdauen kann (dünndarm- bzw. präzäkal verdaulich). Alle übrigen Proteine werden ausgeschieden.

Neben den Proteinen sind Mengen- und Spurenelemente für die Muskulatur relevant. Magnesium sorgt dafür, dass zahlreiche Enzyme im Muskelgewebe funktionieren können. Zink nimmt dieselbe Rolle für Enzyme im Eiweißstoffwechsel ein, Mangan dient als Co-Faktor für Enzyme im Muskel- und Fettstoffwechsel. "Der Abbau von Milchsäure nach sportlicher Anstrengung ist zudem manganabhängig", sagt Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand. Selen dient als Antioxidans, schützt also die Zelle vor schädlichen Sauerstoffverbindungen, sogenannten "freien Radikalen".

Vitamin E (oft "Muskelvitamin" genannt) nimmt eine ähnliche Schutzrolle ein. "Es wirkt am effektivsten, wenn der Körper ausreichend Vitamin C synthetisiert, also selbst hergestellt oder aufgenommen hat", sagt Constanze Röhm. Vitamin B 12 ist wichtig für alle körpereigenen Strukturen, die aus Aminosäuren bestehen.

Kann das Pferd nicht aufmuskeln (und sind Probleme in Haltung und Training auszuschließen, siehe Abschnitte "Wie Muskeln aufgebaut sind " und "Die Rolle von Training und Pause"), "liegt normalerweise eine Unterversorgung oder eine unausgeglichene Versorgung mit diesen Nährstoffen zugrunde", so die Erfahrung von Julienne Meints.

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Wieviel "Muskelfutter" braucht ein Pferd pro Tag?

Das hängt von mehreren Faktoren ab: von der Lebensphase (etwa laktierende Stute, Jährlinge im Wachstum, ältere Pferde), Gewicht und körperlicher Leistung. Schon bei leichter Arbeit (60 Minuten Reiten täglich, davon 20 min Trab, 10 min Galopp) steigt der Bedarf im Vergleich zum Erhaltungszustand bei einigen Nährstoffen an, wie unsere Musterrechnung für ein erwachsenes 500-Kilo-Pferd zeigt: Im Erhaltungsstatus benötigt es täglich 386 Gramm dünndarmverdauliches Rohprotein (dvRp), bei leichter Arbeit 445 g. Damit ändert sich auch der Bedarf an Aminosäuren (beispielsweise Lysin: 21 bzw. 24 g, Threonin: 34 bzw. 39 g).

Muskeln aus dem Trog
Lisa Rädlein
Ein Distanzritt kostet Kraft. Logisch, dass solche Pferde einen höheren Bedarf an Muskelnährstoffen haben.

Auch Zink (423 bzw. 529 mg) benötigt das Pferd im leichten Training mehr. Der Bedarf an Vitamin E beim Wechsel von Erhaltungsstatus (529 mg) zu leichter Arbeit (1057 mg) verdoppelt sich sogar.

Heißt für Reiter und ihre Rationsplanung: Je genauer sie den Bedarf ihres Pferds erfassen (oder vom Fütterungsexperten erfassen lassen), umso genauer können sie dann die Fütterung und somit die Zuführung aller relevanten Muskelnährstoffe darauf abstimmen.

Wie findet man heraus, ob der Bedarf gedeckt ist?

Mit Taschenrechner, Futterempfehlungstabellen und Kalkulationsprogramm – oder einem Fütterungsexperten, der die Ration checkt. Auf die Haben-Seite kommen die täglich über Heu, Stroh, Gras, Kraftfutter wie Hafer oder Müsli und Saftfutter wie Karotten aufgenommenen Nährstoffe; auf die Soll-Seite der nötige Bedarf. Mögliche Defizite, Überschüsse oder Ungleichgewichte der einzelnen Nährstoffe können so entdeckt werden.

"Um eine Heuanalyse kommt man nicht herum", betont Constanze Röhm. Die kann für Überraschungen sorgen, wie Röhms Beispiel zeigt: Sie ließ zwei Heu-Chargen aus ihrer Region überprüfen. Die eine lieferte nur 28 g dvRp pro Kilo Trockenmasse, die andere 55 g. Selbst bei einer großen Heu-Menge ließe sich der Erhaltungsbedarf mit der ersten Sorte kaum decken. Dazu kommt der Faktor Verdaulichkeit: "Beim Heu liegt die zwischen 20 und 75 Prozent. Ist das Heu nun eiweißarm und das Pferd kann nur 20 Prozent davon verwerten, wird das ohne Ergänzung ganz schnell zu knapp", so Dr. Mößeler.

Wer das Heu vor dem Füttern bedampft, senkt zudem die Verfügbarkeit von Eiweiß und ergo Aminosäuren im Futter: Eine Studie von Zeyner et.al. (2021) ergab, dass der Gehalt an dünndarmverdaulichem Rohprotein und Aminosäuren beim Bedampfen um 35 Prozent sinkt.

Den Gehalt an Eiweiß, Mengen- und Spurenelementen ermitteln Labore wie die Lufa Nord-West. Hier kostet eine solche Analyse ab 80 Euro pro Probe.

Auch Blutuntersuchungen können Ursachen für mangelnden Muskelaufbau aufdecken; am besten verbindet man sie mit einer Rationsbilanz. Eine deutliche Unterversorgung an Eiweiß lässt sich am Gesamteiweißgehalt im Plasma ablesen. "Dass Pferde im unteren Bereich liegen, kommt häufiger vor", sagt Dr. Mößeler. Der Vitamin-E-Wert lässt sich ebenfalls übers Blutplasma bestimmen.

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Ältere Pferde können einen erhöhten Bedarf an Eiweiß sowie Spurenelementen haben.

Reiter sollten erst die Ration checken, bevor sie zu Muskelaufbau-Präparaten greifen. Sonst könnte das Vorhaben sogar nach hinten losgehen, wenn man beispielsweise die Eiweißmenge massiv und dauerhaft erhöht. "Denn eine zu hohe Zufuhr an zusätzlichem Eiweiß wird langfristig für die Stoffwechselorgane kontraproduktiv sein. Vor allem muss die Entsorgung von Stickstoff über die Leber und dann Niere im Auge behalten werden. Eine Einschränkung der Leber- bzw. Nierenfunktion wird sofort die Bildung der Muskelmasse einschränken", so Dr. Weyrauch-Wiegand; also das Gegenteil dessen bewirken, was man erreichen will.

Was verhindert einen Muskel-Aufbau?

In den meisten Fällen, sind sich unsere Experten einig, hakt es an der Ration. Daneben kann auch Stress in der Haltung dazu führen, dass das Pferd keine Muskeln aufbaut; ebenso wie falsches Training (ohne Pausen, siehe Abschnitt "Die Rolle von Training und Pause", oder nicht auf die Leistungsfähigkeit abgestimmt).

Auch gesundheitliche Probleme können verhindern, dass das Pferd Nährstoffe verwerten kann. Zahnprobleme, Verwurmung und Magen-Darm-Erkrankungen stören die Resorption. "Ist die Leber geschädigt oder angeschlagen, nutzt das Zufüttern von zusätzlichen Aminosäuren nahezu gar nichts, denn die Leber baut aus körperfremdem Eiweiß körpereigenes Eiweiß auf", so Dr. Weyrauch-Wiegand.

Erkrankungen wie PSSM Typ 1 und Typ 2 haben Einfluss auf den Muskelstoffwechsel bzw. auf die Muskelstrukturen. Auch die seltene Equine Motorneuron Disease oder das Equine Cushing Syndrom können Muskelaufbau verhindern.

Und was heißt das nun für die konkrete Fütterung?

Klar: Eine gute Fütterung ist individuell aufs Pferd abgestimmt. Allgemein gilt jedoch, dass etwa Senioren 10 bis 20 Prozent mehr Eiweiß und doppelt so viel Zink, Vitamin A und E brauchen wie ein erwachsenes Pferd. Hat man den Eindruck, dass das Pferd Muskulatur abbaut, sollte man die Fütterung überprüfen und ggf. die Zufuhr dieser Nährstoffe erhöhen.

Rassen mit höherer Muskelmasse wie Quarter Horses, Paints, Kaltblüter haben einen entsprechend erhöhten Bedarf. "Weil Quarter Horses oft leichtfuttrig sind, bekommen sie in der Regel überständiges und damit eiweißarmes Heu", so Dr. Mößeler. Die Besitzer müssen den Bedarf dann über eiweißreiche Futtermittel ergänzen, wie etwa Sojaextraktionsschrot.

Tiere, die auf Diät sind, brauchen dennoch genug Eiweiß für den Muskel-Erhalt. Und Pferde, die nach Krankheiten abgebaut haben, brauchen Proteine, um wieder Muskelmasse aufzubauen. Wichtig in jedem Fall: Das Verhältnis der Nährstoffe (Proteine, Mengen- und Spurenelemente, Vitamine) muss stimmig sein.

Und wie findet man heraus, ob das Aminosäuremuster passt? "Eine genaue Berechnung wäre nur sinnvoll, wenn man den tatsächlichen Gehalt für jede Tagesration bestimmen kann", sagt Julienne Meints; das ist bei Naturprodukten wie Heu fast unmöglich. Aber: Kennt man die Analysewerte des Raufutters, kann man die übrige Ration darauf abstimmen. Mit einer breit aufgestellten Mischung (etwa aus Einzelkomponenten wie Hafer, Mineralfutter, ggf. eiweißreichen Ergänzungen) oder einem Müsli, passend zum Heu, kann man den Bedarf gut abdecken.

Eine veränderte Ration schafft aber keine schnellen Wunder. "Bis ein Mangel behoben ist, vergehen mindestens drei Monate", sagt Constanze Röhm. Von Futter-Kuren hält sie nichts: "Besser ist es, die Ration zu bilanzieren und dauerhaft umzustellen. Sonst läuft das Pferd nach der Kur in den nächsten Mangel hinein." Ändert sich aber der Bedarf (etwa wenn sich Pferde nach Krankheiten erholt haben oder die Heu-Chargen wechseln), muss die Ration wieder angepasst werden.

Wie Muskeln aufgebaut sind

Rund 40 Prozent der Körpermasse eines Pferds ist Muskulatur. Muskeln bestehen aus mehreren Muskelfaserbündeln (Faszikel). Diese gliedern sich in Sarkolemma, die wiederum aus Myofibrillen gebildet werden. Diese kleinsten Einheiten bestehen aus Myosin und Aktin, zwei Proteinfäden. Schieben sie sich übereinander, verkürzt sich der Muskel; schieben sie sich auseinander, streckt er sich.

Unterschieden wird zwischen drei Muskeltypen: Muskelfasern vom Typ I sind besonders ausdauernd und etwa bei Distanzrennen gefragt. Bei Typ II gibt es zwei Unterkategorien: Typ IIAFasern sind kraftvoll und ausdauernd; das benötigen beispielsweise Vielseitigkeitspferde. Typ IIB-Fasern kontrahieren besonders schnell; das ist etwa bei Rennpferden gefragt. Welcher Anteil bei Pferden überwiegt, gibt größtenteils die Genetik vor; aber ein gewisser Anteil kann auch durchs Training angepasst werden.

Die Rolle von Training und Pause

Muskeln können nur wachsen, wenn sie gefordert, sprich: trainiert werden. Im Training nimmt zwar nicht die Anzahl an Muskelzellen zu, wohl aber die Größe der Zellen. Unterschiedliche Reize (also beispielsweise ein Wechsel zwischen Gymnastik und Ausdauer-Training) sorgen dafür, dass verschiedene Muskel-Bereiche gefordert werden.

Damit Muskeln wachsen können, brauchen sie Pausen, um zu regenerieren. Zum einen während der Trainingseinheit, etwa wenn das Pferd in die anaerobe Phase kam (keine ausreichende Sauerstoffversorgung der Muskeln mehr); zum anderen zwischen den Trainingseinheiten/-tagen. Mehr dazu lesen Sie im Pausen-Leitfaden im Artikel "Mach mal Pause".

Die Eiweißmenge im Heu schwankt

Muskeln aus dem Trog
Lisa Rädlein
Die Eiweißmenge im Heu schwankt.

Der Rohprotein-Gehalt variiert zwischen 38 und 153 Gramm pro Kilo Heu (Auswertung von Proben bei der LUFA Nord-West)

Die Angaben der Hersteller von Müslis zum Protein-Gehalt sind eine gute Orientierung

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Die Angaben der Hersteller von Müslis zum Protein-Gehalt sind eine gute Orientierung.

In CAVALLO-Labortests mit verschiedenen Müsli-Sorten gab es keine großen Abweichungen. Zugesetzte Vitamine sind ebenfalls Pflichtangaben.

Bierhefe kann eine eiweißarme Grundfutterration ergänzen

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Lisa Rädlein
Bierhefe kann eine eiweißarme Grundfutterration ergänzen.

Füttert man davon beispielsweise 100 Gramm, erhält das Pferd durchschnittlich rund 50 Gramm Rohprotein, davon rund 36 Gramm dünndarmverdauliches und 19,5 Gramm essenzielle Aminosäuren.

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Die Expertinnen

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privat
Dr. Anne Mößeler ist Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik mit eigener Beratungspraxis. praxis-moesseler.de

Dr. Anne Mößeler ist Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik mit eigener Beratungspraxis.

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Constanze Röhm ist unabhängige Futterberaterin und bildet selbst Futterexperten aus. twi.academy

Constanze Röhm ist unabhängige Futterberaterin und bildet selbst Futterexperten aus.

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privat
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand kommt aus der Pharmabranche und entwickelt Futtermittel. dr-susanne-weyrauch.de

Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand kommt aus der Pharmabranche und entwickelt Futtermittel.

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privat
Dr. Julienne Meints ist bei St. Hippolyt auf Stoffwechsel- und Ernährungsphysiologie spezialisiert. st-hippolyt.de

Dr. Julienne Meints ist bei St. Hippolyt auf Stoffwechsel- und Ernährungsphysiologie spezialisiert.

Die aktuelle Ausgabe
6 / 20253

Erscheinungsdatum 17.05.2023