Es hört sich gruselig an – und es sah auch so aus: Quasi über Nacht konnte Reitpony-Stute Jenny nicht mehr laufen. "Sie konnte ihre Hinterhand nicht mehr kontrollieren, lief wie im Travers auf mehreren Hufschlägen, und teilweise hat die Hinterhand die Vorhand überholt, sodass sie um sich selbst rotierte", erzählt Jennys Besitzerin Irena Czycholl. Sie rechnete fest damit, dass ihre Stute eingeschläfert werden müsse. Glücklicherweise hatten Irena Czycholl und Jenny eine gute Tierärztin an ihrer Seite: "Meine Tierärztin sagte, sie habe schon einige Pferde mit diesem Syndrom behandelt, wir sollten ihr einige Tage Zeit geben." Und tatsächlich: Nach der Behandlung mit Cortison, Schmerzmitteln und Previcox (Firocoxib, wegen Therapienotstand umgewidmet) sah Irena Czycholl bereits nach 14 Tagen eine allmähliche Verbesserung. Acht Wochen nach dem Auftreten des Sidewinder-Syndroms bewegte sich die Ponystute fast wieder normal.
Das Krankheitsbild ist quasi unerforscht
Woher das Syndrom kam und was es damit auf sich hat, ließ Irena Czycholl – Associate Professor im Bereich Animal Welfare and Behaviour an der Universität Kopenhagen – keine Ruhe. "Das Krankheitsbild ist quasi unerforscht, es gibt bislang zwei Studien, davon ein Fallbericht aus dem angloamerikanischen Raum", erzählt die Wissenschaftlerin. Bekannt sei, dass es vorwiegend ältere Pferde treffe. "Ich kenne zwischenzeitlich an die 50 Fälle alleine in Deutschland, bei denen die Pferde mehrere Jahre überlebt haben." Doch welche Pferde es warum trifft, was das Sidewinder-Syndrom auslöst – diskutiert werden aktuell neurologische oder muskuloskelettale Ätiologien – und wie es sich behandeln lässt: Darüber herrscht Unklarheit. Noch: Dr. Irena Czycholl und ihre Studenten wollen dem unerforschten Sidewinder-Syndrom in einer neuen Studie nachgehen. Und dafür suchen sie Besitzer von betroffenen Pferden: "Wir wollen uns einen Überblick über die Situation in Deutschland und Dänemark verschaffen", so die Forscherin.
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CAVALLO wird natürlich dran bleiben und berichten, sobald es neuere Erkenntnisse gibt. Dass es in diesem Fall Hoffnung gibt, zeigt schon Ponystute Jenny: Sie ist – bis auf wenige, vergleichsmäßig harmlose Rückfälle – seither symptomfrei.