8 Fakten zum Sedieren von Pferden
So sedieren Sie richtig

Manche Untersuchungen lassen sich nur unter Betäubung machen. Das sollten Sie zum Thema Sedieren wissen.

CAV Blutprobe Blut Spritze
Foto: Rädlein

Wie wirkt eine Sedierung?

Die Funktionen des zentralen Nervensystems werden durch ein Sedativum, also ein starkes Beruhigungsmittel, für gewisse Zeit gedämpft. Dies wird in der Regel vom Tierarzt intravenös verabreicht.

"Die Wirkstoffe docken an Rezeptoren im Gehirn an", erklärt Dr. Timo Zwick. Da es nur eine bestimmte Anzahl von Rezeptoren gibt, ist die Tiefe der Sedierung begrenzt: Sind alle Rezeptoren belegt, hält die Sedierung auch bei höherer Dosierung des Medikaments nur länger an.

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Wichtig: Da eine Sedierung auch die Kau- und Schluckfunktion verringert, sollte das Pferd nichts fressen, bis die Wirkung abgeklungen ist; sonst droht Schlundverstopfung.

Wann wird ein Pferd sediert?

Immer wenn Stress fürs Pferd minimiert werden soll und / oder eine Behandlung oder Untersuchung nötig ist, gegen die sich das Pferd wehren würde, sodass diese nicht durchgeführt werden kann oder Gefahr für Mensch oder Tier besteht.

Beispiele sind Routinezahnbehandlungen, rektale und vaginale Untersuchungen oder Eingriffe, Endoskopien oder Röntgen, Angst vor Hufschmied oder Transport sowie zur Vorbereitung einer Allgemeinanästhesie, also einer Narkose.

Welche Pferde sind nur im Notfall zu sedieren?

Das gilt für trächtige Stuten, Pferde mit Leber- und Nierenproblemen (können Wirkstoff nicht so gut abbauen und ausscheiden) und Pferde, die Fieber haben, da die Präparate die Körpertemperatur erhöhen.

Routineeingriffe, für die eine Sedierung notwendig ist, sollte man dann verschieben. Ist im Notfall eine Sedierung unumgänglich, muss der Tierarzt möglichst schonende Präparate bzw. eine entsprechende Kombi von Wirkstoffen wählen.

Da Sedativa die Darmperistaltik herabsetzen, ist auch bei Kolikern besondere Vorsicht geboten. "Wenn sich ein Koliker jedoch nicht untersuchen lässt, muss er sediert werden", sagt Dr. Zwick. Dann wählt er ein Präparat mit möglichst kurzer Wirkzeit, etwa Xylazin. "So ist auch die Wirkung auf den Darm nicht so stark."

Welches Mittel wählt der Tierarzt?

"Der gängigste Wirkstoff, den wir auch bei Zahnbehandlungen nutzen, ist Detomidin", erklärt Dr. Zwick. Man kann auch Wirkstoffe kombinieren, etwa Detomidin mit Butorphanol, ein Morphinabkömmling mit schmerzlinderndem Effekt.

Manchmal ist eine Kombi sogar notwendig, etwa bei Eingriffen an der Hinterhand: Hier wäre das Pferd mit Detomidin allein nicht ausreichend ruhiggestellt, sodass es austreten könnte. Bei schmerzhaften Eingriffen muss zusätzlich ein Schmerzmittel bzw. eine Lokalanästhesie gegeben werden.

"Bei Fohlen im Alter bis vier Wochen nimmt man ein Benzodiazepinpräparat", sagt Dr. Zwick. "Erst ab einem Alter von 4 bis 6 Wochen verwendet man Wirkstoffe wie Detomidin oder Xylazin." Bei älteren Pferden oder Tieren, die bekanntermaßen auf bestimmte Wirkstoffe empfindlich reagieren, macht der Tierarzt die Sedierung durch die Kombi verschiedener Mittel so verträglich wie möglich.

Wie findet der Tierarzt die richtige Dosis?

Der Veterinär schätzt ab, wie tief die Sedierung sein soll und dosiert das Sedativum entsprechend. Bei Bedarf kann nachsediert werden. Bei einer gut dosierten Sedierung ist das Pferd für die Dauer des Eingriffs ruhiggestellt und rund zwei Stunden danach wieder fit.

Das Pferdegewicht ist erstaunlicherweise für die Dosis gar nicht so entscheidend. "Die Wirkstoffe werden individuell ganz unterschiedlich verstoffwechselt", so Dr. Zwick. "Deshalb kann es sein, dass ein 1200-Kilo-Percheron-Hengst die gleiche Dosis braucht wie eine Isländer-Stute mit 350 Kilo."

Zwicks Erfahrung: Hengste brauchen am wenigsten, Warmblüter mehr als Kaltblüter, jüngere Pferde mehr als ältere und Sportpferde mehr als Freizeitpferde. Im Idealfall vermerkt der Tierarzt, welche Dosierung gut funktioniert hat. So ist man fürs nächste Mal bestens vorbereitet.

Welche Risiken gibt es?

Die modernen Präparate sind in der Regel gut verträglich. "Es kann vorkommen, dass die Pferde mehr oder weniger stark schwitzen", berichtet Dr. Zwick. "Das ist jedoch unbedenklich." Eine Abschwitzdecke verhindert, dass das Pferd auskühlt.

Die Risiken sind gering: "Wir sedieren allein für Zahnbehandlungen rund 5000 Pferde im Jahr", sagt Dr. Zwick. "Umgefallen ist noch keines, vorausgesetzt, der Boden ist rutschfest."

Zwischenfälle gibt es nur ganz vereinzelt: "In rund einer von 10.000 Sedierungen kommt es zu einer unvorhersehbaren Reaktion des Pferds." Das kann ein Krampfen sein oder eine sogenannte kontroverse Reaktion, dann regen sich die Tiere immer noch mehr auf.

Wieso wirkt bei aufgeregten Pferden eine Sedierung schlechter?

"Der hohe Adrenalinspiegel hemmt die Wirkung des Sedativums, sodass man mehr Mittel braucht, um den gewünschten Effekt herbeizuführen", sagt Dr. Zwick. Weiß man, dass ein Pferd sich schon vor der Behandlung stark aufregt, ist es besser, bereits frühzeitig und in ruhiger Atmosphäre zu sedieren.

Kann der Pferdebesitzer auch selbst sedieren?

Ja, z.B. bei Angst vor Transport, Hufschmied oder um ein verletztes Tier kontrolliert an der Hand bewegen zu können. Es gibt Pasten, Pulver oder Tabletten zum Eingeben – erhältlich nur auf Rezept vom Tierarzt! Wirkstoff ist meist Acepromazin. Die Wirkung beginnt 15 bis 30 Minuten nach der Gabe und dauert 6 bis 7 Stunden.

"Diese Mittel vertragen sich auch mit einer intravenösen Sedierung, allerdings muss das der Tierarzt unbedingt wissen", betont Dr. Zwick.

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6 / 20253

Erscheinungsdatum 17.05.2023