Pferde registrieren: Identifikation durch Mikrochips
Transponder im Pferd

Europa macht Ernst: Ab dem 1. Juli 2009 soll jedes Pferd in der EU einen Mikrochip tragen. Der sogenannte Transponder enthält eine 15-stellige Nummer, die das Pferd einwandfrei identifizierbar machen soll. Die Zahlenfolge wird in den Equidenpass und die Zuchtpapiere eingetragen.

CAV Chippen Mikrochip
Foto: Rädlein

Alle Pferde, die nach dem Stichtag geboren werden, müssen den Chip tragen. Die neue Regelung soll vieles vereinfachen, zum Beispiel können Züchter potentiellen Käufern mithilfe der Transponder die Abstammung ihrer Tiere plakativer dokumentieren und sie zweifelsfrei den Papieren zuordnen. Auch Reisenden mit Pferd soll die Kennzeichnung helfen: „So wird es für Autobahnpolizisten und Grenzbeamte leichter, ein Pferd zu identifizieren“, sagt Dr. Jürgen Bartz, Tierarzt und Produktmanager bei Virbac, Tierarzneimittelhersteller aus Bad Oldesloe/Schleswig-Holstein. „Denn wer versteht schon auf Anhieb die Abkürzungen im Equidenpass?“

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Ein weiteres Problem: Oft sind die Angaben über Abzeichen und Wirbel im Pass ungenau oder sogar mehrdeutig. Ähnlich aussehende Pferde können daher schnell verwechselt werden. Die Pflicht zum Chippen der Tiere soll dem ein Ende bereiten.

Nach der Geburt des Tieres bleiben dem Besitzer sechs Monate Zeit. Spätestens dann muss er sein Pferd mit einem Chip versehen. Danach genügt ein Blick auf das Lesegerät und den Equidenpass – und Pferd und Papiere sind eindeutig zugeordnet. Vorausgesetzt, man besitzt ein solches Gerät. Es gibt allerdings eine Lücke, kritisiert Bartz: „Die Identifizierung ohne ein zentrales Register als Meldestelle ist unvollständig“, so der Tierarzt. „Ich kann das Pferd nur dann identifizieren, wenn ich auch den Pass vorliegen habe.“ Und das ist nicht immer der Fall. Denn dass der Pass bei jedem Transport im Gepäck sein muss, wird im Alltag oft vergessen.

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Radiowellen senden Daten

Die Sendewellen sind unschädlich, da der Transponder die meiste Zeit passiv bleibt. Erst, wenn ein Lesegerät in der Nähe ist, treffen dessen Wellen auf die Antenne des Chips und aktivieren ihn. Dies erklärt auch, warum man ein gechipptes Pferd nicht aus der Ferne lokalisieren kann, wie zum Beispiel Handys, die permanent Signale an Sendemasten und GPS-Satelliten senden. „Obwohl viele Tierbesitzer das immer noch glauben. Aber es ist ein Trugschluss“ weiß Dr. Bartz.

Zudem senden die Radiowellen auf einer speziellen Frequenz, die nur die Kommunikation zwischen Transponder und Lesegerät möglich macht. Das Lesegerät arbeitet mit einer sehr schwachen Sendeleistung. Um ein Signal zu empfangen, müssen Chip und Scanner nah beieinander sein, zwischen ihnen sollten höchstens fünf bis fünfzehn Zentimeter liegen.

Waren die Chips früher in einer Glaskapsel eingebettet, sind sie heute von einem Block aus Biopolymer umhüllt. Das ist ein spezieller Kunststoff, der beim Menschen für Implantate genutzt wird und besonders leicht und sicher ist. „Im Gegensatz zu Glas sind diese Transponder praktisch unzerbrechlich“, erklärt Dr. Bartz. Das Chippen selbst ist für die Pferde kurz und schmerzlos: „Der Tierarzt setzt den Sender ein einziges Mal – er hält ein Leben lang“, erklärt Bartz. Zuvor muss der Arzt zweierlei checken: zum einen, ob das Pferd vielleicht nicht schon gechippt ist, zum anderen, ob das Lesegerät den neuen Chip auch erkennt. „Schließlich kann ein technischer Gegenstand auch ausfallen.“ Da nicht betäubt wird, können auch Tierheilpraktiker chippen.

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Injektion: Schmerzfrei ins Pferd

Der Einheitlichkeit halber empfiehlt die EU, die die linke Seite der Pferde zu nutzen. Die dafür verwendete Injektionsnadel ist etwa drei Zentimeter lang. Ihre Schneide ist wie ein Skalpell zweiseitig geschärft, sodass die Kanüle sehr leicht durch das Gewebe dringt. „So merken die Pferde fast nichts davon“, sagt Dr. Bartz. „Anschließend ist noch nicht einmal eine Beule zu spüren, und auch den Transponder fühlt man nicht mit den Händen.“

Bindegewebe hält den Chip im Körper am Platz, auch die Muskulatur schließt sich dauerhaft um ihn. Beim Röntgen, einer Magnetresonanztomographie oder unter einer Magnetfelddecke stört der Sender nicht. Den Besitzer kostet das Chippen des Pferds je nach Gebührenordnung ab etwa 28 Euro. Hinzu kommen Anfahrtskosten des Tierarztes.

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Chippen hat sich bewährt

„Auch diese Nummern sind amtlich festgelegt und Pflicht“, sagt Jürgen Bartz. Um einen einheitlichen Standard der Transponder zu garantieren, stammen diese seit 1996 ausschließlich von zertifizierten Herstellern, die festgelegten Prüfkriterien entsprechen müssen. Seitdem sind alle Transponder praktisch baugleich und können von sämtlichen Geräten gelesen werden. Transponder sind „Read-Only“-Geräte, das heißt, sie dienen ausschließlich dazu, abgelesen zu werden. Übriger Speicherplatz wird gelöscht, sodass sich auf dem Chip tatsächlich nur die Identifikationsnummer befindet.

In Deutschland werden neben Zootieren, Hunden und Katzen seit fast 20 Jahren bereits die Traber gechippt. Seit 2004 nutzt auch das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen Transponder. Viele Verbände zogen nach, unter anderem werden Friesen und ein Teil der Oldenburger Pferde so gekennzeichnet. „Die Methode ist eben sehr praktisch und vor allem fürs Pferd verträglich“, sagt Dr. Bartz. „Selbst nervöse Galopper kommen damit gut zurecht.“

Hierzulande leben rund drei Millionen Haustiere mit dem Transponder, meist Hunde und Katzen. Jährlich kommen 350 000 Tiere hinzu. Noch bilden die Pferde nur eine kleine Gruppe. „Die Zahl wächst aber stark“, so Bartz. Und sie wird weiter steigen – spätestens ab Juli.

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EU-Norm ab Juli 2009 - Mikrochips im Pferdekörper

Pferde können problemlos mehrere Mikrochips im Körper tragen. So wird Tieren, die im Laufstall leben und dort aus einem Futterautomaten fressen, ein weiterer Chip implantiert. Er enthält Infor­mationen über die individuelle Futterration. Damit sich seine Signale und die des Transponders mit der Identifikationsnummer sich nicht in die Quere kommen, senden beide Mikrochips auf verschiedenen Frequenzen. Zudem befinden sie sich an unterschiedlichen Stellen im Pferdekörper: der Futterchip hinterm Ohrgrund, der Erkennungschip im oberen Halsdrittel. Fürs Ablesen der Chips ist deren Lage im Körper sogar unerheblich, denn die Lesegeräte können die jeweiligen Sender voneinander unterscheiden.

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