Herzblut wurde schwächer und schwächer. Tierärztin Dr. Kerstin Stubbe von der Tierklinik Partners in Wehr/Baden-Württemberg untersuchte das 17-jährige Vollblut. Ihr fiel auf, dass sich sein Herz merkwürdig anhörte.
Um die Ursache herauszufinden, griff die 38-Jährige zum Ultraschall-Gerät. „Das Pferd hatte einen hochgradigen Herzklappenfehler“, erzählt sie. „Auf dem Bildschirm sah ich, dass sich die Herzklappen zwischen linkem Vorhof und linker Kammer nicht vollständig schlossen.“
So hilfreich der Ultraschall für den Tierarzt, so schwierig ist es für den Reiter, die Diagnose anhand des grau-schwarzen Bildes nachzuvollziehen. Kein Wunder: Die Technik hat ihre Tücken. Schallwellen können selbst erfahrene Ärzte täuschen.
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Ultraschall verrät, ob eine Stute trächtig ist
Wie viel Flüssigkeit vorhanden ist, erkennt der Tierarzt an der Größe des schwarzen Flecks auf dem Bildschirm. „Auch Abszesse und Zysten kann man mit Ultraschall untersuchen“, sagt Dr. Kerstin Stubbe. Die Technik wird außerdem in der Trächtigkeitsdiagnostik, Zykluskontrolle, bei Augenerkrankungen und Sehnenschäden eingesetzt.
Der Ultraschall rettete auch dem drei Wochen alten Schwarzwälder-Fohlen Hannes das Leben. „Er war völlig apathisch, hatte hohes Fieber und einen verdickten Nabelstumpf“, erinnert sich Dr. Julia Haydn, ebenfalls Tierärztin an der Tierklinik Partners. Per Ultraschall entdeckte sie eine vergrößerte Nabelvene. Außerdem befand sich Flüssigkeit im Bauch. Der kleine Hannes wurde sofort operiert und überlebte.






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Wie funktioniert die Ultraschall-Messung?
Während der Untersuchung sendet und empfängt der Schallkopf gleichzeitig die vom Gewebe reflektierten und absorbierten Schallwellen. Sie werden in elektrische Impulse umgewandelt und als ein weiß-grau-schwarzes Bild auf dem Monitor dargestellt. Je höher die Frequenz der Schallwellen, umso feiner die Auflösung, aber desto geringer auch ihre Fähigkeit, in das Gewebe einzudringen.
Je nachdem, welche Information der Tierarzt über das zu beschallende Organ erhalten will, wählt er die Frequenz aus. Knochen, Luft, Gas oder Kalk können von Schallwellen nicht durchdrungen werden. Alles, was sich dahinter befindet, bleibt für den Tierarzt unsichtbar.






Im Gegensatz zu Röntgenstrahlen sind Ultraschallwellen weder fürs Pferd noch für den Menschen schädlich. Nicht zuletzt wird ein Schallkopf deswegen bereits im frühen Untersuchungsstadium eingesetzt. Weiterer Vorteil: Mit dem Ultraschallgerät können Tierärzte viele Weichgewebe, dazu zählen die inneren Organe, Muskeln und Sehnen, besser untersuchen als mit Röntgen-strahlen, die eher für Knochenbrüche oder Absplitterungen eingesetzt werden.
Auch bei Hannoveraner-Stute Summersby brachte eine Ultraschalluntersuchung Klarheit. Am Auge des zwölfjährigen Pferds hatte sich nach einer Verletzung ein Hornhautgeschwür gebildet. Weil die Geschwulst nicht heilte, untersuchte Julia Haydn die Stute. „Ich wollte wissen, ob auch die tieferen Strukturen im Auge beschädigt sind, und ob es entfernt werden muss.“
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Je weniger Fett, desto besser das Bild
Die zu untersuchende Stelle wird geschoren oder rasiert und dann mit Alkohol entfettet. Anschließend wird ein spezielles Gel auf den Schallkopf gegeben; sonst dringen die Wellen nicht ins Gewebe. „Ein Bild mit guten Kontrasten gelingt durch das richtiges Anlegen des Schallkopfs ans Gewebe“, sagt Kerstin Stubbe. Zudem hängt die Bildqualität von der zu untersuchenden Körperstelle ab. „Je weniger Unterhautfettgewebe, desto besser.“
Neben der 2-D-Ultraschalltechnik, mit der Tierärzte Organe, andere Gewebe und Flüssigkeiten untersuchen, gibt es noch die sonografische Untersuchung im M-Mode-Verfahren. Sie eignet sich für Herzanalysen und ein sogenanntes Dopplerverfahren, mit dem die Herzfunktion, Gefäße und der Blutfluss überprüft werden. Fließendes But wird auf dem Bildschirm farbig angezeigt; andere Flüssigkeiten bleiben schwarz.






„Die Farbdoppleruntersuchung ermöglicht, krankhafte Veränderungen wie Insuffizienzen und Engpässe in den Blutgefäßen zu finden“, erklärt Kerstin Stubbe. Mit Hilfe einer speziellen Technik können Tierärzte auch die Flussgeschwindigkeit des Bluts am Bildschirm bestimmen und somit den Schweregrad der Krankheit einschätzen.
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Ultraschall ist nicht für alle Fälle geeignet
„Das liegt daran, dass das Pferd so groß ist“, sagt Elisabeth Bank, ebenfalls Tierärztin an der Tierklinik Partners. So sind Untersuchungen des Bauchraums und des Brustkorbs beim Fohlen möglich, bei einem ausgewachsenen Tier nicht mehr. Auch sehr kleine krankhafte Veränderungen können mit dem Ultraschall-Gerät nicht angeschaut werden.
Ultraschallwellen eignen sich aber hervorragend, um die Heilung von Verletzungen zu überwachen. Bei der 15-jährigen Isländer-Stute Fifila stellte Kerstin Stubbe eine mittelgradige Lahmheit der Vorderbeine fest. Per Ultraschall fand sie heraus, dass der Fesselträger beschädigt war – die defekte Stelle war auf dem Display schwarz. Die Therapie dauerte mehrere Monate. Regelmäßig überprüften die Tierärzte mit Schallwellen, ob der Fesselträger heilte.






So unverzichtbar Ultraschall ist, die Technik hat auch ihre Tücken. „Schon eine winzige Bewegung des Schallkopfes kann einen Befund ergeben oder auch eine Veränderung verbergen“, sagt Kerstin Stubbe. Daher ist es am sichersten, die Ultraschallbilder vom untersuchenden Tierarzt interpretieren zu lassen, weil nur dieser weiß, wie er das Pferd schallte. Doch selbst das Lesen der Bilder ist eine Wissenschaft. Nicht alles, was auf dem Display zu sehen ist, ist auch real.
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Ultraschallwellen in der Tiermedizin
Immer wieder täuschen die Schallwellen den Menschen. Diese sogenannten Artefakte erscheinen auf dem Bildschirm als ein heller Punkt, der eine Struktur vorgibt, die in Wirklichkeit nicht vorhanden ist; oder als ein gespiegeltes Bild, das eine Spiegelung nur vortäuscht.
„Diese Informationen können nur durch eine gewisse Erfahrung und Spezialisierung auf diesem Gebiet richtig eingeordnet werden“, meint Kerstin Stubbe. Ein gewisser Interpretationsspielraum besteht jedoch immer, räumt die Tierärztin ein. In schwierigen oder heiklen Fällen sollte sich der Reiter besser eine zweite Meinung einholen und das Pferd in einer anderen Klinik erneut untersuchen lassen.






Trotz aller Artefakte und Tücken kann auch ein medizinischer Laie Ultraschallbilder lesen – vorausgesetzt, er hat einen guten Vorleser, sprich einen Tierarzt an seiner Seite, der die Bilder erklärt. Wie viel der Reiter auf dem Monitor erkennt, ist unterschiedlich. „Es gibt Pferdebesitzer, die können sich sehr gut in die Bilder hineinlesen;andere wiederum sehen nur schwarz-weiß-graue Punkte“, beobachtet Kerstin Stubbe.
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Gynäkologie





Zykluskontrolle zur Bestimmung des optimalen Besamungszeitpunkts, Trächtigkeitsdiagnostik (sichere Diagnose ab dem 14. Tag) und frühzeitige Feststellung einer Zwillingsträchtigkeit, Kontrolle des Trächtigkeitsverlaufs, Diagnose von krankhaften Strukturen wie Eierstock- und Gebärmutterzysten sowie vermehrten Flüssigkeitsansammlungen in der Gebärmutter.
Orthopädie
Sehnen- und Bandschäden, Beurteilung von Strukturveränderungen wie Faserrisse oder Entzündungsherde an Sehnen, Bändern, Muskeln oder der Gelenkkapsel, -knorpel und -flüssigkeit, Untersuchung der Knochenoberfläche, der Gelenke oder der Hufrollenbestandteile.
Chirurgie
Bei Operationen von Sehnen und Bändern, Kontrolle des Heilungsverlaufs.
Kardiologie
Feststellung von krankhaften Veränderungen der Herzklappen und bei angeborenen oder erworbenen Herz- und Gefäßerkrankungen, Erhebung von Herzleistungsparametern, Bestimmung von Art und Schweregrad angeborener Herzfehler bei Fohlen.
Andrologie
Untersuchung der Hoden und Nebenhoden, Beurteilung von Schwellungszuständen nach Kastration.
Weitere Einsatzgebiete
Beurteilung der inneren Augenstrukturen bei Trübungen, Untersuchung von Nabelerkrankungen bei Fohlen und bei lebensbedrohlichen Erkrankungen des Bauchraums wie Dünndarm- und Dickdarmkolik, Tumorerkrankungen, Punktionen im Rahmen der Entnahme von Gewebe- und Flüssigkeitsproben, Abklärung von flüssigkeitsgefüllten Räumen beispielsweise bei Abszessen und Zysten.
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