Sie möchten Ihr Pferd mit Hilfe des Body Condition Score (BCS) bewerten? Weiter unten auf dieser Seite finden Sie die Anleitung - einfach hier klicken.
Waagen bringen manchmal Überraschungen mit sich. Und Fragezeichen. Die zeigen sich auf den Gesichtern einiger Pferdebesitzer in einem Stall bei Stuttgart, etwa bei den Besitzern der Warmblutwallache Glenn und Lancer. Beide sind fast gleich groß, aber in unterschiedlichen Gewichtsklassen: Glenn wiegt 50 Kilo mehr. Muss er Diät halten oder Lancer zunehmen? Noch größer ist die Kilo-Differenz zwischen Pony Scarlett und dem gleich großen Haflinger Napolion. 80 Kilo liegen dazwischen. Ist das rassebedingt okay?
Bis aufs Kilo gleich ist das Gewicht von zwei großen Warmblütern. Im Aussehen hingegen unterscheiden sich die Wallache deutlich: der eine runder, der andere sehr schlank. Wer muss ab-, wer muss zunehmen? Sagt die Kilozahl überhaupt etwas über das Idealgewicht aus? Woran können sich Pferdebesitzer orientieren? Fragen, die sich nach dem Wiegen vermutlich jeder Reiter schon einmal gestellt hat.
Eine einzigartige Auswertung in Zusammenarbeit von CAVALLO und Fütterungsberaterin Constanze Röhm aus Voerde/Nordrhein-Westfalen gibt nun Antworten auf diese kniffligen Gewichtsfragen. Exklusiv für CAVALLO wertete Constanze Röhm Gewichtsdaten von über 3000 Pferden aus. Die Daten kamen von den Pferdewaagenbetreibern Jeanette Jünemann und Klaus Finke. Darin enthalten waren Angaben zu Gewicht, Stockmaß, Rasse, Alter und Geschlecht.
Das Ziel der Analyse: Wir wollten wissen, wie Größe, Gewicht und Rasse zusammenhängen und ob die Kilozahl allein etwas über die Figur eines Pferds aussagt. Die Analyse der Daten ergab noch mehr: Constanze Röhm konnte eine Übersicht erstellen, in die Reiter ihre Pferde anhand von Größe, Gewicht und Rasse einordnen können. Diese Mittelwerte zeigen, ob das Pferd vom Durchschnittsgewicht abweicht oder mit seinem Gewicht im Rahmen bleibt. Diese einzigartigen Erkenntnisse lesen Sie in den Tabellen.
Zwar hatte nicht jedes der über 3000 Pferde Normalgewicht. Auch dicke und dünne Pferde wurden erfasst. Die Ergebnisse von Röhms Analyse ähneln aber den Erkenntnissen einer wissenschaftlichen Untersuchung von Professorin Ellen Kienzle. Die Inhaberin des Lehrstuhls für Tierernährung und Diätetik an der Uni München untersuchte mit einer Doktorandin knapp 15 000 Wiege-Ergebnisse von Pferden unterschiedlicher Rassen, die alle Idealgewicht hatten. Kienzles Mittelwerte für die Rassen und die Abweichungen sind den Werten, die Constanze Röhm für CAVALLO errechnete, sehr ähnlich.
Die Daten der Pferde stellten CAVALLO freundlicherweise die Pferdewaagenbetreiber Klaus Finke und Jeanette Jünemann zur Verfügung. Beide kommen auch gerne zu Ihnen, um Ihre Pferde zu wiegen.
Kontakt:
Pferdewaage Klaus Finke
50226 Frechen
www.pferdewaage-klausfinke.de
Mobile Pferdewaage Jeanette Jünemann
48149 Münster
www.pferdetherapieplus.de
Mit dem Body-Check können Sie wichtige Körperwerte Ihres Pferds dokumentieren. Kostenloses Formular – hier zum Download!
Kilo-Orientierung für jeden Pferdetyp
Zu zwölf Rassen finden Sie in den Übersichten die durchschnittliche Größe und das mittlere Gewicht aller gewogenen Pferde. Was sich nicht einordnen ließ, waren Rassemixe. "Das Gewicht ist bei ihnen zu weit gefächert", erklärt Constanze Röhm. Pro Rasse gibt es weitere Unterkategorien, die von der Größe abhängig sind.
Das sieht man am Beispiel Haflinger: Für die Auswertung wurden knapp 200 gemessen und gewogen. Sie waren entweder zwischen 1,37 und 1,47 Meter oder zwischen 1,48 Meter und 1,58 Meter groß. Die Tiere mit einem Stockmaß zwischen 1,37 Meter und 1,47 Meter wogen im Schnitt 474 Kilo. Das Gewicht kann um je 33 Kilo nach oben oder nach unten abweichen.
Das sind zugleich die Grenzen, über die ein Haflinger mit dieser Größe nicht hinauskommen sollte. Ein 441 Kilo (474 Kilo minus 33 Kilo) schwerer Ha inger wäre zu schlank, mit 507 Kilo (474 Kilo plus 33 Kilo) oder mehr wäre er hingegen zu dick.

Gleich groß nicht gleich schwer
Haflingerwallach Napolion aus dem Stuttgarter Stall liegt bei seiner Größe mit rund 550 Kilo im Rahmen. Pony Scarlett ist genauso groß wie Napolion, wiegt aber deutlich weniger. Die Ponystute muss dennoch nicht kräftig an Gewicht zulegen. Das ist eine weitere Erkenntnis aus der Auswertung: Zwei Pferde können gleich groß sein, sich im Gewicht deutlich unterscheiden – und trotzdem eine Traumfigur haben.
Entscheidend hierfür ist die Rasse, genauer: der Pferdetyp. Das zeigt ein weiteres Beispielpaar. "Nehmen wir einen Haflinger und einen Araber, beide mit einem Stockmaß von 1,50 Meter. Der Haflinger hat mit 550 Kilo eine gute Figur, der Araber erreicht das hingegen schon mit 470 Kilo. Zwischen beiden Pferden liegen 80 Kilo, und beide haben für sich genommen jeweils ein ideales Gewicht", sagt Constanze Röhm.
Ob der Reiter ein ideales Gewicht hat, kann er mit den Angaben zu Größe und Gewicht im Body Mass Index (BMI) berechnen. Für Pferde ist das nicht möglich: Eine Art Pferde-BMI, der Auskunft über die Figur gibt, lässt sich nicht berechnen. Dafür spielen die Pferderasse und deren typische Eigenschaften eine zu große Rolle.
Ist ein Pferd von Natur aus eher rund wie ein Haflinger, wird es immer mehr wiegen als ein feingliedriger Pferdetyp wie ein Araber. "Auch ein Shetty wird immer runder wirken als es ist, das ist zuchtbedingt so", sagt Constanze Röhm. Wie lang, kurz, breit oder schmal ein Pferd ist, beeinflusst ebenfalls das Gewicht.

Einfluss der Knochen auf Gewicht noch unklar
Was beim Gewicht noch eine Rolle spielen könnte, sind die Umfänge von Kiefer und Röhrbein. Das vermutet zumindest Expertin Constanze Röhm. Warum? Das wird deutlich, wenn man einen Tinker und einen Araber vergleicht. "Der Tinker hat doppelt so breite Beine. Er kann bei gleicher Größe durchaus 80 Kilo mehr wiegen als ein Araber und ist trotzdem nicht dick." Constanze Röhm nimmt an, dass das Pferd schwerer wird, wenn auch die Knochen größer und schwerer werden – wie bei Tinkern. "Ein großer, breiter Knochen wiegt mehr als ein zierlicher." In den Daten, die sie auswertete, gab es allerdings zu wenig Angaben zu den Umfängen von Röhrbein und Kiefer. Ihre Vermutung konnte sie daher nicht belegen. "Mit einer größeren Datenanzahl könnte man hier vielleicht mehr herauslesen."
Große Pferde haben große Knochen – wiegen sie dann automatisch mehr als kleinere Pferde derselben Rasse? So einfach ist die Rechnung nicht. "Stockmaß und Gewicht sind nicht linear voneinander abhängig", sagt Constanze Röhm. Das heißt: Ist Pferd A zehn Zentimeter größer als Pferd B, nimmt es nicht auch im gleichen Umfang an Gewicht zu. "Man kann nicht sagen, dass pro zehn Zentimeter mehr an Körpergröße automatisch ein fixes Gewicht dazu kommt.
Das Gewicht hängt auch von Fett und Muskeln ab." Ein Beispiel dafür sind die beiden großen Wallache aus dem Stuttgarter Stall. In der Größe unterscheiden sie sich um fünf Zentimeter, die Waage zeigt bei beiden bis aufs Kilo genau das gleiche Gewicht an. Und das, obwohl sich die zwei Wallache im Aussehen – der eine runder, der andere schlank – deutlich unterscheiden.
Der grazile Wallach sollte etwa 30 bis 40 Kilo zunehmen, so der Rat von Constanze Röhm. Dafür ist regelmäßiges Wiegen unverzichtbar. Beim Wiegen zeigt sich, ob ein Pferd erfolgreich zu- oder abgenommen oder sein Gewicht gehalten hat. Auch eine individuell auf das Pferd abgestimmte Ration von Futter und Nährstoffen lässt sich nur berechnen, wenn der Reiter das genaue Gewicht kennt. Für die exakte Dosierung von Medikamenten oder Wurmkuren ist das Gewicht genauso wichtig wie beim Transport. Mit zwei schweren Pferden im Pferdehänger werden das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers und die erlaubte Anhängelast des Autos recht schnell überschritten.
Wer das Gewicht seines Pferds Pi mal Daumen schätzt, liegt schnell daneben. Das zeigte ein CAVALLO-Experiment mit 76 Pferden im Jahr 2001: Die Besitzer lagen um bis zu 200 Kilo neben dem tatsächlichen Gewicht. Rechnen mit der Gewichtsformel (Brustumfang mal Brustumfang mal Körperlänge, geteilt durch 11 900) ist ebenfalls keine Lösung. Beim Test im Jahr 2001 lagen das berechnete und das gewogene Gewicht teils um über 100 Kilogramm auseinander.

Weit weg vom Idealgewicht
Das Idealgewicht zu erreichen und zu halten, ist ganz schön schwierig. Das gilt für Reiter wie für Pferde. "Ein Drittel meiner vierbeinigen Kunden ist zu dick, ein Drittel ist zu dünn, und das dritte Drittel ist vom Gewicht her genau richtig", sagt Constanze Röhm.
Extreme gibt es an beiden Enden der Skala. Zwei Prozent der Pferde, die von ihr behandelt werden, sind so fett, dass sie eine ständige Überwachung beim Abnehmen brauchen. Und zwei Prozent sind so dünn, dass sie zur Gewichtszunahme ebenfalls ständig eine professionelle Betreuung von Futterberatern und Tierärzten brauchen.
Über- wie Untergewicht können sich negativ auf die Pferdegesundheit auswirken. Zu dünne Pferde werden dabei eher als krank wahrgenommen. "Bei einem moppeligen Pferd heißt es hingegen: ‚Der ist halt ein bißchen rund‘", erzählt Constanze Röhm. Die Folgen können für Moppel wie für Hungerhaken gravierend sein.
Bei Übergewicht kann das Pferd leichter am Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) und an Cushing erkranken. Die Leber wird stärker belastet, es drohen frühzeitige Alterung und Erkrankungen der Organe. Bei Untergewicht können Kotwasser, Hautprobleme oder Darmentzündungen auftreten.

Eine gute Figur hält gesund
Eine gute Pferde gur ist also nicht nur hübsch anzuschauen. Pferde mit Normalgewicht haben ein geringeres Risiko, an diesen Krankheiten zu leiden. Die Tabellen bieten einen ersten Überblick, was Ihr Pferd wiegen sollte. Ob Ihr Pferd gut bemuskelt oder vor dem Winter einfach nur gut mit Speck gepolstert ist, können Sie auf der folgenden Seite mit dem Body Condition Score einschätzen.
Dort finden Sie auch Fütterungstipps, wie Sie Hungerhaken aufpäppeln und Moppel sanft abspecken lassen. Haltung und der Umgang mit dem Tier haben ebenfalls Einfluss auf die Figur.
Stress etwa kann gesundheitliche Probleme wie Kotwasser verursachen oder das Pferd abmagern lassen. Erst wenn alle Rädchen ineinander greifen, klappt es mit der Pferde-Traumfigur.

BCS: Body Condition Score messen
Von Natur aus etwas runder – oder ist das einfach nur Speck? Wie es um die Figur eines Pferds bestellt ist, kann jeder Reiter mit dem Body Condition Score (BCS) einschätzen, unabhängig von der Rasse. Das Tier wird anhand des Ernährungszustands in eine Bewertungsskala von 1 bis 9 eingestuft. Mit einer Note zwischen 4 und 6 hat das Pferd ein Idealgewicht. Schwere Rassen wie Norweger sind aufgrund des Körperbaus runder und tendieren zur 6, hagere Typen wie Araber zur 4. Auch die Nutzung hat Einfluss: Ausdauerpferde sind eher schlanker, Dressur- und Freizeitpferde dürfen mit 5,5 etwas runder sein.
So gehen Sie vor: Tasten Sie Ihr Pferd an Mähnenkamm, Widerrist, im Lendenbereich, am Schweifansatz, an den Rippen und an der Schulter ab. Was fühlen Sie? Notieren Sie sich Ihre Beobachtungen und vergleichen Sie diese im Anschluss mit der Skala des Body Condition Scores.
BCS 1: Extrem mager. Am Pferd spürt man kein Fettgewebe mehr. Dornfortsätze, Rippen, Schweifansatz und Knochenvorsprünge sind deutlich zu erkennen.
BCS 2: Sehr dünn. Minimale Fettschicht. Dornfortsätze, Rippen und Hüfthöcker sind deutlich sichtbar, ebenso Knochenkonturen von Widerrist, Hals und Schulter.
BCS 3: Dünn. Etwas Fett auf Rippen, Dornfortsätzen und Schweifansatz. Hüfthöcker sind angerundet, stehen aber vor. Deutliche Konturen an Widerrist, Schulter und Hals.
BCS 4: Schlank. Etwas Fett an Hals, Rippen und Rückgrat. Am Übergang von Kruppe zu Schweif etwas Fett. Widerrist zeichnet sich leicht ab.
BCS 5: Normal. Rippen nicht sichtbar, leicht zu ertasten. Leicht schwammiges Fett am Schweifansatz. Hals und Schulter gehen harmonisch ineinander über. Dornfortsätze und Rückenmuskulatur auf einer Höhe.
BCS 6: Rundlich. Der Rücken hat eine leichte Rinne. Das Fett über den Rippen und am Übergang von Kruppe zu Schweif ist weich. Leichte Fettpolster an den Schultern.
BCS 7: Dick. Sichtbare Fettdepots an Hals, Widerrist und hinter der Schulter, weiches Fett über den Rippen.
BCS 8: Fett. Fettpolster am Hals und hinter der Schulter. Am Rücken zeigt sich eine Rinne, Kruppe ist leicht gespalten (Ausnahme Kaltblüter). Rippen schwer fühlbar.
BCS 9: Extrem fett. Dicke Fettpolster an Schulter, Widerrist und Hals, tiefe Rinne am Rücken. Rippen nicht mehr fühlbar. Fettpolster an der Innenseite der Hinterbeine.
Fällt Ihr Pferd in die Kategorie 7 oder höher, ziehen Sie am besten den Rat eines Tierarztes oder Fütterungsexperten hinzu. Denn dick ist nicht schick – Übergewicht kann Pferde auf Dauer krank machen.
Das folgende Bild zeigt Ihnen die für den BCS relevanten Zonen:

So füttern Sie Pferde gesund
Über den Sommer etwas zugelegt? Im Winter Kilos verloren? Pferdebesitzer merken oft nicht, wenn sich die Figur ihres Vierbeiners verändert. "Erst wenn ein Pferd extrem dick oder dünn ist, nehmen Reiter das als Problem wahr", so die Erfahrungen von Futterberaterin Constanze Röhm www.futterberatung-roehm.de. Was hilft: Stallfreunde regelmäßig um ihre Meinung zur Pferdefigur bitten.
Abspecken oder zunehmen darf ein Pferd nur sehr langsam. Bei moppeligen Pferden rät Constanze Röhm, erst einmal die tägliche Portion Kraftfutter zu verringern. Denn in Kraftfutter wie Hafer, Mais oder Gerste und in Mischfutterarten wie Müslis steckt viel Stärke. Die liefert schnell viel Energie. Wird das Pferd nicht ausreichend bewegt, wird aus dem Kalorien-Überschuss Fett. Das betrifft meist Freizeitpferde. Sie sollten täglich bewegt werden. Das verbrennt Fettdepots. Die Dauer richtet sich anfangs nach der Kondition des Pferds. Damit sich Muskeln aufbauen, darf die Eiweißzufuhr nicht übermäßig gesenkt werden. Am Heu darf ebenfalls nicht gespart werden. Das dient als Beschäftigung und ist wichtig für die Verdauung.
Kann der Reiter beim Pferd die Rippen zählen, sind oft eine fehlerhafte Fütterung, Würmer, schlechte Zähne oder Krankheiten die Ursache. In punkto Futter sollte ein dünnes Pferd vor allem eines bekommen: Heu, und davon bis zu zwei Kilo pro 100 Kilo Körpergewicht. "Die tägliche Ration an Kohlenhydraten und Eiweiß sollte langsam erhöht werden", sagt Constanze Röhm. Wird die Portion zu schnell aufgestockt, kann das Hufrehe oder Kolik zur Folge haben. Bei extrem über- oder untergewichtigen Tieren sollten sich die Reiter von Experten beraten lassen. Das gilt auch bei gesundheitlichen Problemen wie Magengeschwüren, Kotwasser oder Stoffwechselkrankheiten. "Diese Krankheiten werden oft durch Fehler in der Fütterung ausgelöst."