Medizin-Kompendium
Was tun gegen die Afrikanische Pferdepest?

Insekten übertragen die Seuche, an der über 80 Prozent der erkrankten Pferde sterben können. Kann das Virus auch (wieder) Europa erreichen?

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Foto: Lisa Rädler
In diesem Artikel:
  • Was ist die Afrikanische Pferdepest?
  • Ist die Afrikanische Pferdepest meldepflichtig?
  • Gibt es die Afrikanische Pferdepest in Deutschland?
  • Wie stecken sich Pferde mit Afrikanischer Pferdepest an?
  • Das sind die Symtome der Afrikanischen Pferdepest:
  • Wo tritt die Afrikanische Pferdepest auf?
  • Wie stellt der Tierarzt die Diagnose Afrikanische Pferdepest?
  • Wie wird Afrikanische Pferdepest behandelt?
  • Gibt es eine Impfung gegen die Afrikanische Pferdepest?

Was ist die Afrikanische Pferdepest?

Die Afrikanische Pferdepest ist eine der gefürchtetsten Viruserkrankungen der Pferde. International wird oft der englische Name "African Horsesickness (AHS)" verwendet, aber die Bezeichnung als "Pferdepest" spiegelt historisch den schlimmen Krankheitsverlauf wider. Das Virus der Afrikanischen Pferdepest (AHSV) infiziert alle Equiden; hauptsächlich Pferde erkranken schwer. Esel und Maultiere haben oft einen milderen klinischen Verlauf. Zebras sind meistens sogar nur subklinisch infiziert, das heißt, sie zeigen trotz einer Infektion keinerlei Krankheitssymptome. Für die Bekämpfung des Virus ist dies problematisch, denn subklinisch infizierte Zebras können das Virus unbemerkt verbreiten.

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Was tun bei der Afrikanischen Pferdepest?
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Ist die Afrikanische Pferdepest meldepflichtig?

Aufgrund des schwerwiegenden Verlaufes bei Pferden ist die AHS eine meldepflichtige Krankheit in der Schweiz und Deutschland; international ist sie reguliert durch die "Weltorganisation für Tiergesundheit" (World Organisation of Animal Health – WOAH). Tierärzte in der Schweiz müssen einen Verdacht dem zuständigen kantonalen Veterinäramt melden, welches dann die Entnahme von Blutproben anordnet, die an die Diagnostikabteilung des Institutes für Virologie und Immunologie (IVI) in Mittelhäusern gesendet werden müssen. In Deutschland müssen sich Tierärzte beim Verdacht auf AHS an die zuständige kommunale Veterinärbehörde wenden.

Gibt es die Afrikanische Pferdepest in Deutschland?

Bisher gab es noch keinen Ausbruch von AHS in der Schweiz oder Deutschland; beide Länder sind ebenso wie das übrige Nordeuropa derzeit kein Risikogebiet für das Virus. Die letzten Ausbrüche in Europa (1988-1991 in Spanien und 1989 in Portugal) wurden vermutlich durch den Import eines infizierten Zebras initiiert. Danach gab es lange keinen Ausbruch mehr außerhalb des afrikanischen Kontinents, bis das Virus im Frühjahr 2020 plötzlich in Thailand auftauchte und zum Tod von mehreren hundert Pferden führte. Es wird wieder vermutet, dass transportierte Zebras das Virus ins Land getragen haben könnten.

"Obwohl die AHS bisher noch nicht in der Schweiz vorkam, ist es wichtig, sich dieser Krankheit bewusst zu sein, denn das Virus ist unberechenbar. Grund hierfür ist der Übertragungsweg und die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren mit Viren, die eng mit dem Virus der Afrikanischen Pferdepest verwandt sind, gemacht haben" erklärt Dr. Karin Darpel, Tierärztin und Leiterin des Fachbereiches Hochansteckende Tierseuchen in der Abteilung Diagnostik und Entwicklung am IVI.

Wie stecken sich Pferde mit Afrikanischer Pferdepest an?

Das Virus wird von blutsaugenden Insekten der Familie Culicoides, im Sprachgebrauch "Gnitzen" oder im englischen "biting midges" genannt, übertragen. Ein infiziertes Pferd überträgt somit das Virus nicht direkt an ein anderes Pferd. Nehmen blutsaugende Gnitzen jedoch das Virus mit ihrer Mahlzeit auf, vermehrt sich das Virus in dem Insekt und wird bei der nächsten Blutmahlzeit mit dem Speichel in die Pferdehaut injiziert. Nachdem die Gnitze das Virus übertragen hat, dauert es in den meisten Fällen fünf bis sieben Tage, bis die Pferde Krankheitssymptome zeigen. "Die Übertragung des Virus durch blutsaugende Insekten ist eine besondere Herausforderung für die Kontrolle. Da Gnitzen nur alle paar Tage eine Blutmahlzeit nehmen, ist nicht unbedingt das Pferd auf der gleichen Weide betroffen, da das infizierte Insekt möglicherweise schon einige Höfe weitergeflogen ist. Die fliegenden Gnitzen halten sich natürlich auch nicht an irgendwelche Grenzen oder Zonen" erklärt Tierärztin Karin Darpel. Zudem treten die Gnitzen oft in Schwärmen auf und können durch ihr kleine Größe (ein bis drei Millimeter) grobmaschige Mückennetze und Schutzgitter passieren.

Das sind die Symtome der Afrikanischen Pferdepest:

Bei AHS gibt es verschiedene Verlaufsformen mit jeweils typischen Symptomen.

Beim milden Verlauf (subklinische Form/"Horse sickness fever") kann es zu Fieberschüben und Wassereinlagerungen (Ödemen) um die Augengrube kommen. Pferde zeigen diese Verlaufsform jedoch meistens nur, wenn sie bereits einen Teilschutz haben, sei es durch eine überlebte Infektion oder durch Impfung.

Die anderen Formen sind Kombinationen von respiratorischen und kardiologischen Symptomen. Die Lungenform stellt den schwerwiegendsten Verlauf dar, hier sterben 80 bis 90 Prozent der infizierten Pferde – oft innerhalb kürzester Zeit. Ansonsten zeigen Pferde bei dieser Form hohes Fieber (41°C), Husten, Atemnot, Schweißausbrüche, stark gerötete Bindehaut und schaumigem Nasenausfluss aufgrund von Lungenschäden. Die reine Herzform ist etwas milder, aber bis zu 30 Prozent der infizierten Tiere können an Herzinfarkt sterben. Typische Symptome sind hier weitreichende Ödeme von Kopf, Augen, Hals, Brust und Gliedmaßen.

Wo tritt die Afrikanische Pferdepest auf?

Ausbrüche von AHS kommen regelmäßig hauptsächlich in zentral- und südafrikanischen Ländern vor. In den letzten 15 Jahren wurden zum Beispiel Ausbrüche in Südafrika, Senegal und Äthiopien gemeldet. In welchen Ländern es Fälle von AHS gibt, erfasst und publiziert die WOAH.

"Das Auftreten der AHS in Thailand in 2020 hat jedoch allen gezeigt, wie plötzlich es zu einem schweren Ausbruch außerhalb Afrikas kommen kann" warnt die Tierärztin. Besonders über Wasser können Gnitzen vom Wind über Hunderte von Kilometern mitgetragen werden. "Von daher wäre ein Ausbruch der Afrikanischen Pferdepest in Nordafrika ein hohes Risiko für den Mittelmeerraum, denn infizierte Gnitzen könnten mit dem Wind durchaus nach Spanien oder auf eine der Mittelmeerinseln getragen werden. Falls das Virus dann dort durch europäische Gnitzen-Arten übertragen werden kann, was basierend auf momentanen Forschungskenntnissen zu befürchten ist, könnte es zur weiteren Ausbreitung von AHSV kommen."

Lange Zeit hatten Forscher zudem angenommen, dass hauptsächlich Gnitzen-Arten, die in Afrika vorkommen, das AHS-Virus übertragen können. Das nah verwandte Virus der Blauzungenkrankheit (bluetongue virus, BTV), an welchem vor allem Schafe erkranken, kann aber auch von europäischen Gnitzen-Arten effizient übertragen werden. "Das Risiko ist darum hoch, dass dies auch für das Virus der Afrikanischen Pferdepest der Fall sein wird", vermutet die Tierärztin Karin Darpel. Unter experimentellen Bedingungen im Labor wurde schon gezeigt, dass sich einige Virusstämme der Afrikanischen Pferdepest in europäischen Gnitzen-Arten vermehren können. Sollte das Virus entweder durch eingeführte Zebras oder durch infizierte Gnitzen nach Europa gelangen, besteht somit das Risiko, dass es sich lokal ausbreitet. Menschen werden jedoch zum Glück von diesem Virus nicht infiziert.

Wie stellt der Tierarzt die Diagnose Afrikanische Pferdepest?

Bei einem klinischen Verdachtsfall nimmt der Tierarzt eine Blutprobe. Das Virus ist im Labor molekularbiologisch innerhalb von acht bis zehn Stunden nachweisbar. Da AHS als hochansteckende Tierseuche eingestuft ist, dürfen nur gewisse Labore, die über die nötigen Sicherheitsvorkehrungen verfügen, die Diagnostik durchführen und das Virus erforschen. Am Institut für Virologie und Immunologie (IVI) in Mittelhäusern steht ein solches Hochsicherheitslabor. "Das IVI ist darum das Referenzlabor für AHS für die Schweiz" erklärt Karin Darpel. In Deutschland ist dies das Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit) in Greifswald.

Eine frühe Diagnose hilft, die Verbreitung der Seuche einzudämmen und das Virus zu kontrollieren. "Hier ist wichtig, dass die Tierärztinnen und Tierärzte die Pferdepest kennen und beim Auftreten bestimmter Symptome eine Infektion in Betracht ziehen", erklärt Karin Darpel.

Wie wird Afrikanische Pferdepest behandelt?

Leider gibt es kaum Behandlungsmöglichkeiten für Pferde, die an AHS erkranken. Es kann nur versucht werden, den Zustand des Pferdes zu stabilisieren oder schwer erkrankte Tiere zu erlösen. Bei einem Ausbruch der AHS in der Schweiz müssen infizierte Pferde aber basierend auf der Tierseuchenverordnung sowieso euthanisiert werden, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Zudem müssen Maßnahmen ergriffen werden, um den Mückenbefall zu reduzieren.

Gibt es eine Impfung gegen die Afrikanische Pferdepest?

In der Schweiz gibt es zurzeit keinen zugelassen Impfstoff gegen AHSV. In Ausnahmefällen ist die Impfung von empfänglichen Tieren möglich, die für die Ausfuhr bestimmt sind und eine entsprechende Bewilligung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) vorliegt. In einigen Ländern in Afrika wird ein Lebendimpfstoff eingesetzt; dieser verursacht aber oft Nebenwirkungen. Neue Impfstoffe gegen AHSV werden durchaus erforscht, und es gibt vielversprechende Kandidaten. Das Virus kommt jedoch in neun Serotypen vor; bisher ist es nicht gelungen, einen Impfstoff zu entwickeln, der gleichzeitig gegen alle Serotypen schützt. Deshalb muss im Fall eines Ausbruches von AHS der genaue Virustyp bestimmt werden, um dann den passenden Impfstoff herzustellen.

Die Expertin:

Dr. Karin Darpel ist die Tierärztliche Leiterin des Fachbereiches Hochansteckende Tierseuchen in der Abteilung Diagnostik und Entwicklung am Institut für Virologie und Immunologie (IVI), das seine Sitze in Mittelhäusern und Bern hat. www.ivi.admin.ch

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10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023