- Sicherheit fürs Pferd
- Genaue Diagnose
- Weniger Zeitdruck
- Weniger Kosten
- Kleiner Nachteil
- Ablauf des Scans
- Die Vorgeschichte
- Einsatzmöglichkeit
- Pferdeklinik Equitom
Wie zwei gigantische Schreibtischlampen sehen die Roboterarme aus, die um das Pferd herum greifen: einer rechts, einer links, jeder von ihnen höher als drei Meter. Sie surren leise, beugen sich, umkreisen das Hinterbein des Pferds, das in dem Untersuchungsraum steht. Diese weißen großen Metallarme, die in der Pferdeklinik Equitom stehen, sind eine Sensation – gleich aus zwei Gründen.

Zum einen, weil in den Roboterarmen die Technik einer Computertomographie (CT) steckt – und dank der beweglichen Arme können Pferde so stehend gescannt werden, müssen also nicht wie sonst in Vollnarkose gelegt werden.
Und zum anderen gibt es weltweit nur drei solcher Roboter-CTs: eines in Chicago (USA), eines in Dubai – und das dritte in der Pferdeklinik Equitom in Lummen (Flandern/Belgien), knapp eine Stunde von der deutschen Grenze entfernt. Eine Million Euro waren die Anschaffungskosten für dieses besondere Gerät. Was es kann, wann es eingesetzt wird und was es kostet:
Sicherheit fürs Pferd
Ein übliches CT-Gerät besteht aus einem rotierenden Ring, in den das Pferd geschoben wird; der Ring scannt dann Körperteile des Tiers wie die Beine oder die Halswirbelsäule. Für diese Untersuchung muss das Pferd narkotisiert werden. Das ist jedoch immer gefährlich: "Bei Pferden überlegt man dreimal, sie in Vollnarkose zu legen – denn sie könnten sich beim Aufwachen das Bein brechen", erklärt Klinikleiter Tom Mariën. Trotz aller Vorsorge in den Wachräumen von Pferdekliniken bleibt dieses Restrisiko bestehen.

Genaue Diagnose
CTs ermöglichen dreidimensionale Bilder, die zum Beispiel bei Verdacht auf Brüche oder Tumore für die Diagnostik notwendig sind. Der übliche Computertomographie-Ring für Pferde ist dem für Menschen nachempfunden.
Schwierig daran: Nicht das ganze Pferd passt hindurch. Dieses Problem löst der neue Roboter: "Der Ring wird beim Roboter-CT durch die zwei großen Roboterarme ersetzt, der ganze Körper kann so gescannt werden", sagt Chirurg Dimitri Kadic, "die Diagnose ist sehr akkurat und schnell."
Weniger Zeitdruck
Für die Ärzte der Klinik hat das Roboter-CT einen großen zeitlichen Vorteil: Diagnostik und OP werden getrennt. Beim gängigen CT liegt das Pferd bereits in Vollnarkose und wird direkt im Anschluss operiert, um eben das Pferd nicht zweimal narkotisieren zu müssen.
Die Bilder des Roboter-CTs hingegen können in Ruhe besprochen, die OP mit weniger Zeitdruck geplant werden. Präventiv kann der Roboter bei Sportpferden eingesetzt werden, um auszuschließen, dass minimale Verletzungen übersehen werden: So wurde zum Beispiel eines der belgischen Springpferde des Nationalteams vor dem Einsatz in Tokio bei den Olympischen Spielen damit durchgecheckt.
Weniger Kosten
Ein Scan mit dem Roboter-CT ist günstiger als mit dem üblichen CT: Ein Bild einer Region inklusive Untersuchung kostet 780 Euro (zzgl. MwSt.), 1050 Euro sind es aufgrund der Anästhesie im normalen CT. Jede weitere Region im Roboter-CT schlägt mit 200 Euro zu Buche.
Kleiner Nachteil
Einzig die relativ kleine Fläche, die der Roboter abdeckt, ist ein Nachteil: Manche Strukturen kann man im ringförmigen CT, der mehr Fläche erfasst, doch besser abbilden. "Den Pferdekopf erfasse ich lieber im ringförmigen CT, da habe ich es von Ohren bis Nüstern komplett auf einem Bild", erklärt Zoe Joostens, die Spezialistin für bildgebende Verfahren im Team. Der Kopf ist übrigens das einzige Körperteil, das auch stehend in den üblichen Ring-CT passt, also ebenfalls nur eine Sedierung erfordert.
Ablauf des Scans
Die Pferde werden für die Aufnahme sediert; schließlich surren die Roboterarme mit nur 30 Zentimetern Abstand um sie herum. Für den Fall, dass ein Pferd doch mal Angst bekommen sollte, gibt es einen Notfall-Ausknopf. Auf dem Pferd werden dann schwarze Marker angebracht, entweder als Klebepunkte auf dem Körper oder als Gamasche am Bein. Daran orientieren sich die Kameras des Roboter-CTs: "Mit deren Hilfe rechnet der Computer mögliche Bewegungen heraus. Da steckt eine Menge Mathematik dahinter", erklärt Zoe Joostens.
Das einzelne Bild ist mit dem Roboter-CT dann in nur 30 Sekunden erstellt: Aus einem Roboterarm kommen Röntgenstrahlen, im zweiten ist eine Platte mit Fadenkreuz eingebaut, auf der das Bild gespeichert wird. Die ganze Prozedur ist schnell geschafft: "Innerhalb von 15 Minuten ist ein Pferd fertig", sagt Zoe Joostens.
Die Vorgeschichte
Bevor das Gerät angeschafft wurde, fuhr Joostens mit einem Kollegen in die USA, um sich die Technik anzusehen. Klinikleiter Tom Mariën tauschte sich mit einem Kollegen aus Dubai aus, der Erfahrung mit dem dortigen Gerät hatte. Denn aktuell gibt es mehrere CT-Techniken, die von der üblichen Ringform abweichen, etwa solche, die aus dem Boden ausfahren. So ein Gerät steht etwa in der Tierklinik Hegau am Bodensee. Mit dem "Asto-CT Equina" können jedoch nur die Beine gescannt werden.
Klinikchef Tom Mariën entschied sich fürs Roboter-CT. Ein halbes Jahr dauerte der Aufbau des Raumes dafür: Spezialböden und Bodenverankerung für die drei Tonnen schwere Apparatur wurden installiert, dazu Kameras. Auch für OPs ist der Raum geeignet.
Einsatzmöglichkeit
Nach dem ersten vier Monaten ist das Equitom-Team mehr als zufrieden. Rund 95 Pferde wurden bisher untersucht, etwa wegen Verdacht auf Knochenbrüche, Krebs oder neurologische Erkrankungen an Rücken oder Halswirbelsäule. "Für mich ist das Ideale, dass ich den Roboter-CT perfekt mit dem MRT kombinieren kann, der nochmal viel feinere Details zeigt", sagt Joostens. "So kann ich kleinste Verletzungen, etwa Mikrofrakturen, erkennen und entsprechend handeln."
Ein Beispiel für eine solche Verletzung ist ein Rennpferd aus dem Nahen Osten. Es wurde nach Belgien geflogen, "weil es nicht mehr so viel gewann wie zuvor. Man konnte noch nicht mal von einer leichten Lahmheit reden", erklärt Zoe Joostens. "Das ist ein Indiz für die typischen Stressverletzungen, wenn man merkt: Die Pferde bringen nicht mehr 100, sondern nur noch 95 Prozent der Leistung." Der Hengst wurde im Roboter-CT untersucht. Diagnose: Knochenhautentzündung. "In unserer Reha-Abteilung wurde er nach einem speziellen Trainingsplan gearbeitet. Also fit gehalten, ohne die Verletzung zu strapazieren", erklärt Zoe Joostens. Nach einem Monat kehrte der Hengst nach Hause zurück – gesund.
Pferdeklinik Equitom
Die High-Tech-Klinik legt ihre Schwerpunkte auf folgende Fachrichtungen:
• Chirurgie
• Innere Medizin
• medizinische Bildgebung
• Orthopädie
• Rehabilitation (Reha-Zentrum mit Aquatrainer, Laufband, Weiden)
Ausstattung:
• Reguläres CT mit extra großem Durchmesser
• MRT
• Szintigraphie
• je zwei Röntgen- und Ultraschallräume
• zwei Operationssäle mit Glaswand
Kontakt: Equitom Paardenklinik, 3560 Meldert-Lummen, Belgien
Website: www.equitom.be