Spielen ist zweckfrei, freiwillig und macht tierisch Spaß. "Es ist aber noch viel mehr", sagt Verhaltensexpertin Dr. Margit Zeitler-Feicht von der Technischen Universität München-Weihenstephan. "Im Spiel perfektionieren Jungpferde ihre Bewegungskoordination und üben sich im Sozialverhalten. Spielen hilft, neue Erfahrungen zu sammeln. Auch fördert es die physische und psychische Gesundheit – zum Beispiel beim Abbau von Stress." Nur: Kann man das Spielbedürfnis auch mit Pferdespielzeug befriedigen? Was ist dran an Bällen, Boxsäcken, Leckspielzeug und Co.?
Brauchen Pferde Spielzeug?
Womit Pferde am liebsten spielen, hängt ab von Alter, Geschlecht und individuellen Vorlieben. Aber auch davon, ob ein Pferd alleine oder mit anderen Pferden spielt. "Spielbedürfnis und Neugierde sind bei jungen Pferden am stärksten", sagt Margit Zeitler-Feicht. 75 Prozent der Bewegungsaktivität bei Fohlen ist Spiel. Ältere Pferde können sich freilich auch fürs Spiel begeistern, wobei Hauspferde mehr als freilebende Tiere spielen. Zeitler-Feicht: "Das dürfte nicht nur am oft aufgestauten Bewegungsdrang liegen, sondern auch daran, dass sie in menschlicher Obhut ausreichend versorgt werden. Das gibt ihnen Sicherheit und Zeit fürs Spiel."
Am liebesten spielen Pferde mit Artgenossen (Sozialspiel), aber auch alleine (Solitärspiel). Spielsachen entsprechen nicht ihrem natürlichen Umfeld. Das Spielen mit Gegenständen wie Ästen dient in der Natur zum Kennenlernen von Objekten mit allen Sinnesorganen. "Hauspferden dient Spielzeug als Ergänzung zur artgerechten Haltung", sagt Verhaltensbiologin Marlitt Wendt aus Großhansdorf bei Hamburg. "Das ist in Maßen sinnvoll, beispielsweise bei Krankheiten oder als Anreiz für junge Pferde. Nicht aber, um sich selbst ein gutes Gewissen zu verschaffen", sagt die Expertin.
Spielzeug kann die Herde nicht ersetzen
Spielsachen für Pferde können die Artgenossen nicht ersetzen oder gar eine reizarme Umgebung aufwerten. In dieser mutiert der Spielkram vielmehr zum Ventil, um Frust und Stress abzubauen. In Kombination mit schlechter Haltung kann das Spielzeug sogar Stereotypien wie Koppen oder Weben auslösen.
Interessant sind Spielsachen für Pferde am ehesten, wenn sie neu sind. Damit sie das bleiben, sollten Sie neues Spielzeug immer nur kurzzeitig anbieten und dann wieder aus der Sicht entfernen. Gefällt das Spielzeug, strahlen Pferde Freude aus und zeigen ein typisches Spielgesicht mit vorgeschobener Rüsselnase und leuchtenden Augen. Freude bereitet Spielzeug vor allem mit geeigneten Spielpartnern.
Doch: "Nicht jedes Pferd teilt gerne", ist die Erfahrung von Johanna Budke aus Lengerich/Nordrhein-Westfalen von "AS-Das Pferd im Blick". Bei ihr kaufen Pferdebesitzer bestimmte Spielsachen wie Bälle oft nach, weil sich ihre Rösser heftig kabbeln, wenn der Spielkram nur einmal vorhanden ist. Verhaltensexpertin Margit Zeitler-Feicht dazu: "Hat ein Pferd Spielzeug und ein anderes nicht, fördert das Frust und kann Konflikte entfachen." Nicht nur in der Herde: Darf ein Pferd in Box oder Paddock mit etwas spielen und der Nachbar nicht, ist auch das frustrierend. Genauso, wenn das Spielzeug unter der Abgrenzung zum Nachbarn hinüberrutscht.
Wie kann man sich mit seinem Pferd beschäftigen?
Spielzeug eignet sich auch für gemeinsame Zeit mit dem Pferd. An manchen Spielzeugen entwickeln Pferde sogar erst übers Training mit Futter richtig Freude. Marlitt Wendt: "Futterspiele verbinden die nötige Nahrungsaufnahme mit Beschäftigung. Erst wenn ein Spiel entweder intuitiv angenommen wird oder mit der Zeit einen Sinn entwickelt, wird es selbstbelohnend. Dann ist Futter als Antrieb unnötig."
Worauf sollte man beim Kauf von Zubehör achten?
Pferdespielzeug darf keine scharfen Ecken oder Kanten haben. Öffnungen sollten maximal 5 Zentimeter groß sein – oder aber größer als 30 bis 35 Zentimeter, so dass weder Huf noch Kopf steckenbleiben. Darüber hinaus muss der Spielkram gesundheitlich unbedenklich sein, darf etwa keine Weichmacher enthalten. Erkundigen Sie sich im Handel nach lebensmittelechten Spielsachen. Aus ernährungsphysiologischer Sicht tabu sind süße Leck- und Knabberspielzeuge. Damit nehmen Pferde zu viel Zucker auf. Was immer Sie Ihrem Pferd anbieten: Achten Sie darauf, dass das Spielzeug artgerecht und gesund ist. Hier gibt es Anregungen, Tipps und Ideen zum Kaufen und Selbermachen:

- Spielbälle / Play Balls: Verspielte Typen schleudern liebend gerne Gegenstände durch den Auslauf. Aber Vorsicht: Bälle mit Griff können zu gefährlichen Wurfgeschossen werden. Vor allem Wallache sind treffsichere Schützen. Wer dann im Weg steht, kann sich verletzen. Bälle also ggf. lieber aufhängen. Prüfen Sie außerdem die Stabilität jedes Spielzeugs – das Material darf etwa nicht brüchig werden. Achtung: Weichmacher sind tabu! Nicht nur Menschen turnen gerne mit Hüpfbällen: Weil viele Pferde auf die großen, bunten Spielbälle abfahren, findet man sie längst in zahlreichen Pferdeställen. Speziell für die Vierbeiner hergestellte Bälle sind extrem robust und behalten selbst nach heftigen Attacken durch Pferdehufe und -zähne die runde Form. Wichtig: Der Spielball muss bis zum Buggelenk des größten Pferds reichen. Andernfalls stolpern Pferde darüber.
- Leckerli-Bälle, Heubälle und Rollen: Beliebt sind Bälle oder Rollen, in die man durch größere Öffnungen Leckerchen wie Brot- oder Karottenstücke stopfen kann. Sie kullern aus kleinen Öffnungen wieder heraus, was Pferde dazu animiert, das Spielzeug vor sich herzuschieben. Das macht Spaß. Oft kann man das Futter mit der Zeit weglassen. Achtung. Öffnungen sollten maximal 5 Zentimeter groß sein – oder aber größer als 30 bis 35 Zentimeter, so dass weder Huf noch Kopf steckenbleiben.
- Knabberhölzer: Knabberäste bieten Pferden nicht nur Beschäftigung, sondern sind auch noch gesund: Das Kauen regt die Speichelproduktion an und unterstützt so eine gute Verdauung. Doch welches Holz eignet sich für Pferde zum Knabbern? Geeignet sind zum Beispiel Äste von Silberweide, Hasel, Hagebutte und Brombeere (Dornen sparen Pferde geschickt aus). Auch alle Sorten ungespritzter Obstbäume eignen sich – selbstverständlich ohne Früchte. Giftig sind alle Zierhölzer, -bäume oder -büsche. Ebenfalls tabu sind gespritzte Obsthölzer. Legen Sie große und lange Äste auf den Paddock, animiert das außerdem zur Bewegung: Die Pferde laufen weitere Wege um die Äste herum oder steigen darüber. Wollen Sie laufend Nachschub, können Sie auch eine Hecke anpflanzen. Silberweiden-Stecklinge gibt es etwa bei Baumschulen, Gärtnern oder Forst- betrieben. Sie werden 30 bis 50 Zentimeter tief in den Boden gesteckt und regelmäßig gegossen.Übrigens: Hölzer und Zweige vertreiben nur dann die Langeweile, wenn sie frisch sind. Altes Gehölz lässt Pferde kalt. Daran knabbern die Tiere nur bei Mangelerscheinungen. Angenagtes altes Holz ist in der Regel ein Hinweis auf Fütterungsfehler. Auch Zweige, die von selbst herunterfallen, sind meist mürbe und werden von Pferden nicht mehr akzeptiert. Ist die Rinde schon gerissen, können sich zudem Pilze darunter ansiedeln.
- Lecksteine / Leckspielzeug: Einen Mineral- oder Salzleckstein muss jedes Pferd zur Verfügung haben- Leckspielzeug, das bis zu 80 Prozent aus Zucker besteht, ist dagegen ungesund. Auch ist länger andauerndes Lecken nach Nahrung unnatürlich. In der Natur kommt es nur kurz etwa zur Aufnahme mineralstoffhaltiger Erde vor.
- Pappkartons: Ein Pappkarton ist ein simples DIY-Spielzeug – am besten mit einem versteckten Leckerli darin weckt er die Neugierde und den Spieltrieb von Pferden. Achten Sie darauf, dass keine Metallklammern oder Klebeband am Karton sind. Weicht die Pappe auf, sollten Sie den Karton wieder aus dem Paddock nehmen.
- Schaumstoff-Matratzen: Legen Sie doch mal eine ausgediente Schaumstoff-Matratze (Achtung: Federkern-Matratzen sind nicht geeignet) zum Erkunden, Draufstellen und Beklettern auf den Paddock. Die Matratzen sollten einen Überzug haben, sodass die Pferde nicht direkt am Schaumstoff knabbern können. Am besten geeignet sind Turnmatten mit festem Kunststoffüberzug. Sie bleiben länger sauber und trocken.
- Rasensprenkler: An Hitzetagen toll: Stellen Sie unter Aufsicht einen laufenden Rasensprenger auf den Paddock. Die Idee von Mustang-Besitzerin Stefanie Panreck weckt die Neugierde der Pferde und verschafft zugleich Abkühlung.
- Scheuer- und Massagestreifen / Kratzmatte: Schubber-Zubehör bietet Pferden mehr Wohlbefinden. Neben gekauften Scheuer- und Massagestreifen gibt es auch DIY-Lösungen: An die Stallwand oder einen wirklich stabilen Pfosten geschraubte alte Bürsten haben einen tollen Wohlfühleffekt – zum Beispiel ausrangierte Holzwurzelbürsten oder auch weiche Gummistriegel aus der Putzkiste. Einfach Löcher vorbohren und anschrauben. Genauso lassen sich abgeschraubte Besenbürsten verwenden, wenn sie keinen Metallkern haben. Vorteil von Viehbürsten aus dem Handel mit Feder: das Pferd kann sich auch den Rücken kratzen.