Eine Frage, drei Experten
„Wie bearbeiten Sie Fohlenhufe?“

Zur gesunden Entwicklung des Fohlens gehören gesunde Hufe – da sind sich Fachleute einig. Den Weg dahin skizzieren Vertreter dreier Hufschulen.

Fohlenhufe bearbeiten
Foto: Lisa Rädlein

Das rät der Hufbeschlagschmied

In den ersten zwei Tagen nach der Geburt sollte jemand auf die Hufe schauen, der viel Erfahrung mit Fohlen hat – etwa ein Tierarzt mit Schwerpunkt Gynäkologie. Angeborene Fehlstellungen verwachsen sich oft in den ersten Wochen. Im Fohlenalter erworbene Fehlstellungen möchte ich als Schmied verhindern. Dafür muss ich voraussehen, wie sich der Huf entwickelt.

Als ich auf dem Haupt- und Landgestüt Marbach arbeitete, habe ich immer die alten Gestütswärter nach ihrer Meinung gefragt. Die sahen ständig Fohlen aufwachsen. Oft wussten sie schon aufgrund der Abstammung, wie sich die Hufe entwickeln. Bei Bockhufen etwa zählt ebenfalls Teamwork mit dem Tierarzt oder Physiotherapeuten. Ich arbeite als Schmied an der Hufstellung, der Therapeut an den lockeren Muskeln. So wäre es optimal.

Generell empfehlen sich für den Fohlenhuf kleine Korrekturen in kurzen Intervallen von drei bis vier Wochen. Bei Fehlstellungen komme ich alle ein bis zwei Wochen. Ein Hufschuh für Bockhufe bleibt nicht länger als zwei Wochen drauf – sonst quetscht er den wachsenden Huf. Im ersten Lebensjahr erreichen Fohlen rund 80 Prozent ihres Längenwachstums. Der Körper verändert sich rasant. Dementsprechend kurz sind die Kontrollintervalle. Bei Fohlen raspele ich noch nicht viel. Das Hufhorn ist weich und ich kann gut mit dem Messer arbeiten. Bei den ersten Besuchen arbeite ich gerne allein, ganz in Ruhe. Ich fange beim Hinterbein an und bewege es etwas nach vorne. Das können Fohlen besser ausbalancieren.

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Lisa Rädlein
Burkhard Rau, Hufbeschlagschmied, Huftherapeut, Physiotherapeut und Osteopath für Pferde in Leudersdorf.

Burkhard Rau, Hufbeschlagschmied, Huftherapeut, Physiotherapeut und Osteopath für Pferde in Leudersdorf.

Das rät der Huforthopäde

Grundsätzlich sollten Fohlen ab der Geburt angeschaut werden – dazu gehören auch die Hufe. Viele Dinge verwachsen sich in den ersten Wochen von selbst ohne menschliche Unterstützung. Nach vier Wochen sind jedoch die selbst regulierenden Dinge in der Regel abgeschlossen. Bei normalen Hufen empfehle ich Kontrollintervalle von vier bis sechs Wochen. Bei Fohlen mit Problemhufen können kürzere Intervalle von zwei bis drei Wochen sinnvoll sein.

Spätestens im Alter von vier Wochen arbeite ich bei Fehlstellungen mit gezielten Raspelstrichen, um eine bestmögliche Ausrichtung der Gliedmaßen zu erreichen. Ab dem Alter ist das Zeitfenster offen, in dem ich das Knochenwachstum mit klugem Beraspeln der Hufe in erheblichem Maße steuern kann. Ich lasse mir Fohlen auch in der Bewegung zeigen und sie hinter der Mutterstute herlaufen. So kann ich die Tendenz bei x-beinigen Fohlen mit Valgusstellung gut einschätzen. Diese begegnen mir häufig in der Praxis. Oft reicht es, nur wenige Millimeter an der Hufwand zu raspeln – und das Fohlen steht deutlich besser.

Züchter sind immer wieder verblüfft, mit wie wenig Aufwand ich hier viel bewirken kann. Die Knochenstruktur ist sehr weich und es sind Wachstumsfugen vorhanden, die noch nicht geschlossen sind – insbesondere im Karpalund Tarsalgelenk. So kann ich die Stellung in vorsichtigem Maße korrigieren.

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privat
Jürgen von Grumbkow-Pfleiderer, Leiter der Huforthopädie Schule und des Deutschen Instituts für Huforthopädie DIFHO® in Burgstetten.

Jürgen von Grumbkow-Pfleiderer, Leiter der Huforthopädie Schule und des Deutschen Instituts für Huforthopädie DIFHO® in Burgstetten.

Das rät die Hufheilpraktikerin

Je früher die Fohlenhufe nach der Geburt angeschaut werden, desto besser. Vor allem bei Fohlen, die früh im Jahr geboren werden und viel auf weicher Einstreu stehen. Dann ist der Abrieb meistens nicht natürlich und das Fohlen kann sich schief stehen, da der Huf anfangs eine weiche Struktur hat. Viel Bewegung auf unterschiedlichen Böden wäre optimal. Die Kontrollintervalle liegen bei normalen Hufen zwischen vier und sechs Wochen, bei Fehlstellungen zwischen zwei und vier Wochen.

Das gilt aber nie pauschal. Ich schaue immer individuell und berücksichtige, wie das Fohlen gehalten, bewegt und gefüttert wird. Korrigiere ich einen Huf, nehme ich nur das Notwendigste weg. Bei Fohlen bewege ich mich im Millimeter-Bereich. Bei erwachsenen Pferden sind es etwa fünf Millimeter Korrektur zu einer Seite pro Bearbeitung. Das klingt wenig, macht aber in der Gesamtstruktur und für die Sehnen einen erheblichen Unterschied.

Zappelt ein Fohlen anfangs, halte ich nur kurz dagegen. Es ist ein Fluchttier und darf sein Bein abstellen. Die meisten Tiere lernen schnell, dass ihnen nichts passiert und fassen Vertrauen.

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privat
Britta Jacobs-Gramm, Hufheilpraktikerin nach Natural Hoof Care (NHC) in Bendestorf.

Britta Jacobs-Gramm, Hufheilpraktikerin nach Natural Hoof Care (NHC) in Bendestorf.

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023

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