Die richtige Pflege für strapazierte Pferdehaut

Strapazierte Pferdehaut
Hautpflege bei Ekzem, Stoffwechselstörungen & Co.

Zuletzt aktualisiert am 01.08.2023
Pferdehaut
Foto: Lisa Rädlein

Sie speichert Nährstoffe und wirft Schadstoffe raus, hat sensible Sensoren und ist gleichzeitig eine robuste Barriere, kühlt im Sommer und hält die Körperwärme im Winter, bekämpft als wichtiger Teil des Immunsystems Eindringlinge und zeigt gleichzeitig, wie es ums Körperinnere bestellt ist: Die Haut unserer Pferde ist quasi ein Workaholic.

Bei all den Aufgaben sowie Einflüssen von innen und außen kann das größte Organ des Pferds aber auch mal aus der Balance geraten. Was die Haut gesund hält, wie wir Reiter sie richtig pflegen und worauf es gerade jetzt im Sommer ankommt – wir liefern das nötige Wissen.

Wie ist die Pferdehaut aufgebaut?

Die Pferdehaut besteht wie unsere Haut aus drei Schichten. Die Oberhaut setzt sich unter anderem aus einer schützenden Hornschicht und Keimschicht zusammen. Sie enthält Pigmente zur Farbgebung der Haut, aber auch Mikroorganismen, die den pH-Wert der Haut regulieren. Während unser pH-Wert bei rund 5,5 liegt, pendelt der vom Pferd zwischen 4,8 und 6,8. Damit ist die Haut – wie unsere – leicht sauer. Dieser Säureschutzmantel wehrt schädliche Keime ab, die in diesem Milieu nicht überleben.

Die darunter liegende Lederhaut besteht aus Bindegewebe mit Nerven und Blutgefäßen. Hier liegen Haarfollikel, aus denen die Haare wachsen, sowie Talg- und Schweißdrüsen. Die Drüsen dienen ebenso wie die Blutgefäße dazu, die Körpertemperatur zu regulieren: Schweiß kühlt im Sommer den Pferdekörper, während Talg ihn vor Regen und damit vor Kälte schützt. Indem es die Blutgefäße erweitert oder verengt, kann das zentrale Nervensystem ebenfalls die Wärmeabgabe steuern.

Die unterste Schicht schließlich, die Unterhaut, besteht aus Bindegewebe, Muskeln und Fettzellen. Letztere sind bei übergewichtigen Tieren prall gefüllt, was Reiter am Mähnenkamm, Widerrist und Schweifansatz gut erkennen können.

Zu viel Pflege schadet dem Mikrobiom der Haut

Gesichtscreme, Augenserum, Body Lotion: oft Standard im Badezimmerschrank von Reiterinnen. Für gesunde Tiere ist ein solches vorbeugendes Pflegearsenal nicht nötig. "Die beste Prophylaxe für gesunde Haut sind gute Fütterung und ausreichend Bewegung", sagt Dr. Ursula Mayer, Tierärztin und Hautspezialistin (Dipl. ECVD).

Zu viel Pflege oder die falsche Pflege können sogar der Pferdehaut schaden. Denn auf ihr leben unzählige Mikroorganismen. "Man spricht vom Mikrobiom der Haut", erklärt Dr. Mayer: Wer übermäßig cremt, shampooniert und ölt, könnte dieses empfindliche Gleichgewicht stören. Das passiert auch, wenn Pflegeprodukte vom pH-Wert der Pferdehaut abweichen (siehe Abschnitt "Cremes, Öle, Seifen & Spray"). Ist das Mittel zu basisch (pH-Wert größer 7), zerstört das auf Dauer das Mikrobiom. "Gute Pflegeprodukte entsprechen daher dem natürlichen pH-Wert der Pferdehaut", so Dr. Ursula Mayer.

Zwischen den Produkten hin und her springen sollten Reiter auch nicht: Je häufiger Pflegeprodukte gewechselt werden, umso höher ist das Risiko, dass Pferde auf einen der Inhaltsstoffe Kontaktreaktionen zeigen. "Hier unterscheidet man zwischen irritativen und allergischen Kontaktreaktionen", erklärt Dermatologin Dr. Ursula Mayer; diese könnten sich etwa in Hautrötungen und Hautentzündungen äußern. "Daher ist weniger Pflege die bessere Pflege."

Hautpflege im Sommer

An heißen und vor allem schwül-warmen Tagen sind unsere Pferde manchmal schon nach wenigen Minuten Bewegung verschwitzt. Das ist gut so; frischer Schweiß kühlt den Körper, sodass er nicht überhitzen kann. Getrockneter Schweiß hat hingegen keine Vorteile: Wo er ist, ist das Fell verklebt, womöglich auch die Talgdrüsen. Das schränkt den Schutzmechanismus der Haut ein und kann zu kleinen Talgpickeln führen.

Pferdehaut
Lisa Rädlein

Solche verklebten Stellen sollten Sie daher nach dem Training gründlich ausbürsten oder auswaschen; klares Wasser reicht meistens aus, Shampoo sollte pH-neutral sein. Weil auch zu häufiges Waschen die Haut anfälliger macht, halten Sie es auch hier mit der Devise: Weniger ist mehr.

Schutz gegen UV-Strahlen und Insektenstiche

Neben Schweiß setzt der Pferdehaut auch die UV-Strahlung zu. Sie kann bei sensiblen Tieren zu Sonnenbrand führen. Weide oder Auslaufflächen sollten daher unbedingt über ausreichend Schattenplätze verfügen; entweder in Form von natürlichen Schattenspendern wie Bäumen oder Hecken oder durch große Weidezelte. Unter Letzteren darf sich allerdings nicht die Luft stauen – und sie müssen Platz für alle Tiere in der Herde bieten. Wem das noch nicht reicht: Fliegendecken und -Masken verfügen oft über einen integrierten UV-Schutz – und bieten somit doppelten Schutz, neben dem eigentlichen Zweck der Insektenabwehr.

Denn auf Fliegen und Bremsen könnten unsere Pferde gerne verzichten: Sie nerven, können Krankheiten übertragen oder rufen durch ihre Stiche schmerzhafte Quaddeln hervor.

Das passende Insektenspray zu finden, ist aber manchmal nicht so einfach: Weil die Wirkung vom Schweiß und Geruch des einzelnen Pferds abhängt (weswegen so manches Spray beim Boxennachbarn wirkt, beim eigenen Vierbeiner aber nicht) – oder weil die Hersteller mitunter ihre Rezepturen anpassen und der neue Mix nun nicht mehr zum eigenen Pferd passt. Ums Ausprobieren kommen Reiter hier manchmal nicht herum.

Insektenstiche richtig behandeln

Und was tun, wenn das Pferd trotz Spray und Fliegendecke gestochen wurde? Am besten die Haut beruhigen und den Juckreiz lindern, den so ein Bremsenstich hervorrufen kann. Ein alter Hausmittelchen-Tipp: Wasser mit Apfelessig im Verhältnis 10:1 verdünnen und die Stichstellen damit betupfen. Das lindert den Juckreiz und hilft beispielsweise auch bei Nesselfieber (Urtikaria).

Doch Vorsicht: Weil Apfelessig auch Wespen anlockt, sollten Sie in Gebieten mit hohem Wespenaufkommen die Essigflasche lieber im Schrank lassen. Alternativ können Sie zu Pflegeprodukten greifen, deren Inhaltsstoffe Juckreiz lindern – dazu zählen etwa Aloe Vera, Brennnessel oder grüner Tee.

Hat sich das Pferd den Stich schon aufgekratzt, machen Desinfektionssprays (etwa mit kolloidalem Silber) möglichen Krankheitserregern darin den Garaus. Decken Sie offene Wunden nicht mit Cremes ab. Sonst besteht die Gefahr, dass Sie damit Bakterien einschließen – die sich dann erst recht vermehren und Entzündungen hervorrufen.

Hat sich die Hautschicht allerdings geschlossen, spricht nichts dagegen, die neugebildete Haut mit speziellen Pflegecremes oder -ölen zu unterstützen. Das bietet sich auch nach kleineren Fellabschürfungen an, die durch Rangeleien auf der Weide entstehen können. Die Pflegemittel spenden Feuchtigkeit, machen die Haut elastischer und regen das Fellwachstum an.

Hautpflege für Ekzemer

Sommerekzem ist ein tückischer Teufelskreis: Werden Ekzemer-Pferde von Kriebelmücken (Gnitzen) gestochen, reagieren ihre Körper auf den Insektenspeichel allergisch. Die betroffenen Hautareale entzünden sich. Das juckt, woraufhin sich die Pferde scheuern – teilweise, bis sie blutig sind. Die offenen Wunden, die so entstehen, jucken aber noch mehr, woraufhin sich die Pferde noch stärker scheuern. Im Extremfall entstehen so nässende Wunden, die nicht richtig abheilen.

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Pferde mit Sommerekzem müssen auf zweierlei Weisen vor diesem allergischen Teufelskreis geschützt werden: einerseits durch spezielle Ekzemer-Decken und -Masken, die vor den Stichen schützen. Und andererseits durch angepasste Pflege: "Ekzemer haben als Allergiker von Haus aus keine normale Hautbarriere mehr", erklärt Dr. Ursula Mayer. "Der Fettfilm, der zwischen den Keratinozyten liegt, ist in Ausprägung und Struktur vermindert. Beim Menschen weiß man, dass die Haut so mehr Wasser verliert und Allergene leichter eindringen können." Daher empfiehlt die Dermatologin, Ekzemer schon zu Beginn der Saison mit Pflegemitteln zu unterstützen.

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Lisa Rädlein

Sie hat gute Erfahrungen mit speziellen, auf Ekzemer abgestimmten Shampoos und Lotions gemacht. Die Shampoos könne man alle ein bis drei Tage verwenden; "das sorgt bei den Tieren für eine gewisse Erleichterung". Wichtig sei, direkt danach pflegend zu arbeiten, heißt: ins handtuchtrockene Fell eine Ekzemer-Lotion einzureiben. "Man muss nicht das komplette Pferd eincremen, aber auf jeden Fall die Stellen, die das Pferd jucken", so die Tierärztin – und ergänzt: "Leidet das Pferd massiv unter Ekzem, muss auf jeden Fall ein Tierarzt eingebunden werden."

Stoffwechselkrankheiten und Senioren

Schätzungen zufolge sind zehn bis zwanzig Prozent unserer rund 1,2 Millionen Pferde in Deutschland über 20 Jahre alt. Damit gelten sie als Senioren. Auch wenn so mancher Rentner mit den Jungspunden über die Weide tollt: Der Körper altert trotzdem, und das hat Folgen. Senioren können Nährstoffe nicht mehr so gut verwerten (siehe Abschnitt "Cremes, Öle, Seifen & Spray"), die die Haut für eine gesunde Funktion braucht. Wunden heilen oft schlechter, die Haut ist nicht mehr so elastisch "und kann auch dünner werden, aber das trifft meist nur bei sehr alten Tieren zu", sagt Tierärztin und Ernährungsspezialistin (Dipl. ECVCN) Dr. Anne Mößeler.

Pferdehaut
Lisa Rädlein

Auch Erkrankungen des Stoffwechsels wirken sich auf die Haut aus – meist sekundär. Beim Equinen Cushing Syndrom (ECS, auch pituitary pars intermedia dysfunction, PPID) produziert die Hirnanhangdrüse Hormone im Übermaß. "Bedingt durch die Stoffwechselprobleme wird auch die Fellqualität schlechter. Es können etwa übermäßig lange Haare auftreten, aber auch Haarausfall (Alopezien)", erklärt Dr. Ursula Mayer.

Durch den entgleisten Stoffwechsel lässt die Abwehrkraft des Immunsystems nach. "Weil die körpereigene Abwehr schwächelt, kippt auch das Gleichgewicht an Mikroorganismen auf der Haut, und es können Infektionen entstehen", erklärt die Dermatologin.

Beim Equinen Metabolischen Syndrom (EMS) ist der Stoffwechsel ebenfalls aus den Fugen geraten, "die Pferde sind quasi dauerhaft im Entzündungsmodus", so Tierärztin Dr. Anne Mößeler. Ihrer Erfahrung nach reagieren solche Pferde empfindlicher auf Einflüsse von außen und oft mit Hautproblemen oder -irritationen.

Bei Pferden mit ECS oder EMS muss die Fütterung genau abgestimmt sein (siehe auch CAVALLO 09/2022), damit sie mit allen nötigen Nährstoffen versorgt werden. Die braucht die Haut aller Pferde ohnehin ständig, um gut arbeiten zu können.

Hautpflege von innen: Passend füttern

Die Haut ist der Spiegel der Seele, heißt es oft. Bei Pferden müsste es lauten: Die Haut ist der Spiegel der Nährstoffversorgung. Gerät die aus der Balance und kippt in eine Über- oder Unterversorgung, zeigt sich das in Hautproblemen.

Beispiel Calcium und Phosphor: Erhält das Pferd über die Ration zu viel von einem oder beiden Mengenelementen, hat das auch Einfluss auf die Zink-Versorgung. Das Pferd kann das Spurenelement dann nicht mehr ausreichend verwerten. Fütterungsexperten sprechen von einem sekundären Mangel.

Zink ist jedoch unverzichtbar, damit die Epithel der Haut regenerieren kann. Erhält das Pferd davon grundsätzlich zu wenig (primärer Mangel) oder kann es eben aufgrund einer Nährstoffdysbalance nicht ausreichend verwerten, können die Folgen Schuppen, schlechte Wundheilung, Hautentzündungen, Juckreiz und Haarausfall sein. Ein Mangel an Kupfer hat trockene, juckende Haut zur Folge. Bei einer zu geringen Biotin-Versorgung wird das Fell spröde und glanzlos; es kann auch zu Ekzemen oder Verhornungsstörungen der Oberhaut kommen.

Ausreichend Vitamine braucht die Haut ebenfalls; erhält sie zu wenig Vitamin A, juckt sie, verliert Haare oder das Fell wird stumpf. B-Vitamine bildet das Pferd normalerweise selbst – genauer: dessen Mikrobiom im Darm. Ist aber deren Produktion im Pferde-Darm aufgrund von Erkrankungen gestört, steigt das Risiko für Hautprobleme wie Ekzeme.

Macht die Haut Probleme, sollten Reiter auch an die Versorgung mit ungesättigten Fettsäuren denken, sagt Ernährungsspezialistin Dr. Anne Mößeler: "Die essenzielle Omega-6-Fettsäure Linolsäure ist etwa als Bestandteil der Hautceramide von entscheidender Bedeutung. Diese natürlichen Inhaltsstoffe der Haut bilden die epidermale Barriere und regulieren den Wasserhaushalt."

Omega-3-Fettsäuren wie Linolensäure sind ebenfalls relevant: "Fehlt es an Linolensäure, kann es zu einem trockenen Haarkleid kommen, zu Parakeratosen, also einer Verhornungsstörung in der Haut, oder Haarausfall." Daher sollten Reiter die Ration überprüfen und berechnen, ob die Nährstoffversorgung im Gleichgewicht ist.

Schutz vor Sonnenbrand

Wie wir Reiter können auch empfindliche Pferde einen Sonnenbrand bekommen. Anfällig sind rosafarbene, nur mit wenig bis gar keinem Fell bedeckte Hautpartien wie Nüstern, Blessen oder Fesselbeugen. Gefährdet sind Rassen mit pigmentierter Haut (etwa Cremello oder Perlinos) sowie Tiere mit heller Fellfarbe. Abhilfe schaffen Decken oder Masken mit UV-Schutz. Wenn Sie zur Sonnencreme greifen, nehmen Sie eine speziell für Pferde; die ist auf den pH-Wert der Pferdehaut abgestimmt.

Sommer-Mauke

Mauke ist vermutlich jedem Reiter schon mal begegnet. Die Auslöser für die Dermatitis in der Fesselbeuge können zahlreich sein: genetische Faktoren (wie unpigmentierte Haut), Verhornungsstörungen, Feuchtigkeit, vernachlässigte Pflege, Allergien, Bakterien, Milben…

Die Sommer-Mauke (pastern leukocytoclastic vasculitis) ist eine Sonderform. Sie ist vermutlich immun-mediiert, sprich: Einflüsse von Außen versetzen das Immunsystem in Alarmbereitschaft. Im Falle der Sommer-Mauke könnte das durchs Sonnenlicht ausgelöst werden (photodynamisch aktiviert). Sie tritt an unpigmentierten Hautarealen und vor allem im Sommer auf. Die Hautstellen sind stark gerötet. Abgeklärt werden kann die Erkrankung durch eine Biopsie.

Cremes, Öle, Seifen & Spray

Hautpflege-Produkte fürs Pferd gibt es wie für uns Reiterinnen in unterschiedlichen Formen. Welche Vor- und Nachteile sie haben können:

Cremes sind meist fetthaltig, spenden Feuchtigkeit und binden die in ihnen enthaltenen Wirksubstanzen gut. Weil sie zielgenau dosiert werden können, sind sie etwa für verheilte Wunden ideal.

Öle enthalten per se keine Feuchtigkeit – aber sie sorgen über ihren öligen Schutzfilm dafür, dass Feuchtigkeit in der Haut bleibt. Den Effekt kennen Reiter von Hufölen und gewässerten Hufen. Spezielle Pflegeöle für die Haut liefern zusätzlich Feuchtigkeit.

Wer Seife im Übermaß anwendet, kann damit die natürliche Schutzschicht der Haut stören. Der Grund: Seife hat mit 8 bis 11 einen höheren pH Wert als der natürliche Schutzmantel der Haut (bei Pferden im Schnitt 6, bei Reitern ca. 5). Gesunder Haut macht das nichts; zu häufige Anwendung stresst sie aber. Seifen sollten daher dem pH-Wert der Pferdehaut entsprechen. Spezielle Produkte, die etwa bei Hautirritationen, Allergien oder Mauke helfen sollen, sind auf die Pferdehaut abgestimmt und enthalten oft rückfettende, hautpflegende Öle.

Sprays bieten sich vor allem bei großflächiger Verwendung an – insbesondere zum Insektenschutz.