Schimmelpilze im Raufutter, Endophyten auf der Weide, Nitrat im Trinkwasser, Giftpflanzen, Wurmkuren, Medikamente – der Katalog der Giftstoffe, die unsere Pferde unweigerlich immer wieder schlucken müssen, ist lang. Wie gut, dass es Entgiftungskuren gibt, die Schadstoffe aus dem Pferdekörper spülen. Doch was kann so eine Kur wirklich leisten, wann ist dafür der beste Zeitpunkt und was passiert da überhaupt im Pferdekörper?
Welches Pferdefutter ist mit Giftstoffen belastet?
Kein Pferd kommt durchs Leben, ohne immer mal wieder mit schädlichen Stoffen aus der Umwelt in Kontakt zu kommen. Vor allem im Futter lauern Gifte: In Raufutter und Getreide können Mykotoxine von Schimmelpilzen stecken; Gräser sind vermehrt von Endophyten-Pilzen befallen, die Toxine (Alkaloide) produzieren.
Auf der Weide oder im Heu können Giftpflanzen wie Herbstzeitlose oder Jakobskreuzkraut gefressen werden. Mit siliertem Raufutter, zum Beispiel Heulage, sammeln sich Milchsäurebakterien im Verdauungstrakt. Sie können die natürliche Darmflora (Mikrobiom) des Pferds durcheinanderbringen: Wichtige Bakterien im Dickdarm sterben ab und toxische Abfallprodukte entstehen.
Nimmt das Pferd zu viel Zucker, Eiweiß, Stärke oder Fett auf, wird der Entgiftungsstoffwechsel besonders strapaziert. Ebenfalls belastend: Nitrat aus Düngemitteln kann im Trinkwasser landen, und Schwermetalle aus der Umgebung oder Medikamenten gelangen in den Pferdekörper.
Wie funktioniert die natürliche Entgiftung beim Pferd?
Alle Schadstoffe sowie die Abfallstoffe, die durch das Absterben wichtiger Mikroorganismen im Darm entstehen, muss der Körper so schnell wie möglich abbauen und entsorgen. Dafür sind vor allem die Leber und die Nieren zuständig: In der Leber werden Toxine unschädlich gemacht und umgewandelt.
Das Endprodukt ist wasserlöslich und wird von den Leberzellen in den Blutstrom eingeschleust. Die Nieren filtern die von der Leber umgebauten Moleküle aus dem Blut und scheiden sie über den Urin aus. Ist dieser Prozess gestört, können Imbalancen bei Spurenelementen und Vitaminen auftreten. Zink, Magnesium, Kupfer, Selen und Mangan sowie die Vitamine A, C, E und B12 spielen im Entgiftungsstoffwechsel eine wichtige Rolle.
Was bringt sie aus dem Lot?
So weit, so gut. Die natürliche Entgiftung kann jedoch nur funktionieren, solange die Entgiftungsorgane genug Kapazitäten haben. Sind sie am Limit, bleiben Schadstoffe im Pferd. "Alle Giftstoffe, die Leber und Niere nicht rechtzeitig eliminieren können, werden eingelagert", erklärt Dr. Christina Fritz, Biologin und Pferdeernährungsexpertin. "Fettlösliche Abfallstoffe landen im Fettgewebe, wasserlösliche im Bindegewebe."
Pölsterchen, etwa am Mähnenkamm, aber auch Wassereinlagerungen wie dicke Beine können deshalb auch ein Hinweis darauf sein, dass der Entgiftungsstoffwechsel nicht mehr rundläuft. Weil die Schadstoffe vor allem in den Fettdepots gespeichert werden, sollte bei einer Reduktionsdiät auch immer die Entgiftung unterstützt werden: "Die eingelagerten Giftstoffe werden dann so plötzlich freigesetzt, dass die Entgiftungsorgane wiederum überlastet werden", so die Biologin.
Ein gesundes Pferd kann plötzliche Belastungen gut kompensieren. Ist der Giftstoffwechsel jedoch bereits seit längerer Zeit am Limit, kann ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen. Ein Heuballen schlechterer Qualität, eine Wurmkur oder ein Weidegang an einem frostigen und sonnigen Vormittag, an dem das Gras besonders viel Fruktane enthält, bringt das System dann zum Kippen – vor allem zu Zeiten, in denen der Stoffwechsel des Pferds ohnehin besonders strapaziert ist, etwa im Fellwechsel. Die Folgen zeigen sich in vielfältigen Symptomen: zum Beispiel Hautausschläge, Infekte, Leistungseinbrüche, brüchiges Hufhorn, stumpfes Fell, ein verlangsamter Fellwechsel oder sogar Hufrehe.
Warum haben viele Pferde vor allem im Winter Probleme, und wie können wir helfen?
Dass Symptome vor allem zum Winter auftreten, liegt daran, dass der Stoffwechsel dann besonders beansprucht wird. Zusätzlich zum Fellwechsel erfolgt in der Regel gleichzeitig die Umstellung von Weidegras auf Heu; das Bakterienmilieu im Verdauungstrakt des Pferds muss sich komplett umstellen. Im Winter ändert sich zudem die Haltungsform: Auf befestigten Ausläufen mit Heuraufen kommt es aufgrund des geringeren Platzangebots, vor allem an den Fressplätzen, zu mehr Rangeleien mit den Herdenkumpels. "Stress ist Gift für Pferde. Er wirkt sich auf den Stoffwechsel negativ aus", erklärt Dr. Christina Fritz.
Zeigt das Pferd dann plötzlich Symptome, lag davor schon länger etwas im Argen, betont die Biologin. In solchen Fällen bringe eine Entgiftungskur nur kurzfristigen Erfolg. Ihre Meinung: Eine Phytotherapie, also der Einsatz von Heilpflanzen bzw. pflanzlichen Präparaten, oder eine homöopathische Unterstützung könne zwar hilfreich sein. Doch in erster Linie müssten sich Pferdehalter darum kümmern, die Schadstoffbelastung für ihre Tiere möglichst gering zu halten.
Die wichtigsten Stellschrauben:
- Haltung,
- Bewegung und
- Ernährung.
Pferde brauchen genug Platz und eine funktionierende Herdenstruktur. Neben ausreichend Bewegung sei möglichst gutes Heu die wichtigste Basis, so Dr. Fritz, auf die dann die übrige Futterration, wie etwa das Mineralfutter, abgestimmt werden sollte.
Auch für die Fütterungsexpertin Dr. Christa Finkler-Schade ist die bedarfsgerechte Ernährung eine Grundvoraussetzung. "Viele Pferde werden über- oder unterversorgt. Deshalb halte ich es für unerlässlich, dass Pferdehalter Informationen über die Raufutterqualität haben, bestenfalls sogar die Inhaltsstoffe bestimmen lassen und die Ergänzungsfutterration der Raufutterqualität anpassen. Rationsberechnungen sollten die Grundlage der Fütterung darstellen; und wer dafür Hilfe benötigt, kann Experten zu Rate ziehen."
Wann sind Zusätze sinnvoll?
Die Fütterungsexpertinnen raten davon ab, einzelne Kräuter zur Unterstützung der Leber (z. B. Mariendistel, Artischocke, Schafgarbe) oder der Niere (z. B. Birkenblätter, Brennnessel, Fenchel), aber auch Spurenelemente, Vitamine oder Toxinbinder wie Vulkanminerale (Bentonit, Klinoptilolith, Zeolith) oder Algenpräparate (Chlorella, Spirulina) auf Verdacht zuzufüttern.
Diese oder entsprechende Kombi-Präparate sollten nur nach einer gründlichen Anamnese und einem medizinischen Befund – etwa einem Blutbild, das auf Imbalancen hinweisen kann – gezielt und nach Absprache mit dem Tierarzt eingesetzt werden. So könne man auch ausschließen, dass durch Wechselwirkungen, etwa unter den Spurenelementen, Über- oder Unterversorgungen auftreten oder sogar verstärkt werden.
Auch bei den Heilkräutern, die durchaus leber- oder nierenunterstützend wirken, sei Vorsicht geboten. "Alle Kräuterpflanzen enthalten pharmakologische Wirkstoffe, die bei einer Stoffwechselschieflage die Probleme noch verstärken oder Nebenwirkungen produzieren können", so Dr. Christina Fritz. "Das kann ein Laie oftmals kaum überblicken." Für die Tierheilpraktikerin Julia Hahlweg (tierheilpraxis-fuer-pferde.de) indes spricht nichts dagegen, handelsübliche Kräutermischungen oder gar Globuli mit D6 und D12-Potenzen und homöopathischen Kombi-Präparate selbst am Pferd anzuwenden.
"Die meisten Produkte können die Stoffwechselaktivierung anregen, sind aber in der Regel gering dosiert, dass man damit keinen Schaden anrichten kann", meint sie. Doch auch sie sagt: "Werden die grundlegenden Bedingungen, die den Pferdekörper belasten, nicht optimiert, verpufft der Effekt schnell wieder." Gleiches gilt für die Dauergabe: "Um einen Gewöhnungseffekt zu vermeiden, sollten Kräuterkuren immer nur kurweise über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen gegeben werden", so Hahlweg, "in therapeutischer Dosierung bekommen meine Patienten individuell zusammengestellte Kräuter zwei bis vier Monate lang."
Das größte Defizit sieht die Tierheilpraktikerin bei Freizeitpferden in der Bewegung: "Weil der Bewegungsbedarf selten über die Haltung gedeckt wird, muss ein Pferd im Training auch mal ordentlich ausgepowert werden", betont sie, "denn auch das kurbelt den Stoffwechsel an."
Wie der Körper filtert und verarbeitet
In der Leber werden Toxine unschädlich gemacht und umgewandelt. Das wasserlösliche Endprodukt wird in den Blutstrom eingeschleust und kann von den Nieren herausgefiltert werden. Unterstützende Kräuter: z. B. Mariendistel, Artischocke.
Die Nieren filtern die von der Leber umgewandelten Moleküle aus dem Blut und bereiten sie für die Ausscheidung über den Urin vor. Harntreibende Kräuter können die Nieren unterstützen: z. B. Birkenblätter, Brennnessel.
Fette, leichtverdauliche Kohlenhydrate (Stärke, Zucker) und Eiweiße werden im Dünndarm verarbeitet – sofern sie nicht überhand nehmen.
Zu große Mengen an Stärke, Zucker oder Eiweiß gelangen unverdaut in den Dickdarm, wo sie nicht hingehören. Das führt zu einer Veränderung der Darmflora. Wichtige Bakterien sterben ab. Dabei entstehen Giftstoffe.
Wenn das Gift im Heu steckt
Forscher des britischen Liphock Equine Hospital entdeckten jüngst einen Zusammenhang mit giftigen Schimmelpilzprodukten (Mykotoxinen) im Heu und Lebererkrankungen bei Pferden. Mehr als 80 Prozent der untersuchten Heuproben waren mit Mykotoxinen belastet. Unter diesen fiel Fumonisin B1 als das einzige Mykotoxin auf, das in signifikant höheren Konzentrationen als in Kontrollproben aus Ställen mit gesunden Pferden gefunden wurde.
Immer mehr Mykotoxine lauern auf der Weide: Eine Studie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigte, dass Pilzgifte auf Weiden zunehmen, je höher die Temperaturen steigen. Sie vermuten, dass der Klimawandel die Ausbreitung von Mykotoxinen begünstigt.
Hygienisch astrein kann Heu als Naturprodukt nicht sein. Wie können wir eine möglichst gute Qualität gewährleisten? Das Heu sollte trocken eingefahren und gelagert werden. Bei einem zu späten Schnitt nach der Blüte sind Pflanzenhalme möglicherweise bereits vor der Ernte verpilzt. Pilzsporen und Keime im Heu lassen sich Studien zufolge durch Bedampfen stark reduzieren. Mykotoxine allerdings bleiben erhalten: Die Schimmelpilzgifte sind hitzeresistent.
Aufschluss über die Heuqualität gibt eine Laboruntersuchung. Bei den Landwirtschaftskammern können Sie Keime, Pilze und Mykotoxine Ihrer Heuprobe bestimmen lassen (Kosten rund 40 Euro). Informationen beispielsweise unter: lufa-nord-west.de.