Pferde erkennen Artgenossen am Wiehern. Vertrauten Menschen ordnen sie die richtige Stimme zu – selbst wenn diese vom Band abgespielt wird. Und sie lesen sogar an unserer Tonlage ab, ob wir gut oder schlecht gestimmt sind. Diese Fähigkeit der Tiere können wir beim Reiten und im Umgang nutzen – und dabei geht noch viel mehr, als nur mit der Stimme zu arbeiten. Schon mal dem Pferd etwas mit Pfiff beigebracht? Training mit Tönen macht Spaß, fördert die Intelligenz und hilft im Alltag mit dem Pferd – etwa beim Einparken an der Aufstieghilfe.
Pferde sind auditive Wesen
Als Fluchttiere haben Pferde ihre Lauscher ständig auf Empfang. Die Tiere horchen auf ihre Umgebung und produzieren selbst viele verschiedene Laute. „Pferde sind alles andere als stumm. Sie schnauben, brummeln, wiehern und quietschen“, sagt Dr. Vivian Gabor. Ge- räusche sind laut Gabor, Verhaltensforscherin an der Uni Göttingen, für die Tiere ein natürliches Kommunikationsmittel.
Deshalb liegt es nahe, Töne auch fürs Lernen mit dem Pferd einzusetzen. „Wir können Pferde mit Geräuschen konditionieren“, erklärt die Wissenschaftlerin und Trainerin. Das heißt: Wir bringen dem Pferd bei, dass Geräusche Bedeutungen haben. Der Klassiker sind Stimm-Signale wie „Haaaalt“ oder „Gib Huf“. Wie viele Kommandos Pferde unterscheiden können, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt.
Versuche zeigen lediglich, dass es ungefähr zwischen fünf und 90 Begriffe sind. Auch Laute wie Pfeifen, Schnalzen und Küsschen sind Hilfsmittel fürs Training. Das Forschungs-Team um Dr. Vivian Gabor widmet sich gerade der Frage, ob Pferde Abfolgen von verschiedenen Tönen auseinanderhalten können. „Erste Versuche lassen das vermuten“, verrät die Expertin. Neugierig, wie viele Geräusche Ihr Pferd unterscheiden kann? Vivian Gabor zeigt Ihnen auf den nächsten Seiten Schritt für Schritt, wie das mit Methoden aus der Forschung funktioniert. Wir sind gespannt, wie gut Ihr Pferd horcht. Schreiben Sie Ihre Ergebnisse an: redaktion@cavallo.de
So wird Ihr Pferd Oberlauscher!
Quaken heißt: Geh zum Frosch! Testen Sie mit diesen Methoden aus der Forschung, wie viele Geräusche Ihr Pferd mit einem Kommando verknüpft. Das fördert die Lernfähigkeit und ist auch eine tolle Sache zum Vorführen.
Der Versuch
Material: verschiedene Kuscheltiere, Smartphone (mit Tiergeräusche-App), Lautsprecher, Leckerlis.
1. Lernziel: Wenn du etwas hörst, geh hin und stupse es an!
Platzieren Sie den Lautsprecher hinter einem Kuscheltier.

Verbinden Sie Ihr Smartphone mit der Lautsprecherbox.

Führen Sie das Pferd an eine Startlinie (4 bis 5 Meter vom Kuscheltier entfernt). Spielen Sie dem Pferd das Quaken eines Froschs vor. Wichtig: Verwenden Sie immer das gleiche Quaken – dafür ist eine Tiergeräusch-App super. Helfen Sie dem Pferd anfangs und führen es in dem Moment auf den Frosch zu, in dem das Geräusch ertönt. Legen Sie als Motivation, sich dem Frosch zu nähern, ein Leckerli nah ans Kuscheltier. Pferde berühren Neues gerne mit der Nase.

Stupst das Pferd das Kuscheltier also an, bestätigen Sie dies mit einem Lobwort wie „fein“. Hat Ihr Pferd diese Aufgabe gelernt (siehe Erklärung dazu unten), bringen Sie ihm mindestens ein weiteres Stofftier mit dem zugehörigen Geräusch bei: beispielsweise Elefant und „Törööö“.

2. Lernziel: Unterscheide mehrere Geräusche
Setzen Sie den Elefanten neben den Frosch. Der Lautsprecher steht mittig dazwischen.

Spielen Sie dem Pferd ein Tiergeräusch vor (entweder „Töröö“ oder Quaken). Bestätigen Sie das Pferd sofort mit Lob oder Leckerli, wenn es das zum Geräusch passende Stofftier angestupst hat.
Wann gilt die Aufgabe als gelernt?
Aus wissenschaftlicher Sicht gilt, dass Ihr Pferd die Geräusche zuordnen kann, wenn es an zwei aufeinander folgenden Tagen zu 80 Prozent (in 8 von 10 Durchläufen) das korrekte Tier angestupst hat. Üben Sie nicht länger als 30 Minuten an einem Tag. 10 bis 20 Durchgänge am Stück reichen. „Pausen sind wichtig, damit Pferde das Gelernte verarbeiten können“, erklärt Dr. Vivian Gabor.
2. Alltags-Übung einparken mit Pfiff

Signale sind beim Einparken mit Autos hilfreich und auch beim Einparken mit Pferden – etwa an der Aufstieghilfe. Dafür stehen Sie auf dem Podest, das Pferd steht vor Ihnen. Es soll sich seitlich zum Podest drehen. Zeigen Sie dafür auf die Flanke, die seitlich weichen soll (hier rechte Flanke des Pferds) und pfeifen zugleich. Reagiert das Pferd nicht, touchieren Sie die Stelle leicht mit einer Gerte. Bewegt sich das Pferd wie gewünscht, beenden Sie jeglichen Reiz und loben. So versteht das Pferd, dass sein Verhalten richtig ist. Bald wird es allein auf Pfiff reagieren. Tonkommandos wie Pfeifen sind in der Intensität nicht steigerbar. „Lauteres Pfeifen bringt nichts“, sagt Dr. Gabor. Hat das Pferd vergessen, was es auf Pfiff tun soll, erklären Sie es ihm erneut mit Fingerzeig und Touchieren.
Schlaue Pferde – was sie wirklich können – CAVALLO Im Gespräch mit Prof. Dr. Konstanze Krüger
Reiter wissen es schon lange – Pferde haben erstaunliche mentale Fähigkeiten. Man denke nur mal an Riegel vor Boxen oder Futterkisten, die von unseren Vierbeinern geöffnet werden. Pferde lernen vor allem durch Beobachtung von anderen Herdenmitgliedern oder auch uns Menschen. Diese Gewitztheit fasziniert auch Forscher: In der ersten Folge unseres CAVALLO-Podcasts unterhalten wir uns mit Konstanze Krüger, Professorin für Pferdehaltung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, über die mentalen Fähigkeiten von Pferden. Denn in ihrem Buchprojekt „The Beautiful Equine Mind“ sammelt die Forscherin genau solche Erlebnisse und erklärt, was hinter den geistigen Fähigkeiten der Pferde steckt.
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