Pferde sind meist still. Und doch sprechen sie die ganze Zeit. Wirklich? Ja, in der Tat: Ein Blick, eine Bewegung, eine Berührung – so senden Pferde Signale in Sekunden. Die Fluchttiere sind Meister der schnellen Kommunikation. Doch an uns Reitern rauscht die Nachricht oft vorbei. Genauso passiert es, dass wir Reiter dem Pferd mit unserer Körperhaltung etwas mitteilen – aber es überhaupt nicht merken. Missverständnisse sind die Folge. Und die können Frust und Auseinandersetzungen verursachen. Wie lässt sich so etwas vermeiden?





Pferden senden Signale in Sekundenschnelle
Pferde sind meist still. Und doch sprechen sie die ganze Zeit. Wirklich? Ja, in der Tat: Ein Blick, eine Bewegung, eine Berührung – so senden Pferde Signale in Sekunden. Die Fluchttiere sind Meister der schnellen Kommunikation. Doch an uns Reitern rauscht die Nachricht oft vorbei. Genauso passiert es, dass wir dem Pferd mit unserer Körperhaltung etwas mitteilen – aber es überhaupt nicht merken. Missverständnisse sind die Folge. Und die können Frust und Auseinandersetzungen verursachen. Wie lässt sich so etwas vermeiden?
Kennen Sie solche Momente mit dem Pferd, wo Ihnen ein Licht aufgeht? Plötzlich ist es glasklar: Ach, das willst du mir sagen! So ging es neulich CAVALLO-Redakteurin Linda Krüger. Sie fand heraus, warum ihre Quarterstute ihr an einem Wintertag besonders tief in die Augen schaute. Ja, das Pferd starrte sie geradezu an. Das machte Glenda doch sonst nicht. Was wollte die Stute nur? Die Tränke war eingefroren! Um das zu zeigen, blieb die clevere Stute wie angewurzelt genau dort stehen – und nahm Augenkontakt zur Besitzerin auf. Die hatte gerade erst in einer neuen Studie gelesen, wie stark Pferde über Blicke kommunizieren. Ihre Aufmerksamkeit war geweckt. Und dann verstand sie. Das Pferd sagte ihr: Hey, ich habe Durst. Die Botschaft rauschte nicht vorbei; stattdessen rauschte bald Wasser in den Eimer.
Die Geschichte zeigt: Wissen hilft, Aha-Momente zu erleben und das Pferd besser zu verstehen. Damit wir Reiter uns noch besser verständlich machen können, müssen wir zuerst klar erkennen, auf welche Art Pferde eigentlich kommunizieren.
Missverständnisse sind unter Pferden selten
Die Tiere diskutieren in der Herde nicht, sie handeln. Sie geben sich klare Zeichen über Bewegungen, Gestik, Mimik und Blicke. Will der Herdenchef etwa an einem bestimmten Platz grasen, reicht oft schon ein Blick – und der Rangniedrige weicht aus. Reagiert ein Herdenkollege nicht auf feine Signale, kommt eine deutlichere Ansage und im Zweifel auch ein Biss oder Tritt.
Laute spielen für die Verständigung in der Herde kaum eine Rolle – auch wenn Pferde in Filmen ständig wiehern. Logisch: Für Fluchttiere sind Töne verräterisch. Der Feind hört mit. Deshalb wiehern Pferde nicht viel. Wichtig ist die Stimme dennoch, vor allem, um sich auf lange Distanz zu verständigen. "Pferde erkennen sich gegenseitig und auch uns Menschen an der Stimme", sagt Tierärztin Dr. Katherine Albro Houpt aus den USA. Pferde gehören übrigens zu den wenigen Säugetieren, die zwei Stimmen gleichzeitig produzieren. Sie stimmen mit einem hohen Ton ein, dann kommt ein tiefer hinzu. In den Tönen stecken Infos über Identität, Emotionen und sogar über körperliche Kraft. "Wiehert ein Rivale auf tiefer Frequenz, wissen Hengste: Der ist stark", erklärt Houpt.





Und wie kommunizieren Pferde mit Menschen?
Sie nutzen natürlich das komplette Repertoire der Pferdesprache, mit der sie sich auch untereinander verständigen. Doch das ist längst nicht alles, was die vierbeinigen Kommunikationskünstler drauf haben. Die menschliche Körpersprache interpretieren? Für Pferde kein Problem. Im Laufe ihres Lebens lernen die Tiere, unsere Gesten, Mimik und Stimmkommandos immer besser zu deuten: Sie verstehen tatsächlich unsere Sprache – und reagieren darauf. Verhaltensexperten gehen davon aus, dass sie so lern- und anpassungsfähig sind, weil sie soziale Tiere sind. Und ziemlich kluge sowie erfinderische Kommunikationspartner, wie neue Forschungen zeigen.
Pferde mutzen sogar Symbole, um sich mitzuteilen. Und zwar bei einer ganz alltäglichen Frage: Decke drauf oder runter? Norwegische Forscher trainierten 23 Pferde zuerst mit positiver Verstärkung über Leckerchen darauf, Symbole zu unterscheiden und mit dem Maul anzutippen. Dann lernten die Vierbeiner, dass die Symbole drei unterschiedliche Bedeutungen haben: "Decke an", "Decke ab" und "nichts verändern". Jetzt folgte die spannende Probe aufs Exempel: Die Forscher setzten die Pferde unterschiedlichen Wetterbedingungen aus. Würden sie die Symbole nutzen, um ihre Deckenbedürfnisse mitzuteilen?
Tatsächlich, die Tiere taten es! Ein genialer Weg, um sich hitzige Deckendiskussionen mit Stallkollegen zu sparen.
Pferde machen den Besitzer aufmerksam
Richtig erfinderisch werden Pferde, wenn sie uns etwas sagen wollen – wir aber gerade nicht aufpassen. Denn Pferde können einschätzen, ob der Mensch ihnen zuhört oder nicht. Sie lesen aus Körperrichtung, Blick und Kopfposition, wie aufmerksam ihr Besitzer ist – und tun einiges, um ins Gespräch zu kommen.
Forscher zeigten Pferden Leckerlis und ließen diese dann außer Reichweite des Pferds in einen Eimer verschwinden. Kurz darauf kam eine Bezugsperson. Was geschah? Die Pferde legten sich richtig ins Zeug, um zu verdeutlichen: Ich will dir was sagen! Sie liefen zum Reiter, berührten ihn mit der Nase, nickten und schleuderten den Kopf. Klappte eine Strategie nicht, probierten sie eine andere. Schien der Besitzer endlich aufmerksam, ließen die Pferde ihre Blicke zwischen Mensch und Futtereimer hin- und herwandern, als wollten sie sagen: Bring mir den Eimer!
Blicke und Mimik des Pferds sprechen Bände
Und nicht nur Wünsche stehen Pferden ins Gesicht geschrieben, sondern auch Leid. Tierärzte nutzen daher neuerdings die Mimik, um Schmerzen bei Pferden besser einzuschätzen. Sie entwickelten eine Skala, mit der sie an Augen, Nüstern und Kaumuskeln den Schmerzgrad deuten, das sogenannte "Horse Grimmace Scale".
Pferde lesen umgekehrt auch in unseren Gesichtern. Laut britischer Studie können sie genau unterscheiden, ob ein Mensch böse oder freundlich schaut. Das Pferd erkennt, ob wir es mit einem sanften Blick zu uns einladen oder es mit dem bösen Schwiegermutterblick auf Distanz halten wollen. Augenkontakt ist für Pferde sogar wichtig, um vertraute Personen wiederzuerkennen! Das Anschau-Verbot, das immer mal wieder durch Ställe geistert, sollte dank der neuen Erkenntnisse endlich überholt sein.
Was das für uns Reiter bedeutet? Wir haben es mit sensiblen Gesprächspartnern zu tun, die uns viel zu sagen haben – wenn wir hinhören und hinschauen. Und wir können mit ihnen fein kommunizieren. Unsere Anregungen und Trainings-Tipps ab Seite 26 helfen Reitern, sich möglichst verständlich auszudrücken – damit sich Pferd und Mensch richtig gut verstehen.





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