Mensch, Pferd, Hund und Maus – alle tun es, hemmungslos: Die Jüngeren häufiger als die Älteren, Männchen haben einen stärkeren Trieb als Weibchen, und die Sonne im Frühjahr weckt die Lust daran. Wovon hier die Rede ist? Na, vom Spielen natürlich!
Spielen liegt Säugetieren in den Genen. Die angeborene Spiellust von Pferden können Reiter fürs Training nutzen. Für Grand-Prix-Reiterin Alizée Froment etwa ist Spiel ein Grundpfeiler, um Pferde für die Dressur zu motivieren. Sie fängt möglichst früh an, mit ihren Nachwuchspferden zu spielen – etwa bei der Bodenarbeit. „Je eher ich Spiele in die Ausbildung einbaue, desto leichter fällt alles“, sagt die Französin.
Spielen stärkt die Bindung zum Pferd
Die gemeinsame positive Beschäftigung sorgt für Freude, verbessert die Kommunikation und damit das gegenseitige Verständnis. Damit das Spiel nicht zur Gefahr wird, ist es wichtig zu wissen, wie Pferde spielen und welche Regeln gelten. Laut Verhaltensforschern ist Spielen für viele Tiere ein fundamentales Bedürfnis: Der Spieltrieb scheint in Regionen des Gehirns verankert, die das Überleben sichern.
So spielen Fohlen etwa vom ersten Tag an. Sie beißen der Mama neckisch in den Hals und fordern sie damit zum Toben auf. Im Alter von vier bis sechs Wochen spielen Fohlen bis zu drei Mal pro Stunde – die Spiellust befindet sich auf dem Höhepunkt. Später zeigen sie das Verhalten seltener, aber die meisten Pferde bleiben bis ins hohe Alter fröhliche Spielernaturen.
Was heißt Spielen eigentlich genau?

„Für Pferde gilt die gleiche Definition wie für Menschen“, sagt Prof. Gordon Burghardt von der Tennessee Universität in den USA. Er gehört zu den emsigsten Spielforschern im Tierbereich. Der Experte erarbeitete fünf Kriterien, die Spielverhalten definieren:
- Spielen hat keinen unmittelbaren Nutzen
- Spiel entsteht aus innerem Antrieb
- Spiele variieren in Zeitablauf und Aufbau
- Spiele sind wiederholbar
- Spiele finden in einem entspannten Umfeld statt.
Das bedeutet einerseits, dass Spielen nie unter Zwang stattfinden kann und die Rahmenbedingungen stimmen müssen. Andererseits stellt sich die Frage: Wenn es keinen unmittelbaren Nutzen verspricht, warum spielen Pferde dann überhaupt?
Im Spiel proben Pferde, was geht - und was nicht. Sie rennen um die Wette, kämpfen mit dem Kumpel und buckeln übermütig. Immer frei nach dem Motto: Entdecke die Möglichkeiten! Pferde üben spielerisch Bewegungen, erkunden Gegenstände, messen ihre Kräfte und lernen Grenzen kennen. Bereits im Alter von vier Wochen spielen Stuten anders als Hengste. Hengste bevorzugen Kampfspiele. Stuten kraulen sich lieber oder laufen nebeneinander her.
„Spielen stärkt soziale Bindungen“, sagt Gordon Burghardt. Pferde lernen dadurch, sich leichter im Sozialgefüge der Herde zurechtzufinden. Spiel ist also mehr als ein zweckloser Zeitvertreib: Es fördert die Entwicklung.
Forscher sind überzeugt: Spielen macht schlau
Ein australischer Neurologe fand in einer Studie mit Menschenaffen heraus: Das Wachstum des Gehirns steht im Zusammenhang mit der Zeit, die ein Tier mit Spielen verbringt. Bei einem weiteren Versuch ließ der Forscher 15 Säugetierarten hemmungslos spielen. Es zeigte sich: Je größer das Gehirn der Tiere, desto häufiger und kreativer spielten sie. Spielen ist also ein Zeichen für Grips.
Bevor Reiter mit Pferden spielen, sollten jedoch die Regeln des Zusammenlebens geklärt sein. „Das Pferd muss den persönlichen Freiraum des Menschen akzeptieren“, sagt Berni Zambail, Parelli-5-Sterne-Master Instruktor aus Untersiggenthal/Schweiz. Wenn das gegeben ist, dürfen Sie Ihr Pferd auch mal zum Wettrennen auffordern. Wichtig: Entwickeln Sie keinen falschen Ehrgeiz. Das Pferd darf auch gewinnen. „Nehmen Sie es zudem nicht persönlich, wenn das Tier mal keine Lust auf Spielen hat“, so der Ausbilder.
Was Pferde gerne spielen, ist nämlich auch eine Frage der Persönlichkeit. Lauffreudige Typen mögen vielleicht Bewegungsspiele. Berni Zambail baut solche etwa ins Longieren ein: Anstatt das Pferd nur im Kreis laufen zu lassen, stellt er Tonnen auf dem Zirkel auf und lässt das Pferd gezielt dort stoppen oder im Slalom laufen. Mit solchen Spielen kann der Mensch seine eigene Körpersprache schulen und die Kommunikation mit dem Pferd verbessern. „Es ist aber wichtig, im Spiel ganz klare Signale mit dem Körper zu geben und die eigene Energie zu kontrollieren“, weiß Dressurausbilderin Alizée Froment. Ihr Tipp: Fragen Sie beim Spielen genau wie beim Reiten erst etwas Leichtes ab und steigern dann den Anspruch Schritt für Schritt.
So spielen Pferde

Bei ängstlichen Pferden setzt Berni Zambail eher auf Beschäftigung fürs Köpfchen. Die Pferde dürfen etwa Gegenstände wie einen Ball erkunden. Wer die Neugier wecken möchte, rollt den Ball zunächst vom Pferd weg. Wenn das Tier möchte, darf es den Gegenstand mit der Nase erkunden. Kommt dann im richtigen Moment das Lob, lernen Pferde schnell, dass sie den Ball auch anschubsen können.
Beschäftigung fürs Köpfchen bieten zudem Intelligenzspiele, bei denen ein Pferd sich etwa merken muss, unter welchem Eimer der Reiter ein Leckerli versteckt hat.
Manchmal spielen Pferde auch mit uns Reitern, ohne dass wir es merken. „Das Spiel der Spiele für Pferde ist nämlich: Wer bewegt wen?“, meint Berni Zambail. Eines seiner Pferde etwa schmiss immer die Putzkiste um, sobald sich der Ausbilder entfernte. „Wenn ich diese dann wieder eingeräumt habe, hat der Wallach regelrecht gegrinst.“ Der Ausbilder drehte den Spieß um und beschäftigte das Pferd vermehrt mit Spielen im Training. So erhielt es die gewünschte Aufmerksamkeit – aber nach den Regeln des Trainers.
Mit einem Lob von Herzen motiviert der Trainer die Pferde. „Wenn das Pferd etwas gut gemacht hat, geben sie ihm das Gefühl, das sei für Sie wie ein Sechser im Lotto“, sagt Berni Zambail. Neben Lob sind Pausen für das Pferd willkommene Belohnungen. Spiel, Spaß, Entspannung lautet das Motto. In diesem Sinne: Lasst die Spiele beginnen!
Diese Art von Spielen gibt es
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