Dressur-Ausbilderin Kathrin Brunner-Schwer: So lebt sie

Porträt einer Dressur-Ausbilderin
Kathrin Brunner-Schwer: Im Herzen Portugiesin

Zuletzt aktualisiert am 11.03.2025
Stute Pippi schmust mit Kathrin Brunner-Schwer
Foto: Rädlein

Die Tür geht auf – wir ahnen schon, was auf uns zukommt. Bevor wir unserer heutigen Gastgeberin die Hand reichen können, stürmt eine Meute an uns vorbei in den Innenhof und feiert spontan eine kleine Party. Und dann läuft es ab wie in jedem Haus, wo Hunde wohnen. Man muss zuerst den feuchten Hundeschnauzen die Hand hinstrecken. "Die sind alle aus dem Tierschutz", sagt Kathrin Brunner-Schwer.

Wohnen mit Hunden und Pferden

Wir folgen den trappelnden Hundepfoten die knarzende Holztreppe hinauf. An den Wänden hängt eine Sammlung voller Erinnerungen. Bilder von Pferden. Im Portrait, unter dem Sattel, auf der Weide. Schnipsel aus der bewegten Vergangenheit einer Reiterin. Wie viele andere, die ihr Hobby zum Beruf, wenn nicht sogar zur Berufung gemacht haben, hat sie lange nach dem richtigen Weg gesucht. Kathrin Brunner-Schwer hat sich dafür auf die Reise gemacht. Nach Portugal. Bei der Familie des legendären Reitmeisters Nuno Oliveira hat sie gefunden, wonach sie gesucht hat – und sogar noch mehr.

Kathrin Brunner-Schwer mit ihren drei Hunden im Wohnzimmer
Rädlein

Vom Wohnzimmer blicken wir hinunter in den Garten. Nein, eigentlich kein Garten. Hier wohnen die Pferde. "Mein kleines Paradies", sagt die Dressurausbilderin. Das Haus hat sie 2013 entdeckt. Als der Vermieter ihr das Grundstück zeigte, sagte sie sofort zu. Hauptsache, viel Platz für die Hunde, ihre beiden Pferde und Esel Doudou – auch ein Notfall, der bei ihr ein Für-immer-Zuhause gefunden hat.

Offenstall und Reitplatz waren schon da, aber das ganze Gelände, zwei Hektar groß, war zugewachsen und voller Sperrmüll. "Ich habe unzählige Container gefüllt, bevor ich renovieren konnte", erzählt Pferdefrau Kathrin Brunner-Schwer.

Zwei Pferde und ein Esel in einem Offenstall
Rädlein

Damals zog sie mit einer anderen Mannschaft hier ein. Ihre beiden Hengste leben nicht mehr. Um ihren Araber Graminho trauert sie noch heute – ihr Herzenspferd. Sie sah ihn zum ersten Mal, als sie ihren ehemaligen Partner Gonçalo Oliveira, den Enkel von Nuno Oliveira, zum Lusitano-Fest nach Golegã begleitete. Die Tochter des Reitmeisters Luis Valença hatte ein besonderes Pferd dabei. Ein reiner Araber zwischen lauter Lusitanos. Kathrin Brunner-Schwer hatte nur noch Augen für dieses Pferd. Es stand zum Verkauf. Als Familie Valença zuhause war, durfte sie den Hengst reiten. "Ich bin abgesessen und habe gesagt: Den will ich haben." "Wenn du ihn nimmst, bekommst du ihn günstiger", war die Antwort. Am nächsten Tag saß sie im Flieger nach Deutschland, nahm einen Kredit bei ihrer Bank auf und flog gleich wieder nach Portugal, um Herrn Valença eine Tüte mit vielen Scheinen auf den Schreibtisch zu legen.

Herzenspferd mit Rampenfieber

"Graminho war ein Ausnahmepferd", schwärmt Dressurausbilderin Kathrin Brunner-Schwer. "Je mehr Publikum, desto mehr drehte er auf. Anfangs hatte ich damit meine Schwierigkeiten." Sie erinnert sich an ihre erste Show mit ihm: "Ich wollte Spanischen Trab, aber er fand sich im Galopp viel schöner. Er galoppierte fast auf der Stelle und hörte mir gar nicht zu. Alle haben gejubelt, nur ich nicht." Wieder zuhause, bekam Kathrin Brunner-Schwer einen Tipp von ihrer Tierärztin: "Gib ihm Globuli." Ob es nun die Kügelchen waren oder einfach die Tatsache, dass eine Pferdepersönlichkeit wie Graminho mit seiner Reiterin erst warm werden muss – es dauerte jedenfalls nicht lange und der Hengst ließ sich auch mal was sagen, wenn er im Rampenfieber war. Und wenn doch nicht, wusste Kathrin Brunner-Schwer ein weiteres Rezept: das Schulterherein. Das Aspirin der Reitkunst, wie Nuno Oliveira sagte. "Es bringt die Pferde wieder zu sich, körperlich und mental. Die Lektion hat mich schon oft gerettet, wenn ein Pferd nicht mehr ansprechbar war. Aber", betont sie, "das Schulterherein, wie wir es kennen, bringt gar nichts. Auf vier Hufspuren muss man es reiten, nicht auf drei."

Nahaufnahme eines Pferdebeins mit einem roten Bändchen um die Fessel.
Rädlein

Die Reitkunst nach Nuno Oliveira hat Kathrin Brunner-Schwer erst als junge Frau kennengelernt. Als Sechsjährige lernte sie Reiten auf Pony Max, später wechselte sie in den Reitverein. "Wie steif diese armen Pferde waren", erinnert sie sich. Für einen neuen Job zog sie nach Baden-Baden und ritt in ihrer Freizeit auf Mietpferden durchs Elsass. "Das hat mir gefallen", sagt Kathrin Brunner-Schwer. Mit 30 Jahren kaufte sie ihr erstes eigenes Pferd, das sie nur im Gelände ritt. Der Verkäufer, in dessen Stall sie den Wallach weiter eingestellt hatte, schwärmte von Nuno Oliveira und steckte sie an.

"Wir kamen auf die verrückte Idee, Lusitanos zu züchten", erzählt Kathrin Brunner-Schwer. Sie kaufte einen Hengst, zwei Stuten und ein Haus im Elsass. Und eines Tages konnte Kathrin Brunner-Schwer an einem Kurs mit João Oliveira teilnehmen, Nuno Oliveiras Sohn. "Diese drei Tage waren die Hölle", sagt sie heute. "Nichts gelang. Je mehr ich wollte, desto schlimmer wurde es." Eigentlich habe sie alles hinschmeißen wollen, aber dann fiel der Satz: "Du reitest bitte das Travers nochmal. Dein Pferd hat sich dabei nicht wohlgefühlt." Das war ein neuer Ansatz, der ergab Sinn!

Es war Gonçalo Oliveira, Joãos Sohn, der für weitere Aha-Erlebnisse sorgte. Er hatte kurz danach die Kurse seines Vaters im Elsass übernommen. Kathrin Brunner-Schwer biss auf die Zähne und blieb dran. Sie schickte ihren Hengst zur Ausbildung zu Gonçalo nach Portugal. Alle zwei Monate flog sie für drei bis vier Tage hin, um ihr Pferd – und Gonçalo zu besuchen. Die beiden verliebten sich. Als Gonçalo zu ihr ins Elsass zog, lernte sie Sue Oliveira, die Schwiegertochter des Reitmeisters kennen, die jahrelang seine Schülerin und rechte Hand war. Sie kam regelmäßig für Kurse auf die Reitanlage, die Kathrin Brunner-Schwer und Gonçalo Oliveira von 1998 bis 2004 in Baden Baden betrieben, bis sie sich trennten und die Anlage verkauft wurde. "Sue war meine wichtigste Lehrmeisterin", sagt Brunner-Schwer.

Kathrin Brunner-Schwer lacht ihrem Pferd Pippi entgegen
Rädlein

Stute statt Hengst: neue Herausforderung für Brunner-Schwer

Das wichtigste Pferd ist aktuell eine Stute. Araberin Pippi ist für Kathrin Brunner-Schwer der wiedergeborene Graminho. Beim Probereiten fühlte sie sich, als würde sie auf ihrem geliebten Hengst sitzen. "Ich musste mich dennoch daran gewöhnen, wie es ist, eine Stute zu reiten", gibt Kathrin Brunner-Schwer zu. "Ein Hengst fragt, ob er mir einen Kaffee bringen darf. Die Stute sagt, hol dir den Kaffee selbst." Kaum zu glauben, so wie beide aneinander kleben, als wir sie im Offenstall besuchen. Pippi hat nur Augen für ihre Besitzerin.

Kathrin Brunner-Schwer mit ihren beiden Füchsen und einem Esel
Rädlein

Und was macht Kathrin Brunner-Schwer mit ihrem Oliveira-Wissen? Der Schritt von ihrem Ponyhof raus in die reale Pferdewelt fällt ihr oft schwer. "Ich gebe jetzt wieder Unterricht", sagt sie. "Aber nicht mehr bei Sportreitern. Das geht nicht zusammen." Letztens war sie bei den German Masters in Stuttgart, um zu dokumentieren, wie die Pferde auf Dressurprüfungen vorbereitet werden. "Live ist das Tierleid viel schwerer zu ertragen als auf Fotos." In ihrem kleinen Paradies kann sie Kraft tanken für neue Projekte zum Pferdewohl, die sie als Journalistin unterstützen möchte. "Vielleicht übersetze ich mein Lieblingsbuch von Oliveira. Das wäre wirklich ein großer Gewinn für jeden Reiter."

Kathrin Brunner-Schwer im Porträt
Kathrin Brunner-Schwer
Die Expertin