Das sagt der Hufschmied
Nach jeder Hufbearbeitung sollte das Pferd direkt wieder trainiert werden können. Ist das nicht der Fall, bedeutet das für das Lauftier Pferd einen ungeheuren psychischen Stress. Körperlich führt dieser Stress auf Dauer dazu, dass Muskeln verhärten und Dysbalancen im Pferdekörper entstehen. Aus diesen Gründen ist es das oberste Gebot des Hufbearbeiters, die Bewegungsfähigkeit des Pferds unter keinen Umständen zu beeinträchtigen. Um dem Pferd, dessen Hufe korrekturbedürftig sind, keine spürbaren Umstellungen zuzumuten, sollten Korrekturen in sehr kurzer Frequenz erfolgen. Das Bearbeitungsintervall richtet sich nach dem Zustand der Hufe. Einen Korrekturhuf muss ich mir mindestens alle drei Wochen anschauen. Ein idealer Huf dagegen wächst und nutzt sich so gleichmäßig ab, dass kaum Korrekturen nötig sind. Dann reicht auch ein Bearbeitungsintervall von sechs Wochen völlig aus. Die Realität liegt irgendwo dazwischen, weil die äußeren Bedingungen selten perfekt sind. Eine Schonzeit nach dem Beschlagen wurde früher tatsächlich empfohlen. Zum einen war es üblich, die Pferde kurz auszuschneiden, bevor die Eisen angenagelt wurden. Die Tiere gingen nach dem Schmiedtermin üblicherweise ein bis zwei Tage etwas klamm. Das drastische Kürzen wurde praktiziert, weil das Horn in den ersten zwei bis drei Wochen nach einem starken Rückschnitt langsamer wächst. Der zweite Grund für die Schonzeit nach dem Ausschneiden: Die Nägel brauchen etwa fünf Tage, bis sie sich mit dem freien Wasser des Hufhorns verbinden, also quasi einrosten. Danach halten die Eisen besser.

Burkhard Rau, Hufbeschlaglehrschmied und Sachverständiger für Hufpflege und Hufbeschlag (equicura.de)
Das sagen die Hufbearbeiterinnen
Für uns ist es selbstverständlich, dass ein Pferd nach der Hufbearbeitung mindestens genauso gut läuft wie vorher. Ist dies nicht der Fall, sollten Pferdebesitzer dies dem Hufbearbeiter unbedingt rückmelden. Nur in Ausnahmefällen kann eine leichte Verschlechterung erkennbar sein, etwa wenn der Hufbearbeiter sich bei einem neuen Kundenpferd verschätzt hat, eine unterschwellige Problematik vorliegt oder sich die äußeren Bedingungen unerwartet stark verändern. Beim nächsten Bearbeitungstermin sollte das nicht mehr vorkommen. Geht das Pferd nach der Hufbearbeitung regelmäßig fühlig oder klamm, muss die Bearbeitung verändert werden. Meist muss weniger bearbeitet werden. Unserer Erfahrung steckt oft dahinter, dass ein optisches Idealbild angestrebt wird. Ein schön geformter Huf ist aber nicht unbedingt funktional. Deshalb betrachten wir den Huf immer im Zusammenhang mit seinen inneren Strukturen und dem oberen Bewegungsapparat. Ist eine körperliche Schiefe da, darf der Huf diese auch ausgleichen. Unser Job als Hufbearbeiter ist es, dem Pferd durch kleine Korrekturen die Möglichkeit zu geben, seinen Huf gesund zu nutzen. Jeder Schritt verändert den Huf. Und die Bearbeitung schafft die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung. Wenn Haltung und Training, Untergrund und Fütterung stimmen, ist mitunter keine Hufbearbeitung mehr nötig.

Christina Künen und Barbara Kelly sind Hufbearbeiterinnen und spezialisiert auf Weiterbildung (team-huf.de)
Das sagt die Physiotherapeutin
Bei manchen Pferden beobachte ich, dass sie nach dem Schmiedtermin ein bis zwei Tage leichte Lahmheiten zeigen oder unklar gehen. Ich vermute, dahinter steckt ein zu langes Intervall, was dazu führt, dass die Hufe zu radikal und zu stark bearbeitet werden. Das ist nicht akzeptabel. Ein Pferd sollte nach der Hufbearbeitung sofort wieder reitbar sein. Ich arbeite auch als Huforthopädin. Meine Kundenpferde bearbeite ich alle vier Wochen. Ich habe tatsächlich Kunden, die ihre Pferde nach der Hufbearbeitung einen Tag schonen.
Sie handhaben das aus Rücksichtnahme ihrem Pferd gegenüber so, obwohl ich ihnen sage, dass das nicht nötig ist. Damit die Hufe nicht zu sehr aus hrer Balance geraten, lasse ich mich nicht auf ein längeres Bearbeitungsintervall ein. So kann ich gewährleisten, dass ich nur kleine Korrekturen vornehmen muss. Ich halte mich an den Grundsatz, nicht mehr als zwei Millimeter auf einer Seite wegzunehmen. Ist der Huf sehr asymmetrisch, kann ich das nicht bei einer einzigen Bearbeitung korrigieren. Die Umstellung dauert Monate. So kann sich auch der Bewegungsapparat des Pferds allmählich umstellen.

Lena Sydow, DIPO-Pferdephysiotherapeutin und Huforthopädin (pferdeosteopathie-lenasydow.de)