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Was gilt, wenn sich Pferde gegenseitig anstecken?

Stecken sich Pferde gegenseitig an und erkranken, muss der Stallbetreiber in der Regel für die Kosten aufkommen. Das gilt aber nicht in jedem Fall.

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Foto: Lisa Rädlein

Egal ob Hautpilz, Influenza oder gar Druse: Eine Zuständigkeit des Stallbetreibers für die Gesundheit seiner Pensionspferde ist nicht automatisch gegeben, sondern hängt stets vom Inhalt des konkreten Pferdepensionsvertrages ab. Hier sind in der Regel zwei Varianten üblich.

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Was tun bei Verstößen gegen Hygiene-Regeln im Stall?
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Variante 1: Wird lediglich ein Stallgebäude zur Verfügung gestellt, in dem der Einsteller seine Pferde unterstellt, aber ansonsten die gesamte Fütterung und Pflege in eigener Verantwortung übernimmt (Modell Selbstversorger), so ist dieser Vertrag als bloßer Mietvertrag anzusehen. Eine Zuständigkeit für die Gesundheit der dort eingestellten Pferde trifft den Stallbesitzer dann nicht.

Variante 2: Beim gängigen Pferdepensionsvertrag hingegen übernimmt der Stallbetreiber Fürsorge- und Obhutspflichten bezüglich der eingestellten Pferde. Daraus folgt dann eine Verantwortlichkeit für deren Gesundheit und Wohlergehen. Begeht der Stallbetreiber diesbezüglich eine Pflichtverletzung und wird ein eingestelltes Pferd hierdurch krank, ist er zum Schadensersatz verpflichtet.

Pflichten des Stallbetreibers

Ob einem Stallbetreiber eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, beurteilt sich nach der "im Verkehr erforderlichen Sorgfalt" und damit nach objektiven Kriterien. Maßstab hierfür ist der "ordentliche Stallbetreiber".

Welche Vorkehrungen aber muss der "ordentliche Stallbetreiber" treffen, um Ansteckungen im Pferdebestand zu verhindern? Um dies zu beurteilen, würde der Richter eines Rechtsstreits wohl einen Sachverständigen hinzuziehen.

Gesundheitszeugnis und Quarantäne

Anhaltspunkte zur Klärung der Verantwortlichkeiten bieten Handlungsanweisungen von (Berufs-) Verbänden, beispielsweise die Angaben "Hygiene im Pferdestall" der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Darin heißt es unter anderem: "Für neue Pferde wird ein Gesundheitszeugnis vom Tierarzt verlangt." Zu Quarantänezwecken sollen diese die ersten zehn Tage separat von den anderen Pferden gehalten werden. Und: "Alle Pferde müssen gegen Influenza geimpft sein, dies wird im Pferdepass kontrolliert. Es gibt zudem einen separaten Bereich für die Absonderung von kranken Pferden."

Gefordert ist laut FN zudem die Umsetzung "eines gemeinsamen Entwurmungskonzepts". Futter sei trocken und sauber zu lagern. "Medikamente werden nicht im Futterwagen umhergefahren. Die benutzte Einstreu ist separat gelagert, ohne Kontakt zu Pferden oder Futter. Neben dem Misten werden die Boxen von Zeit zu Zeit desinfiziert, Tränken und Futtertröge sind in einem guten Zustand", so die FN-Maßgabe. Weiter heißt es: "Es gibt einen Schädlingsbekämpfungsplan, und die Weiden werden regelmäßig abgeäppelt, es gibt Leerzeiten und/oder Wechselweiden."

Umfang des Schadenersatzes

An diesen Vorgaben muss sich im Streitfall ein Stallbetreiber messen lassen. Heißt laut Bundesgerichtshof (BGH): Hat sich der Stallbetreiber so verhalten, "wie es ihm von kompetenten Fachleuten empfohlen worden ist, handelt er nicht fahrlässig". Dass er auf seinem Betrieb diese Voraussetzungen nicht gewährleisten kann, damit kann er sich nicht herausreden. Denn es handelt sich hier um einen "objektiven Haftungsmaßstab".

Im Falle seines Verschuldens muss er den gesamten Schaden ersetzen – also Tierarztkosten, vergebliche Aufwendungen (etwa Nenngelder) oder auch den Wert des Pferds. Wichtig: In der Betriebshaftpflichtversicherung sind solche sogenannten Obhutsschäden oft nicht mit abgedeckt, sondern müssen separat versichert werden.

Die Expertin

Nele Römer, 45, mit eigener Rechtsanwaltskanzlei bei Luhmühlen. War Mitglied der deutschen VS-Mannschaft Olympische Spiele 2000 (Platz 4), ist heute Vorsitzende der Fachgruppe Vielseitigkeit im Deutschen Reiter- und Fahrerverband. www.neleroemer.de

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Erscheinungsdatum 17.05.2023