Der richtige Sattelgurt: Bequem am Bauch?

Welcher Sattelgurt ist der richtige?
Kurzgurt, Langgurt, Mondgurt? Sattelgurte im Test

Veröffentlicht am 16.10.2024
Kurzgurt, Langgurt, Mondgurt? Sattelgurte im Test
Foto: Sandra Reitenbach

Sattelgurt ist nicht gleich Sattelgurt

Wie weit die Schulter ausholen kann, wie gut die Hinterhand unter den Schwerpunkt kommt, entscheidet auch der Sattelgurt mit. "Durch einen idealen Sitz des Gurtes wird die Schulterbewegung bis zu elf Prozent verbessert, das Untertreten der Hinterhand sogar um bis zu 20 Prozent", sagt DIPO-Pferdeosteotherapeutin Eve Beisel. Gurte wirken auf Muskulatur und Atmung des Pferds.

Zahlreiche Muskelstränge werden im Rumpf angesprochen, den Sattel und Sattelgurt umfassen. "Über fasziale Verbindungen hat dieser Bereich Einfluss auf das komplette Pferd", so Beisel. Die Gurthersteller experimentieren daher mit breiten Auflageflächen, Materialien und Flexibilität. Doch welcher Gurt eignet sich für welches Pferd? Wie muss er sitzen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Welcher Sattelgurt eignet sich für empfindliche Pferde?

Ein Lammfellgurt kann bei empfindlichen Pferden sinnvoll sein: Dass Lammfell viel Druck schluckt, konnte auch ein CAVALLO-Drucktest 2010 mit einem asymmetrischen Kurzgurt von Mattes zeigen. Sie können Ihren vorhandenen Sattelgurt auch mit einem Lammfell-Schoner nachrüsten. Zu beachten ist, dass Gurte mit Lammfell oft dicker sind – manchmal kann dann der Ellenbogen nicht so gut darüber gleiten. Achten Sie darauf, dass der Gurt nicht am Ellenbogen reibt. Ist der Ellenbogen die kritische Stelle bei Ihrem Pferd, könnte ein sehr flacher oder anatomisch geschnittener Gurt die bessere Wahl sein.

Sandra Reitenbach

Lammfellgurte und -Schoner finden Sie in unserem Partnershop:

Alternativen zum Lammfell sind unter anderem Gurte mit einer Unterseite aus Frottee oder die Gurte des Herstellers Medi-Cheval, die an der Unterseite mit Hohlfaserflor ausgestattet sind. Das ist eine spezielle Polyester-Art, die noch besser als Lammfell polstern und besonders hautschonend sein soll. Wer ein vegane Alternative zum Lammfell sucht, findet Gurte mit Kunstfell.

Viele Reiter schwören auf den Langgurt, weil er fürs Pferd bequemer ist. Denn die Schnallen liegen nicht auf dem Pferdebauch, sondern auf dem Schweißblatt des Sattels. CAVALLO- Druckmessungen haben ergeben, dass gerade im Schnallenbereich der stärkste Druck entsteht. Langgurte verteilen den Druck gleichmäßiger und ohne Druckspitzen. Deshalb fühlen sich vor allem Pferde, die empfindlich am Bauch sind, sichtlich wohler, wenn dort keine Schnallen drücken, auch wenn diese abgepolstert sind.

Schnurengurte haben eine sehr gute Druckverteilung und können für empfindliche Pferde daher ebenfalls sinnvoll sein. Sie sind nicht nur längs, sondern auch diagonal flexibel und bieten so gute Bewegungsfreiheit.

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Was bringt ein Mondgurt?

Hersteller von Mondgurten werben mit optimaler Bewegungsfreiheit für die Ellbogen sowie einer breiteren Auflagefläche am Brustbein für eine bessere Druckverteilung. Letzteres bestätigte bereits eine Druckmessung von CAVALLO an sechs Sattelgurten, über die wir in Heft 11/2010 berichteten. Mondgurte sollen vor allem Pferden mit einer starken Rippenwölbung gut passen.

Ein Mondgurt muss mit der "Sichel", also der ausgeschnittenen Seite, in Richtung Vorderbeine liegen. Die gerade Seite des Gurts liegt hinten, zeigt also zu den Hinterbeinen. Nur so kann der Gurt die gewünschte größere Ellenbogenfreiheit bieten.

Zu beachten ist: Ein Mondgurt passt nicht jedem runden Pferd! Es ist immer zu prüfen, wie breit die Gurtlage tatsächlich ist und an welcher Stelle der Bauch tiefer kommt. Ist der Gurt zu stark für das Pferd geschwungen, gibt die vordere Kante mehr Druck weiter als die hintere.

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Gurte in Mondform gibt es in verschiedenen Varianten. Manche haben einen tieferen und weiteren Ausschnitt für den Ellbogen als anatomisch geschnittene oder geschweifte Sattelgurte. Andere Mondgurte wiederum sind zwar ebenfalls wie ein Halbmond geschnitten, besitzen jedoch keine Extra-Ausschnitte für die Ellbogen.

Wo liegt der Sattelgurt richtig?

Der Sattelgurt sollte an der schmalsten Stelle des Pferdebauchs, etwa eine Handbreit hinter dem Vorderbein liegen. Wichtig ist, dass der Ellenbogen des Pferds nicht an den Sattelgurt oder gar die Schnallen stößt. Er sollte über den Gurt hinweggleiten können.

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Was ist ein Kurzgurt?

Ein Kurzgurt ist ein Sattelgurt, bei dem die Gurtschnallen nicht direkt am Sattel unter dem Reiterbein, sondern tiefer auf dem Pferdebauch liegen. Die meisten Dressursättel haben lange Gurtstrupfen und können deshalb nur mit einem Kurzgurt genutzt werden.

Wo muss ein Kurzgurt sitzen?

Wichtig beim Kurzgurt: Die Schnallen dürfen nicht zu tief liegen und mit dem Ellbogen in Berührung kommen. Zudem liegen die Schnallen dann direkt am Ende des Brustmuskels. Beides führt dazu, dass das Pferd kürzere Schritte macht. Je höher die Schnallen liegen, desto schonender fürs Pferd. Tipp: Prüfen Sie auch die Breite des Sattelgurts am Pferd, wobei breiter nicht gleich besser ist. Je mehr an einem Gurt dran ist, desto weniger Freiheit hat der Ellbogen.

Welche Gurtlänge braucht mein Pferd?

So messen Sie die Gurtlänge aus:

Kurzgurt: Nehmen Sie ein Maßband und legen Sie es auf beiden Seiten kurz unter der Satteldecke an. Je höher die Schnallen später liegen, desto schonender fürs Pferd. Haben die Strupfen am optimalen Platz keine Löcher, müssen Sie zur Lochzange greifen. Besser: Bitten Sie einen Sattler, Ihnen zu helfen.

Langgurt: Legen Sie ein Maßband auf beiden Seiten in der Mitte der Strupfen an. Länge ablesen. Fertig.

Wichtig bei beiden Messungen: Um die richtige Gurtlänge zu ermitteln, sollten Sie vor dem Maßnehmen fünf bis zehn Minuten reiten.

Wann sollte man einen Kurzgurt und wann einen Langgurt wählen?

Die meisten Dressursättel haben lange Gurtstrupfen und können deshalb nur mit einem Kurzgurt genutzt werden. Der Grund dafür liegt im Komfort für den Reiter: Die Gurtschnallen liegen nicht direkt am Sattel unter dem Reiterbein, sondern tiefer auf dem Pferdebauch. Damit liegt das Bein näher am Pferd und es gibt keine unangenehmen Druckstellen an der Oberschenkelinnenseite. Zum Nachgurten müssen Reiter nicht das Bein vor den Sattel legen, sondern nur den Arm langmachen.

Durch die langen Strupfen ist es möglich, den Kurzgurt variabel zu gurten. Der Sattler kann die Gurtung individuell nach den Bedürfnissen und der Anatomie des Pferds ausrichten.

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Nachteil von Kurzgurten: Die Schnallen des Kurzgurts können in der Bewegung mit den Vorderbeinen in Kontakt kommen. Das passiert, wenn der Kurzgurt zu kurz ist oder das Pferd eine schlechte Gurtlage hat, sodass der Gurt nach vorn rutscht und in die Nähe der Ellenbogen gerät. Anatomisch geformte Kurzgurte sollen dem Ellenbogen mehr Bewegungsfreiheit geben.

Kurzgurte finden Sie in unserem Partnershop:

Vielseitigkeits- und Springsättel haben in der Regel kurze Strupfen und werden mit einem Langgurt genutzt. Doch auch Dressursättel können damit ausgerüstet werden.

Viele Reiter schwören auf den Langgurt, weil er fürs Pferd bequemer ist. Denn die Schnallen liegen nicht auf dem Pferdebauch, sondern auf dem Schweißblatt des Sattels. CAVALLO-Druckmessungen haben ergeben, dass gerade im Schnallenbereich der stärkste Druck entsteht. Langgurte verteilen den Druck gleichmäßiger und ohne Druckspitzen. Deshalb fühlen sich vor allem Pferde, die empfindlich am Bauch sind, sichtlich wohler, wenn dort keine Schnallen drücken, auch wenn diese abgepolstert sind.

Langgurte finden Sie in unserem Partnershop:

Wie gurtet man richtig an?

Der Gurt muss an der schmalsten Stelle des Pferds liegen. Dorthin wird der Gurt von selbst rutschen. Zu weit hinten stört er das Pferd beim Atmen. Holen Sie den Gurt nicht gerade zu sich herüber, sondern ziehen ihn leicht schräg nach vorn, um ihn dann am Fell nach hinten in die richtige Position gleiten zu lassen. So verdrehen sich die Haare nicht unter dem Gurt. Erst die hintere Strippe leicht anziehen, dann die vordere. Nicht umgekehrt, das schnürt dem Pferd die Luft ab. Anschließend ziehen Sie beide Strippen vorsichtig auf gleiche Höhe und gurten so weit wie auf der gegenüberliegenden Seite.

Wie gurtet man richtig nach?

Nachdem der Gurt mittig unter dem Pferd liegt, wird erst locker gegurtet. Ziehen Sie die Gurtstrupfen nicht gleich bis zum Anschlag an. So entwickelt das Pferd garantiert Gurtzwang. Sie können später vor dem Aufsitzen und nach fünf bis zehn Minuten noch nachgurten. Je kleinschrittiger Sie nachgurten, desto schonender fürs Pferd, denn es kann sich langsam an den Druck gewöhnen.

Die getesteten Gurte im Überblick:

  • Mit Lammfell gepolsterter anatomischer Kurzgurt der Firma Mattes: Anatomisch geschnittener Weichgurt mit Ellebogenfreiheit. Gekreuzte Gurte aus Polypropylen, Lammfell angenäht. Die Belastungen liegen im unteren Bereich. "Offenbar schluckt das dicke Lammfell einen großen Teil des Drucks", sagt Sattler Christoph Rieser anerkennend. Einen aktuellen anatomischen Kurgurt von Mattes mit Lammfell können Sie online bestellen.
  • Memoform-Kurzgurt von DT-Saddlery: Besteht aus einem hochelastischem Stoff, der für die Matratzen bettlägriger Menschen entwickelt wurde. Das Material gibt nach, und geht nur langsam wieder in seine Ausgangsform zurück. Dadurch soll es den Druck gleichmäßig verteilen. Mit Verbreiterung für bessere Druckverteilung unterm Bauch. Im Test schluckt der Gurt trotz mehrmaligem Nachgurten so viel Druck, dass bis auf die Schnallen kaum Spitzen auszumachen sind. Deutlich halbkreisförmig zeichnen sich lediglich die Außennähte ab. Einen Gurt mit Memory-Foam von Kavalkade finden Sie in unserem Partnershop.
  • Lemico-Kurzgurt von DT-Saddlery: Bauchseite aus weichem Leder, die Oberseite aus pflegeleichtem Lemico, Polsterung aus Schaum. Lemico ist ein sehr pflegeleichter, lederähnlicher Stoff. Mit Verbreiterung für bessere Druckverteilung unterm Bauch. Schaumstoff polstert den Zwischenraum. Hier treten die Konturen der Außennähte noch deutlicher hervor, zudem gibt es Druckspitzen unterm Brustbein sowie unter der Schnalle. Allerdings sind die dabei auftretenden Kräfte auch bei Nachgurten mit dem Vierfachen der Ausgangskraft noch sehr gering.
  • Langgurt von Theo Sommer: Leichte Verbreiterung im Bauchbereich. Unterseite aus weichem Polsterleder, Oberseite aus festerem Rindleder. Polsterung aus Schaumstoff. Beideitig elastische Gurtschnallen. Die Schnalle drückt kaum durch. Der Druck verteilt sich gleichmäßig entlang dem Gurt. Das zeigt sich auf dem Laptop im Druckbild mit etwas stärkeren Spitzen links und rechts vom Brustbein.
  • Geschwungener Kurzgurt von G. Passier & Sohn: Der Kurzgurt durch seine geschwungene Form ein Vorrutschen hinter den Ellenbogen und nach vorne Ziehen des Sattels verhindern. Oberleder aus Rindsleder, Unterleder aus weichem Rindsleder, Polsterung aus offenporigem Schaum (10 mm). Im Test verteilt er den Druck deutlich breiter als der etwas schmalere Langgurt. "Dafür bilden die Schnallen eine Treppe und drücken sichtbar durch", sagt Osteopathin Barbara Welter-Böller.
  • Vollelastischer Kurzgurt von G. Passier & Sohn: Gerade geschnittener Gurt aus drei Lagen Gummiband. Das Druckbild ist recht uneinheitlich. Die grün-blauen Felder auf dem Laptop zeigen an, dass der Druck bis auf eine wenige Stellen recht gering ist.