10 Rückenprotektor-Modelle im Test

Rückenprotektoren im Test
Perfekte Rückendeckung?

Veröffentlicht am 02.03.2024
Junges Mädchen mit Rückenprotektor reitet braunes Pferd
Foto: nd3000/ gettyimages

Rückenprotektoren auf dem Prüfstand

Schlag auf Schlag landet ein Rückenprotektor nach dem anderen auf dem Amboss des Prüfstands. Wie sicher schützen Protektoren im Falle eines Sturzes den Reiterrücken? Welche Schlagkraft lässt der Protektor durch? Diesen Fragen geht CAVALLO nach und nimmt zehn aktuell erhältliche Modelle in einem stichprobenartigen Vergleichstest unter die Lupe. Die Tests finden bei SAS-TEC in Markgröningen, Baden-Württemberg statt. Prokurist Holger Hertneck ist Ingenieur und bestens vertraut mit Protektorentests: SAS-TEC gilt als führender Hersteller und Spezialist für Protektoren im Motorrad-, Mountainbike und Skibereich.

Zertifizierung von Rückenprotektoren

Zertifiziert sind die Protektoren im Test alle nach der gültigen Motoradnorm EN 1621-2:2014. Die Norm wird auch bei Rückenprotektoren für Reiter angewendet. Unterschieden wird in Protektoren der Schutzklasse Level 1 und Level 2. Level 1-Protektoren sind meist leichter, bieten aber weniger Schutz als ein Level 2-Protektor. Für die Zertifizierung bedeutet das: Protektoren der Schutzklasse 1 dürfen einen mittleren Kraftwert von weniger als 18 kN (Kilonewton) durchlassen, Level 2-Protektoren nur weniger als 9 kN. Wichtig zu wissen: Rückenprotektoren bieten keinen Rundumschutz. Nur der Rücken ist geschützt. Eine geprüfte Schutzwirkung für andere Bereiche des Oberkörpers wie Schlüsselbeine, die bei Stürzen ebenfalls oft betroffen sind, besitzen sie nicht. Das muss einem klar sein, wenn man sich für einen Rückenprotektor entscheidet.

"Wer einen Protektor trägt, ist natürlich besser geschützt als ohne", so Holger Hertneck. "Aber man darf sich bitte nicht in die Irre leiten lassen: Teilweise sind die Rückenprotektoren auch vorne gepolstert. Das heißt noch lange nicht, dass sie in diesem Bereich schützen. Zertifiziert und geprüft sind die Protektoren für einen kleinen Bereich am Rücken. Auch, wenn ein Protektor wie eine Schutzweste aufgebaut ist und mehr Schutz suggeriert." Dieser kleine Bereich ist die Mindestschutzzone. Dort muss der Protektor den Schlagtests standhalten. Holger Hertneck zeigt anhand verschiedener Schablonen, um welchen Bereich es geht. Unterschieden werden innerhalb der Motorradnorm die Bereiche Full Back (FB, gesamter Rücken und Schulterblätter) mit kreuzförmiger Schablone, Central Back (CB, mittlerer Rücken) mit rechteckiger Schablone und eine fast quadratische Schablone für Lower Back (LB, unterer Rücken). Letztere sind meist Nierengurte für Motorradfahrer; sie spielen beim Sicherheitsequipment für Reiter keine Rolle. Die Schablonen gibt es in verschiedenen Größen – entsprechend der Körpergröße. Bei Größe XS wird also eine kleinere Schablone für die Zertifizierung gewählt als bei Größe XL. Im CAVALLO-Test sind neun FB-Protektoren und ein CB-Protektor – das Modell von Zandona.

Wie erkennt der Verbraucher einen sicheren Rückenprotektor?

Eigentlich nur anhand der Info, dass er nach EN 1621-2:2014 getestet ist. Er muss sich also auf das Etikett verlassen. Doch ist darauf Verlass? Holger Hertneck checkt mit Profi-Blick die Test-Modelle. Was er entdeckt, dürfte kaum einem Kunden auffallen. "Nur wenige Protektoren sind korrekt ausgezeichnet", bemängelt er. "Die CE-Zeichen sind teils falsch, auf Etiketten fehlt die Angabe der Körpergröße der jeweiligen Schutzzone, teilweise fehlt am Protektor sogar das Label für die Zertifizierung." Das tut der Sicherheit keinen Abbruch, der informierte Verbraucher kann jedoch nichts nachvollziehen. Ein Blick ins Innere verrät: "Die meisten Protektoren sind Plattenware, die Dämpfungsleistung wird überall ähnlich sein", vermutet Hertneck. Unter Plattenware versteht man Schaumblöcke, die in dünne Scheiben gespalten und in entsprechender Form ausgestanzt werden. Die einzelnen Platten der Test-Modelle sind teils abenteuerlich miteinander verbunden: mit Kabelbindern oder schlecht verklebt. Viel besser: fest mit dem Stoff vernäht. Genug Theorie, hier nun die Ergebnisse:

Der Experte

CAVALLO Rückenprotektoren im Test
Thomas Hartig

Seit 2010 ist Holger Hertneck Mitglied im Deutschen Normungsausschuss für Motorradfahrer-Schutzausstattung, führt immer wieder Forschungsarbeiten mit verschiedenen Universitäten und Instituten durch und testet Protektoren für alle bedeutenden Magazine aus dem Bereich Motorrad, Ski und Mountainbike. www.sas-tec.de

So testet CAVALLO

Für unseren stichprobenartigen Vergleichstest saust ein stabförmiges Fallgewicht von fünf Kilogramm aus circa einem Meter Höhe auf einen Stahl-Amboss mit flacher Oberflächenkrümmung und einem Radius von 150 Millimetern. Die Aufschlagenergie entspricht 50 Joule. Wir prüfen an drei Stellen des Protektors: Oben quer, mittig diagonal und unten längs. Die Sensoren im Amboss messen, was an Kraft durch den Protektor dringt.

Kommentar

Eigentlich sollte man zu seinem eigenen Schutz wenigstens mit Rückenprotektor in den Sattel steigen. Galten sie früher als störend beim Reiten und unbequem, hat sich hier wirklich was getan. Der Tragekomfort war bei fast allen Protektoren top. Viele der Test-Modelle bieten einen Frontschutz, ohne jedoch an dieser Stelle nachweislich, also geprüft zu schützen. Das ergibt für mich keinen Sinn. Dann lieber eine Sturzweste, bei der der Rundumschutz auch sichergestellt ist. Erschreckend war teilweise die schludrige Verarbeitung der Protektorenplatten. Da ist meiner Meinung nach definitiv Luft nach oben.