Selbst hinter dem scheinbaren Büffel, der jeden Schenkeldruck ignoriert, steckt ein feinfühliges Wesen. Kein Pferd möchte dem Reiter das Leben absichtlich schwermachen. Schließlich kostet das Kraft. Und Pferde sind Komfortfanatiker. Ist ein Pferd triebig und geht nicht vorwärts, stecken dahinter meistens Missverständnisse und Kommunikationsprobleme. Pferde können als Fluchttiere blitzschnell auf feinste Signale reagieren. Und Reiter können mit beinahe unsichtbaren Hilfen mit Pferden kommunizieren. Im besten Fall sieht das so aus: Du denkst nur an etwas wie Angaloppieren – und das Pferd hat’s schon gemacht. Da willst du mit deinem Pferd wieder hin? Mit unseren Tipps für mehr Vorwärts bekommt euer Training garantiert neuen Schwung.
Tipp 1: Vorab-Check – Ready to go?
Manche Pferde sind schon im Umgang zäh. Oft ist das eine Reaktion darauf, dass sie vom Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Das passiert etwa, wenn wir am Strick ziehen, ohne gleich wieder nachzugeben. Das Pferd hält dann dagegen. Manchmal schränkt auch die Hilfengebung des Reiters das Pferd ein. Lässt dieser zum Beispiel beim Angaloppieren den Galoppsprung nicht mit der vorgehenden Hand heraus, kann das Pferd nicht prompt anspringen. Ebenfalls häufig verknüpfen Pferde Hilfen nicht richtig mit dem gewünschten Verhalten. Der Klassiker: Das Pferd geht auf Schenkeldruck nicht vorwärts. Eine mögliche Ursache ist eine unbewusste Reaktion des Reiters: Geht das Pferd auf Schenkeldruck flott los, ist das manchen Reitern zu schnell – und sie bremsen direkt wieder. Das Pferd lernt, dass Vorwärts nicht die gewünschte Reaktion ist. Ob dein Pferd treibende Hilfen versteht, kannst du so überprüfen: Gib mal ohne weitere Signale zwei bis drei sanfte Schenkelhilfen hintereinander. Geht dein Pferd nicht los, versteht es nicht, dass dies "Vorwärts" bedeutet.
Tipp 2: Neue Hilfen erfinden für mehr Fleiß
Wenn dein Pferd auf die treibenden Hilfen kaum reagiert, probiere einfach neue aus. So hast du die Chance, dein Pferd zu erreichen und mehr Fleiß von ihm zu fordern, ohne mehr und mehr drücken zu müssen. Als Hilfe zum Losgehen könntest du zum Beispiel deine Hüfte öffnen, also deine Oberschenkel aus der Hüfte heraus leicht vom Pferd wegbewegen. Zum Verlangsamen würdest du dann die Hüftgelenke wieder schließen. Nimmt dein Pferd die neuen Hilfen an, kannst du nach und nach die "alten" Hilfen wieder dazunehmen – aber immer ganz fein.
Tipp 3: Kurz einen Gang höher schalten für mehr Vorwärtsdrang
Bei Dauerbeschallung schalten Pferde ab. Wenn wir sie ständig treiben oder im gleichen Tempo reiten, verlieren sie die Lust und somit den natürlichen Vorwärtsdrang. Was dann hilft, funktioniert wie ein klingelnder Wecker: Bummelt dein Pferd im Schritt oder wird es beim Traben zäh wie Kaugummi, lässt du es kurz – also für wenige Tritte oder Sprünge – in die höhere Gangart wechseln. So wird dein Pferd aus sich heraus aktiver, ohne dass du es triezen musst.
Tipp 4: Vorsichtig herantasten
Überfalle dein Pferd nicht mit plötzlichen Hilfen. Es soll ja nicht vor Schreck reagieren und sich im Vorwärts verspannen. Bereite das Antraben oder Angaloppieren lieber sorgfältig vor – etwa, indem du dich mit den Hilfen heranfühlst. Steigere deine Hilfen langsam und konsequent von der feinstmöglichen Hilfe bis zur Reizschwelle. Anfangs ist für eine Reaktion oft ein stärkeres Signal nötig. Die Reizschwelle sinkt aber schnell. Wichtig: Bleibe bestimmt und freundlich und lasse keine negativen Emotionen zu. Stelle deine Fragen ans Pferd immer zu Ende. Heißt: Gib nicht zu früh auf, sondern warte, bis dein Pferd reagiert.
Tipp 5: Für mehr Vorwärts die Gerte richtig einsetzen
Lieber tickst du dein Pferd einmal mit der Gerte an, als zu viel mit den Schenkeln zu drücken. Erkläre deinem Pferd die Gertenhilfe zunächst am Boden. Du gehst neben dem Pferd. Zum Antraben touchierst du sanft dort, wo beim Reiten auch der Schenkel liegt und läufst mit dem Pferd los. Deine Stimmhilfe wirkt unterstützend. Trabt das Pferd zu schnell an, bremse es nicht, sondern lobe es. Es hat bereits fein reagiert und du kannst die Hilfen reduzieren. So lernt dein Pferd, dass die Gerte "vorwärts" bedeutet.

Sitzt du richtig, kannst du richtig treiben. Auch auf die Länge der Steigbügelriemen kommt es an.
Tipp 6: Bügellänge richtig einstellen
Lange Bügel, langes Bein? Was schön aussehen soll, stört deine Balance beim Reiten. Vom Sattel aus checkst du die Länge der Steigbügelriemen so: Das Bein locker herabhängen lassen; die Wade hat Kontakt zum Pferd. Die Bügelsohle darf nicht tiefer als etwas unterhalb des Knöchels liegen. Sonst kann der Absatz nicht nach unten federn. Und das ist wichtig für korrektes Treiben und somit das fleißige Vörwärts deines Pferds.
Tipp 7: Leichter sitzen für mehr Vorwärts
Wenn es einfach nicht so recht klappen will mit dem ausbalancierten Sitz und dem fleißigen Tempo, versuche es doch mal im leichten Sitz. Statt dafür den Oberkörper nach vorne zu bringen, beginnst du damit, die Hüfte zurückzunehmen. Der Oberkörper folgt nur so weit wie nötig, damit du auf den Fußgelenken die Balance halten kannst. Dadurch kommt deine Wade automatisch richtig ans Pferd und dein Bein gibt dir Stabilität. Oft nimmt das Pferd diese Einladung zum Vorwärts gerne an. Du kannst auch wechseln zwischen leichtem Sitz und Leichttraben. Viele Reiter bleiben im Leichttraben zu aufrecht und damit hinter der Bewegung. Im leichten Sitz kommen dagegen viele vor die Bewegung. Der Wechsel hilft gegen beides. Wer flotter traben will, kann seinen Rhythmus beim Leichttraben etwas beschleunigen, sodass das Pferd schnell genug wieder abfußt. Der Trick liegt aber nicht im schnellen Aufstehen, sondern im zügigen Hinsetzen. Wer den Oberkörper genug in die Bewegungsrichtung mitnimmt, kann das besonders sanft.
Tipp 8: Takt fühlen
Lässt sich dein Pferd beim Traben im leichten Sitz trotz idealer Lage deiner Wade noch bitten, denkst du für ein paar Tritte an "mehr Energie". Federe dabei energischer durch die Fußgelenke nach unten durch. Sobald dein Pferd zulegt, wirst du völlig passiv und konzentrierst dich nur noch auf den Rhythmus. Und plötzlich wird fürs Pferd alles leicht! Die Hilfen sind leicht. Du drückst nicht mit dem Schenkel, dein Becken blockiert also nicht mehr. Dein Pferd wird sich das einprägen, und schon bald ist dieses Tempo dann das neue Normal.
Tipp 9: Tempo-Punkte setzen
Optische Reize geben Pferden Führung. Mit Stangen oder anderen Objekten kannst du in der Bahn Punkte markieren, an denen du immer beschleunigst oder langsamer wirst. Bald wird das Pferd wissen, was an diesen Punkten gefragt ist und beginnen mitzudenken. Ein toller Motivationsfaktor für fleißigere Pferde! Übrigens werden viele Pferde von sich aus kurz vor einer Stange auf dem Boden aktiver. Ein Effekt, der an der Hand und im Sattel funktioniert.

Einfach nur fühlen: Wer es schafft, das Pferd still und ruhig zu begleiten, wird auch mit Leichtigkeit belohnt.
Tipp 10: Mit Zugpferd reiten
Energiesparern kannst du die Freude am Vorwärts am besten im Gelände zeigen. Mit einem munteren "Zugpferd" setzt du noch einen Bewegungsanreiz obendrauf. Das andere Pferd läuft vorweg. Wähle einen flachen, höchstens leicht ansteigenden Weg von etwa 600 Metern für einen flotten Galopp oder Trab. Fühle dich dabei in dein Pferd hinein: Hat es Spaß? Stresse es nicht, sondern steigere das Tempo langsam. Oft entwickeln diese Pferde durch regelmäßige Gelände-Galopps ein größeres Lungenvolumen – und werden so auch auf dem Platz viel gehfreudiger, weil es ihnen leichter fällt.