Tipps und Tricks
Hilfen für Seitwärtsgänge

Den seitwärtstreibenden Schenkel kennt jeder. Doch es gibt noch viel mehr Signale und Hilfen für Schulterherein & Co. Hier erfahren Sie, welche das sind. Probieren Sie es aus!

Seitwärtshilfen
Foto: Lisa Rädlein
In diesem Artikel:
  • Die Pferdeschulter als Schlüssel zum Seitwärts
  • Seitwärts am Boden: Schulter weichen lassen
  • Seitwärts am Boden: Führung geben und das Pferd folgen lassen
  • Seitwärts am Boden: Parallel Seitwärtstreten mit dem Pferd
  • Seitwärts am Boden: Schritt für Schritt Weichen an der Hand
  • Seitwärts im Sattel: Signale geben mit den Gesäßknochen
  • Seitwärts im Sattel: Impulse geben mit dem ganzen Reiterbein
  • Probleme lösen mit Seitwärtshilfen
  • Seitwärts im Sattel: Zügelhilfen öffnen und schließen zur Seite
  • Die Expertinnen

Die Pferdeschulter als Schlüssel zum Seitwärts

Wer sein Pferd seitwärts schicken will, touchiert oft Hinterhand oder Hinterbein. Dabei liegt der Schlüssel zum Seitwärts in der Pferdeschulter, sind sich unsere beiden Expertinnen einig. "Pferde definieren ihre Position zueinander über ihre Schultern", beobachtet Rebekka Pertenbreiter.

"Wenn ich die Pferdeschulter bewegen kann, gebe ich die Bewegungsrichtung vor und das Pferd vertraut sich meiner Führung an", erklärt die Coaching-Expertin. "Kontrolliere ich die Schultern, kontrolliere ich das Pferd", sagt auch Kathrin Roida.

"Seitwärts und Schulterkontrolle sind für mich Synonyme. Das ist für mich Basisarbeit für eine gute Beziehung zum Pferd."

Seitwärts am Boden: Schulter weichen lassen

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Seitwärts am Boden: Schulter weichen lassen.

Eine wertvolle Übung aus dem Coaching ist für Rebekka Pertenbreiter, die Pferdeschulter mittels Körpersprache weichen zu lassen. Das Pferd ist dabei frei, ohne Strick.

"Es geht darum, mit Präsenz und authentisch auf die Pferdeschulter zuzugehen und diese so weichen zu lassen. Bewegen Sie sich frontal auf die Schulter des Pferds zu und heben wenn nötig die Hände. Bei dominanten Pferden kann das schon mal Diskussionen geben", sagt Rebekka Pertenbreiter.

Wählen Sie dann einen kleinen Umweg und lassen das Pferd zunächst mit der Vorhand folgen.

Seitwärts am Boden: Führung geben und das Pferd folgen lassen

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Seitwärts am Boden: Führung geben und das Pferd folgen lassen.

"Das Pferd vertraut sich meiner Führung an, wenn ich in der Lage bin, auf die Schulter einzuwirken", erklärt Pertenbreiter. Daher eignet sich diese Übung auch besonders gut, wenn das Pferd abgelenkt ist und sich wieder auf Sie konzentrieren soll. Außerdem lernt Ihr Pferd so ganz leicht, auf einen Gertenimpuls mit der Schulter zu weichen und sich Ihnen anzuschließen.

Führen Sie Ihr Pferd mit etwas Abstand am Strick. Drehen Sie dann aus der Bewegung heraus Ihre Körpervorderseite zum Pferd und bringen gleichzeitig die Gerte vor der Pferdebrust vorbei in Richtung der Ihnen abgewandten Schulter.

So wirken Sie seitwärtsweisend auf diese ein. Bewegen Sie sich dann im 90-Grad-Winkel rückwärts vom Pferd weg. Ihr Pferd soll sich mit der Vorhand zu Ihnen drehen und auf Sie zukommen.

Seitwärts am Boden: Parallel Seitwärtstreten mit dem Pferd

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Seitwärts am Boden: Parallel Seitwärtstreten mit dem Pferd.

Bei dieser Übung wirken Sie mit Ihren Hilfen sowohl auf die Schultern als auch auf die Hinterhand des Pferds ein. Führen Sie Ihr Pferd am Halfter, positionieren Sie sich auf Höhe der Schulter.

Leiten Sie das Seitwärtstreten ein, indem Sie Ihren Oberkörper vom Pferd wegdrehen. Die dem Pferd abgewandte Seite Ihres Beckens bewegt sich dadurch mehr in Richtung des Pferds und schiebt seine Hinterhand energetisch seitlich nach außen. Gleichzeitig müssen Sie auch die Pferdeschulter von sich wegbewegen.

Richten Sie sich dazu (auch innerlich) auf und bewegen sich seitlich auf die Schulter zu. Verschaffen Sie sich Raum, indem Sie Ihren Ellenbogen in Richtung des Pferds bewegen. Biegen Sie das Pferd so um sich herum und gehen gemeinsam parallel seitwärts.

"Je klarer das Pferd seitwärts weicht, desto besser akzeptiert es meine Führung", erklärt die Ausbilderin.

Seitwärts am Boden: Schritt für Schritt Weichen an der Hand

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Seitwärts am Boden: Schritt für Schritt Weichen an der Hand.

Kathrin Roida erarbeitet das erste Seitwärts am Boden gerne auf einer kleinen Kreislinie. "Ich lasse das Pferd dabei wie den Zeiger einer Uhr um mich herumübertreten."

Sie stehen dabei leicht versetzt an Ihrem Platz vor dem Pferd und greifen mit der inneren Hand den inneren Zügel kurz hinterm oder am Gebissring. Stehen Sie so weit weg vom Pferd, dass Ihr Arm dabei ausgestreckt ist. In der anderen Hand halten Sie den äußeren Zügel und eine kurze Gerte.

Wichtig ist nun, sich gar nicht auf die Hinterhand zu versteifen, sondern vor allem die Schultern des Pferds seitwärts zu schicken. "Deshalb touchiere ich zu Beginn häufig nicht an der Hinterhand, sondern am Schulterblattansatz, kurz unterhalb des Widerrists. Eine kurze Gerte ist dazu aus der beschriebenen Position heraus ideal", erklärt Kathrin Roida.

"Möchte das Pferd nicht weichen und geht stattdessen auf mich zu, bleibe ich wie ein Fels in der Brandung mit ausgestrecktem Arm stehen. So holt sich das Pferd beim Vortreten selbst einen Impuls am inneren Zügel ab und bleibt auf Distanz."

Zusätzlicher Effekt: "Nehme ich den inneren Zügel an, macht das gleichzeitig die innere Schulter frei und erleichtert es dem Pferd, seitwärts zu treten."

Seitwärts im Sattel: Signale geben mit den Gesäßknochen

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Seitwärts im Sattel: Signale geben mit den Gesäßknochen. Gleichmäßiger Sitz: Versuchen Sie im Seitwärts beide Gesäßknochen gleichmäßig zu spüren.

"Zu den Gewichtshilfen in Seitwärtsbewegungen wie Schenkelweichen und Schulterherein gibt es unterschiedliche Meinungen", stellt Rebekka Pertenbreiter fest.

"Die einen sagen, der Reiter soll in Bewegungsrichtung, also außen, sitzen. Die anderen sagen, der Reiter soll seinen Schwerpunkt auf der Seite haben, zu der das Pferd gebogen ist, also innen. Die Frage ist aber vor allem in der Lernphase, worauf das Pferd am besten reagiert und was es versteht. Probieren Sie das ruhig etwas aus."

"Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Reiter im Schenkelweichen und Schulterherein stark innen sitzen und dadurch die Bewegung in die andere Richtung verhindern", sagt Rebekka Pertenbreiter. Ihr Tipp: Sich erstmal nicht auf eine Seite konzentrieren, sondern mittig sitzen.

Ein inneres Bild, das dabei hilft: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf einer Stange (ähnlich wie rittlings auf einem Besenstil) und müssen die ganze Stange mit in eine Seitwärtsbewegung nehmen. Dabei dürfen Sie nicht in eine Richtung hängen und auch nicht mit dem Schenkel drücken.

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Seitwärts im Sattel: Signale geben mit den Gesäßknochen. Schon leichtes Einknicken in der Hüfte kann das Pferd im Schulterherein aus der Spur bringen.

Auch Kathrin Roida beobachtet: "Der häufigste Fehler ist, seitlich in der Hüfte einzuknicken, weil man zu sehr mit dem inneren Schenkel treibt." Außerdem sitzen manche Reiter zu stark innen. "Das bringt mehr Gewicht auf das innere Hinterbein, das vermehrt unter den Körper treten muss, und macht es dem Pferd schwerer", so Roida.

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Seitwärts im Sattel: Signale geben mit den Gesäßknochen. Kleine Hilfe, großer Effekt: den Bügel austreten.

Die Korrektur: Von Anfang an versuchen, im Seitwärts beide Gesäßknochen im Sattel zu spüren. "Im Schulterherein sitze ich relativ zentriert und gebe keine zu stark einseitige Gewichtshilfe", beschreibt die Ausbilderin.

Wer vermehrt außen sitzen möchte, etwa weil er innen mehr treiben muss, kann außerdem zum Ausgleich den äußeren Bügel etwas stärker austreten (siehe Foto). "Diesen Bügeltritt außen wird das Pferd mit einer Bewegung seines Rumpfs nach außen ausgleichen", erklärt Rebekka Pertenbreiter.

Seitwärts im Sattel: Impulse geben mit dem ganzen Reiterbein

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Seitwärts im Sattel: Impulse geben mit dem ganzen Reiterbein. Der seitwärtstreibende Schenkel liegt leicht hinter dem Gurt.

Den seitwärtstreibenden Schenkel kennt wohl jeder Reiter. "Wichtig ist die Position des Beins", erklärt Kathrin Roida. "Das Bein sollte nicht zu weit hinten sein, aber fürs Pferd erkennbar weiter hinten als der vorwärtstreibende Schenkel." (siehe Foto)

Arbeiten Sie mit Impulsen, beginen Sie so fein wie möglich. "Verlagern Sie zunächst minimal den Schenkel und legen das Bein hauchzart an den Pferdebauch an. Kommt keine Reaktion, steigern Sie den Druck impulsartig, nicht quetschend."

Die Reaktion des Pferds auf die Wade können Sie auch verbessern, indem Sie Ihre vorwärtstreibenden Hilfen verfeinern: "Oft nutzen wir unsere Wade, um das Pferd vorwärtszutreiben", erklärt Rebekka Pertenbreiter.

"Schaffen wir es durch impulsartiges Treiben und Reiten über Sitz und Körperspannung, dass das Pferd mehr aus eigenem Antrieb Vorwärts geht und sein Tempo hält, können wir die Wade leichter für seitwärtstreibende Hilfen einsetzen."

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Seitwärts im Sattel: Impulse geben mit dem ganzen Reiterbein. Er wirkt auf das Hinterbein. Bringen Sie den Oberschenkel mehr ans Pferd, treiben Sie mehr die Schulter seitwärts, so wie eine dort angelegte Gerte.

Schauen Sie sich über die seitwärtstreibende Wade hinaus auch die Wirkung Ihres gesamten Beins an. "Die Wade setze ich gerne verwahrend ein, sie wirkt eher auf die Hinterhand" erklärt Rebekka Pertenbreiter.

"Knie und Oberschenkel wirken dagegen eher auf Vorhand und Schultern." Um die Schulter seitwärts zu treiben, bringen Sie einfach nur Ihr Knie und den Teil des Oberschenkels, der sowieso am Pferd liegt, etwas mehr ans Pferd (siehe Foto). "Drehen Sie nicht das Knie zum Sattel, sondern erhöhen nur den Druck des Beins".

Wollen Sie die Einwirkung auf die Schulter verstärken, etwa weil das Pferd nicht reagiert, können Sie die Gerte an der Schulter anlegen.

Probleme lösen mit Seitwärtshilfen

Ihr Pferd geht nicht oder schlecht in die Ecken des Reitplatzes?

Oft drückt es unmerklich auf die innere Schulter. Legen Sie innen die Gerte an die Schulter, ohne sonst etwas zu verändern. Das Pferd soll dadurch den Druck von der Schulter nehmen, seine Balance korrigieren und so auch mental entspannter werden. So kann es die Führung des Reiters annehmen und gelassener durch die Ecken gehen.

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Probleme lösen mit Seitwärtshilfen: Sie möchten wissen, ob Ihr Pferd in Balance ist.

Sie möchten wissen, ob Ihr Pferd in Balance ist?

Wechseln Sie durch die Länge der Bahn, schließen die Augen und spüren, wo Sie ankommen. Wird Ihr Pferd schief, könnte das an Ihrem Sitz liegen. Korrigieren Sie im nächsten Durchlauf mit kleinen Hilfen wie Bügeltritt, minimalen Handbewegungen oder Beinhilfen.

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Probleme lösen mit Seitwärtshilfen: Fühlt es sich an, als ob Ihr Pferd auf eine Schulter fällt?

Fühlt es sich an, als ob Ihr Pferd auf eine Schulter fällt?

Legen Sie zum Überprüfen auf dieser Seite die Gerte an die Schulter. Korrigiert sich das Pferd daraufhin, war es vorher schief.

Seitwärts im Sattel: Zügelhilfen öffnen und schließen zur Seite

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Seitwärts im Sattel: Zügelhilfen öffnen und schließen zur Seite.

Um das Pferd mit den Zügelhilfen korrekt in die Seitwärtsbewegung zu führen, können Sie eine Seite schließen, eine öffnen. Außen schließen Sie, indem Sie die Hand minimal näher an den Pferdehals bringen, so dass der Zügel den Hals leicht berührt – "im Westernsport wäre das der Neck Rein, dem das Pferd weicht", so Rebekka Pertenbreiter. Mit der anderen Hand öffnen Sie zur Seite. Achten Sie darauf, die Hand dabei nicht versehentlich nach hinten zu bringen.

Kommt das Pferd in der Seitwärtsbewegung mit der Hinterhand in einen zu steilen Winkel zur Vorhand, führt Kathrin Roida als Korrektur die Schultern des Pferds mehr nach vorne in die Bewegungsrichtung. "Dazu bewege ich beide Hände parallel etwas mehr auf die Seite der Bewegungsrichtung. So führe ich beide Schultern wieder mehr vor die Hinterhand."

Kathrin Roida gibt im Seitwärts am inneren Zügel sanfte annehmende Impulse. "Das Pferd soll dadurch an diesem Zügel leicht werden, das Körpergewicht vom inneren Vorderbein wegbringen und mit diesem seitwärts weichen."

Wichtig: "Die Halsbasis des Pferds muss in den Seitengängen immer mittig ausgerichtet sein", betont Rebekka Pertenbreiter.

Die Expertinnen

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Rebekka Pertenbreiter

Rebekka Pertenbreiter bietet pferdegestütztes Coaching an und ist auf eine bewusste Kommunikation spezialisiert. www.seanara.de

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Kathrin Roida

Kathrin Roida ist Expertin für klassische Dressur. Seitengänge sind wichtiger Bestandteil ihrer vielseitigen Pferdeausbildung. www.kathrinroida.de

Die aktuelle Ausgabe
4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023