Ecken ausreiten: Was bringt es im Training?

Kreatives Ecken-Training
Jeder Winkel zählt

Zuletzt aktualisiert am 11.06.2024
CAVALLO Kreatives Ecken-Training
Foto: Lisa Rädlein

Das Durchreiten von Ecken

Wenn wir auf dem Viereck reiten, passieren wir etliche Male diverse Winkel – wahrscheinlich meistens, ohne darüber nachzudenken. Dabei hat die Ecke durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient. Wer gut um die Ecke kommt, schult seinen Sitz und trainiert sein Pferd. Denn das Durchreiten von Ecken ist Gymnastik fürs Pferd: Es muss sich biegen und an den Hilfen stehen, die Hinterhand aktiv einsetzen, im Takt und in Balance bleiben.

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Lisa Rädlein

Richtig unterwegs auf der Viertelvolte

Die perfekte Ecke ist anspruchsvoll: Das Pferd sollte in seiner Längsachse komplett gebogen sein. Hals, Schulter und Hinterhand dürfen die gedachte Linie der Viertelvolte nicht verlassen. Die Beine sollten von hinten oder von vorn betrachtet senkrecht zum Boden auftreten. Nur dann belastet das Pferd die innere Seite nicht stärker als die äußere.

Dabei muss das Pferd seinen Rhythmus vor, in und nach der Ecke beibehalten. Gerät es aus dem Takt, war entweder die Biegung noch nicht korrekt oder das Pferd hat seine Hinterhand zu wenig gebeugt.

Kreative Ideen fürs Eckenreiten

Fürs vielseitige Ecken-Training finden Sie im Folgenden verschiedene effektive Übungen, die das Pferd lockern und Schritt für Schritt besser an die Reiterhilfen bringen. Integrieren Sie diese spielerisch ins Training: Nehmen Sie sich eine Übung vor, und reiten Sie sie in allen vier Ecken auf beiden Händen. Sitzt eine Übung, können Sie sich ein anderes Mal die nächste vornehmen. Gibt es auf Ihrer Reitbahn keine rechtwinkligen Ecken, können Sie im rechten Winkel von der langen Seite abbiegen und die gegenüberliegende Seite anpeilen. Oder Sie markieren Ecken mit Stangen oder Pylonen.

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Übungen: Kreatives Ecken-Training

Übung 1: Ecken-Helfer für den Reiter

Diese Übung für effektives Ecken-Training mit Pylonen und Dualgasse fördert die Biegung. Außerdem macht sie steife Pferde wendig und geschmeidig. Dank der optischen Hilfen durch Pylone und Schaumstoffstange müssen Sie Ihr Pferd noch nicht allein mit Ihren Hilfen korrekt biegen können.

Starten Sie die Übung zunächst im Schritt. Die enge Ecke ist fürs Pferd schwierig genug. Reiten Sie gerade hinein, geben Sie korrekte, aber weiche Hilfen und lassen Sie Ihr Pferd selbst die Kurve kriegen. Danach geht es wieder vorwärts: Schicken Sie Ihr Pferd aus der Ecke energisch geradeaus. So erhalten Sie bei aller Biegung auch den Fleiß. Beginnen Sie zunächst im Schritt. So muss sich Ihr Pferd zwar bereits gut konzentrieren, aber ist nicht so überfordert, dass es die Pylonen umwirft. Je besser Sie biegen können, desto enger kann der Weg sein. Um zu traben, muss Ihr Pferd sich schon gut biegen und setzen können. Machen Sie dafür unbedingt den Durchgang zwischen Bande und Pylonen etwas breiter. Im Galopp empfiehlt sich die Übung nicht: Sie verführt zu pirouetteartigen Galoppsprüngen. Das ist aber nur bei Pferden sinnvoll, die tatsächlich schon auf diese Lektion vorbereitet werden.

Übung 2: Lockernde Ecke

Bei dieser Ecken-Übung kürzen Sie die Ecke auf der Zirkellinie ab. Dann halten Sie Ihr Pferd parallel zur Ecke an, stellen es in Richtung Bahnmitte und lassen Sie es dem inneren Schenkel in die Ecke weichen. Ihr Pferd soll dabei mit Vor- und Hinterhand gleichmäßig übertreten. Wenn Sie auf der Eckenlinie angekommen sind, biegen Sie auf eine Volte ab und reiten dann auf der korrekten Hufschlaglinie erneut durch die Ecke. Das bringt die Übung: Schulter- und Hüftmuskulatur werden gelöst. Das Pferd konzentriert sich auf die Ecke und rennt oder schlurft nicht einfach hindurch. Es lernt, besser auf Ihre biegenden und verwahrenden Hilfen zu reagieren.

Übung 3: "Weg vom inneren Zügel"-Ecke

Viele Reiter, die versuchen, ihr Pferd in der Ecke zu biegen, steuern es dabei mit der inneren Hand. Wer jedoch am inneren Zügel zieht, blockiert das innere Hinterbein. Das Pferd tritt schlechter unter und wird schief. So geritten, macht die Ecke natürlich kein Pferd fit. Lösungsansatz: Versuchen Sie, Ihr Pferd vermehrt am äußeren Zügel zu führen, indem Sie direkt in der Ecke innen nachgeben. Der innere Schenkel biegt das Pferd.

Übung 4: Ecke für den ausbalancierten Sitz

Liegt der Reiter in der Kurve ähnlich schräg wie ein Motorradfahrer, wird das Pferd schief oder fällt auf die innere Schulter. Dann nützen auch die Ecken nichts mehr. Unser Tipp: Halten Sie in den Ecken den Oberkörper gerade. Lassen Sie sich dabei von Ihrem Reitlehrer oder einem Stallkollegen korrigieren. Wenn Sie dazu neigen, in der inneren Hüfte einzuknicken, hilft es den meisten Reitern, die äußere Schulter etwas herunterzudrücken.

Mittig sitzen: Tipps für Reiter

Viele Reiter sitzen nicht immer ganz gerade auf dem Pferd und neigen dazu, in der Hüfte einzuknicken – vor allem in Wendungen. Für das Pferd wird die Ecke dann noch kniffliger zu meistern. Was Sie tun können, um Ihr Pferd nicht mehr aus der Balance zu bringen:

Sattel checken: Der Sattel kann den Reiter schief setzen. Liegt er nicht im Lot, weil die Sattelkissen ungleichmäßig befüllt sind, sitzt der Reiter auf der einen Seite tiefer. Bei gebrauchten Sätteln kann es vorkommen, dass der Vorbesitzer den Sattel schief geritten und der Sattelbaum sich sogar verzogen hat. Dann kann der Reiter nicht symmetrisch sitzen. Überprüfen Sie auch Ihre Steigbügelriemen: Sind sie wirklich gleich lang oder haben sie sich verzogen?

Ein Gefühl für die Schieflage entwickeln: Weil individuelle Bewegungsmuster eingefahren sind, spüren viele Reiter nicht, ob sie schief sitzen. Reiter, die lange Zeit auf einem schiefen Pferd oder Sattel sitzen, empfinden die Schräglage irgendwann als gerade. Tipp: Reiten Sie öfter mal ein anderes Pferd, dann setzen sich schiefe Gefühle weniger in Ihrem Kopf fest.

Koordination verbessern: Reiter, die einknicken, haben oft Koordinationsschwächen. Sie kämpfen nicht nur gegen den Knick in der Hüfte, sondern auch mit ungleicher Hilfengebung. Um die Koordination zu verbessern, können Sie im Leichttraben variieren: Bleiben Sie zweimal hintereinander sitzen oder auch zweimal hintereinander stehen. Das ist selbst für geübte Reiter gar nicht so einfach! Eine weitere Übung: Lassen Sie Ihre Gelenke rückwärts kreisen: Beginnen Sie mit dem linken Fußgelenk und dem rechten Handgelenk. Nehmen Sie den linken Unterschenkel und den rechten Unterarm hinzu, dann den linken Oberschenkel und rechten Oberarm.

Hilfengebung überprüfen: Mit Ihrer Einwirkung helfen Sie Ihrem Pferd durch die Ecke. Stellen Sie es mit dem inneren Schenkel und drehen Sie die innere Faust leicht ein. Ihre äußere Faust drehen Sie ein wenig aus, um die Stellung zu erlauben. So erhalten Sie die Anlehnung und das Pferd kann sich in der Viertelvolte stellen und biegen.

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Lisa Rädlein

Achten Sie darauf, dass Sie auf beiden Sitzbeinhöckern gleich viel Gewicht haben. Beide Zügel sollten den gleichen leichten Kontakt zum Pferdemaul haben. Keiner darf durchhängen oder zu stark anstehen.

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