Zehn Übungen gegen Einrollen und falschen Knick beim Reiten

Was tun gegen Einrollen und falschen Knick?
So kommt die Nase des Pferds vor

Zuletzt aktualisiert am 31.01.2024
Pferd mit offenem Genick
Foto: Rädlein

Die Pferdenase gehört nach vorne, aber Ihr Vierbeiner weiß nichts davon? "Wenn Pferde mit ihrem Kopf und Hals unter dem Reiter nicht immer Richtung Ideallinie streben und die Nase hinter die Senkrechte gerät, ist das vom Reiter nicht unbedingt so beabsichtigt", betont Dressurausbilderin Dr. Britta Schöffmann. "Wichtig ist, dass der Reiter solche Momente oder Phasen wahrnimmt und sich zum Ziel setzt, dieses Manko mit der weiteren Ausbildung zu reduzieren."

Viele Pferde sind zuchtbedingt leicht im Genick

Viele Pferde gehen aber gleich in Deckung, sobald sie Zügelkontakt spüren: Sie nehmen nur leicht die Zügel auf – und schwupps klappt Ihr Pferd den Kopf nach rückwärts weg, sodass Sie nichts mehr in der Hand haben. "Pferde, die so extrem leicht im Genick sind, dass sie bei Zügelkontakt direkt wegtauchen und sich aufrollen, gibt es immer häufiger. Hintergrund ist die Zucht, die mehr leichtrittige, extrem bewegliche und sensible Pferde hervorbringt. Für den Reiter ist das eine große Herausforderung", erklärt Dr. Schöffmann.

Diese Pferde müssen ihren meist recht langen Hals, an dem ja das Gewicht ihres Schädels hängt, unter dem Reiter ausbalancieren und stabilisieren. "Das ist anstrengend", so die Ausbilderin, "fehlt die Kraft, kippen die Pferde oft im Bereich des dritten Halswirbels weg. Nimmt der Reiter das an, kann sich die falsche Haltung, in der das Genick nicht der höchste Punkt ist, manifestieren. Dieses Muster aufzulösen, ist dann sehr schwierig und langwierig."

Der Hals formt sich nicht durch die Reiterhand

Auch Dr. Gerd Heuschmann, Tierarzt, Dressurausbilder und Rollkur-Kritiker, sieht das Problem vor allem in der Zucht – und in der Einstellung mancher Reiter: "Macht ein Pferd mit leichtem Genick den Hals rund, um dem Zügel auszuweichen, darf man das nicht annehmen und als Anlehnung interpretieren."

Gerade bei Pferden, deren Ausbildung noch nicht weit fortgeschritten ist, müsse man als Reiter akzeptieren, dass das Pferd sich auch mal heraushebt. "Die Genickbeugung muss man sich verdienen und geduldig darauf warten. Ein Pferd, das mit der Hand im Hals rundgemacht wird, geht nicht in Anlehnung", betont Heuschmann.

Denn der Hals formt sich nicht durch die Reiterhand, sondern durch die Funktion: Um den Reiter tragen zu können, muss das Pferd die Bewegung vom Schub der Hinterbeine über den langen Rückenmuskel bis nach vorne übertragen können. "Daraus ergibt sich dann die für das jeweilige Pferd korrekte und gesunde Hals- und Kopfposition ganz automatisch", so Heuschmann. Dafür braucht das Pferd jedoch eine gute Rumpfmuskulatur. Es muss zuerst einen Trageapparat aufbauen, damit es sich unter dem Sattel schadlos bewegen kann. Und der entsteht nicht von heute auf morgen.

Welche Übungen helfen, wenn sich das Pferd einrollt?

Damit das Pferd den Reiter tragen kann, muss es seinen Brustkorb stabilisieren können. Dieser ist nicht mit dem Skelett knöchern verbunden, sondern hängt in einem "Gerüst" aus Bindegewebe, Muskeln und Bändern. Werden die Rumpftragemuskeln und die Bauchmuskulatur beim Training des Pferds vernachlässigt, sackt der Brustkorb unter dem Reitergewicht nach unten. Das hat Einfluss auf den gesamten Körper und die Bewegungen des Pferds: Es entwickelt sich eine Trageschwäche. In dieser Situation arbeiten die Muskeln im Pferdekörper nicht richtig zusammen, bestimmte Muskeln und Strukturen werden überlastet und verspannen sich.

So kann ein Pferd sich weder losgelassen bewegen noch die korrekte Hals- und Kopfposition einnehmen. Es wird stattdessen auf die Vorhand fallen, schwer auf dem Zügel liegen oder sich hinter dem Zügel verkriechen. Deshalb können Übungen, die die Tragfähigkeit des Pferds stärken, auch seine Fähigkeit verbessern, mit der Nase wieder mehr nach vorne zu kommen. Welche Übungen helfen? Auf den folgenden Seiten stellen wir viele Praxis-Tipps unserer Experten vor.

Warum rollt sich mein Pferd ein?

Körperliche Schwächen, die mit dem Exterieur oder dem Trainingszustand zusammenhängen, sowie reiterliche Fehler können also die Ursache dafür sein, dass Pferde dazu neigen, sich einzurollen. Aber auch alles, was die Pferde daran hindert loszulassen, stört den Bewegungsfluss und damit auch die Anlehnung: etwa ein nicht passender Sattel oder Zaum. "Zu eng geschnallte Riemen drücken auf empfindliche Nerven am Pferdekopf, behindern die Atmung und das Schlucken und schränken die Bewegung des Unterkiefers ein", weiß Pferdedentistin und Bitfitterin Dr. Johanna Probst. Bei ihren Kundenpferden sieht sie zudem immer wieder Gebisse, die zu dick für das Pferdemaul sind oder scharfe Kanten haben. Wer ein zufriedenes und leistungsfähiges Reitpferd haben möchte, darf also auch das passende Equipment nicht außer Acht lassen.

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