Wer sein eigenes Körpergefühl und seine Wahrnehmung fürs Pferd schult, entwickelt auch ein besseres Gespür für die Bewegungen des Pferds und kann präzisere Hilfen geben. Aber wie geht das?
Ein besseres Körpergefühl fürs Pferd entwickeln: Ohne Sattel reiten
Hui, ist das rutschig. Gut so! "Wer seine Wahrnehmung und das Körpergefühl beim Reiten verbessern will, sitzt am besten auf dem blanken Pferderücken – und fühlt den direkten Kontakt zum Pferd", weiß die Feldenkrais-Lehrerin. Damit es sicher ist, lass dich dabei zunächst im Schritt führen.
Normalerweise stabilisiert uns der Sattel: Die Füße in den Steigbügeln geben uns Halt, die Reithose haftet am Leder, womöglich halten uns noch Pauschen in Position. Was, wenn das wegfällt? Dann fühlen wir, was genau das Gleichgewicht stört. "Zum Beispiel, wenn wir uns in die Wendung lehnen. Das ist kontraproduktiv", sagt die Expertin. Für gute Balance bleibt die Wirbelsäule des Reiters über der Wirbelsäule des Pferds.

Sinnlich: Wer mehr fühlen will, schließt die Augen und sitzt ohne Sattel auf dem Pferd. Ohne Sattel spürt die Reiterin direkt, ob das Pferd im Gleichgewicht bleibt.
Führtraining: Erforsche, was sich gut anfühlt!
Spürst du beim Führen deine eigenen Füße? Denkst du beim Wenden auch an die Hinterhand des Pferds? Läuft das Pferd geschmeidig oder stockt es? Geht es auf einer Seite harmonischer als auf der anderen? Hebt es beim Halt den Kopf oder bleibt er auf gleicher Höhe? Sind Hinter- und Vorderhufe auf einer Linie, wenn das Pferd sich durch eine Kurve bewegt? "Wenn du vorher die Reitbahn harkst, kannst du das an den Hufspuren im Sand ablesen", sagt Anke Recktenwald.
Erde dich selbst und fühle in deinen Körper: Atme beim Führtraining bewusst bis in deine Fußsohlen aus. Fühle, wie deine Füße den Boden berühren. Verändert sich dabei etwas am Gang deines Pferds? Oft spiegeln die Tiere das: Sie werden ruhiger, laufen weniger auf der Vorhand und fußen korrekter.
Wenden ohne Automatik: Biegst du beim Autofahren ab, machst du den Schulterblick. So siehst du mehr von der Umgebung hinten und seitlich. Wenden wir unser Pferd, vergessen wir hingegen allzu oft das Heck. Wir haben nur den Pferdekopf in unserer Wahrnehmung, denn neben diesem laufen wir. "Wenn ich darüber nachdenke, dass mein Pferd auch Hinterbeine hat, verbessert sich automatisch die Linienführung", weiß die Expertin. Tipp: Stell dir vor, dein Pferd ist ein Auto mit Anhänger. Das komplette Gefährt soll um die Kurve kommen. Dieses innere Bild wird auch die Bewegungsqualität deines Pferds verbessern.
Berührungen für mehr Körpergefühl bei Reiter und Pferd
"Über Berührung bringe ich Aufmerksamkeit und Gefühl in die jeweilige Körperregion", sagt Anke Recktenwald. Sie zeigt verschiedene Tellington TTouches, deren Wirkung du an deinem Pferd und dir selbst ausprobieren kannst.

Sanfte Berührungen festigen die Beziehung zum Pferd. Der Körper schüttet dabei Bindungshormone aus.
Zickzack: Streiche dein Pferd im Zickzack ab. Lege am Startpunkt deine Fingerspitzen aufs Fell und streiche dann schräg nach oben Richtung Mähnenkamm. Öffne dabei langsam die Finger, bis du bei der Wirbelsäule angekommen bist. Dann ziehst du die Hand in einer anderen Spur wieder zurück und schließt die Finger langsam wieder. "Führe deine Hand so sanft, als würdest du im Sand spielen und die einzelnen Körner fühlen", rät Anke Recktenwald. Auf diese Weise fährst du mit den Fingern im Zickzack übers ganze Pferd. Achte auf einen klaren Winkel nach dem Richtungswechsel. Die Berührung erhöht das Gefühl für Verbindung im Körper. "Etwas schneller ausgeführt, kann sie nach dem Reiten die Durchblutung anregen."

Anke Recktenwald schult seit 30 Jahren Pferde und Reiter in ihrer Körperwahrnehmung. Sie ist Tellington-Instruktorin, Feldenkrais-Pädagogin und unterrichtet Reiten aus der Körpermitte. Mehr Infos unter feldenkrais-rechtenwald.de
Mehr Tipps, Übungen und Anregungen für ein besseres Körpergefühl beim Reiten findest du im vollständigen Artikel: