Über den Rücken: Der Weg zu einer guten Oberlinie
Frühlingsgefühle? Überbewertet. Dacota bleibt cool. Sie schnaubt zufrieden und stiefelt entspannt über die grüne Wiese. "Sie kann auch anders”, sagt ihre Besitzerin. Aber solche Aussetzer werden immer seltener. Die Stute ging früher im Dressursport. Sie machte sich eng im Hals, versteckte sich hinter dem Gebiss und war total verspannt. Als Stefanie Kächelen Dacota übernahm, fing sie deshalb mit dem bereits weit ausgebildeten Pferd noch einmal ganz von vorne an. Ausbilderin Daniela Wais unterstützte die beiden dabei.
Der Weg war ganz klassisch – mit dem Pferd entlang der Ausbildungsskala. Losgelassenheit war dabei der erste große Meilenstein. Genau diese scheinbar kleine Errungenschaft ist der Grundstein dafür, dass die richtigen Muskeln wachsen können – auch und vor allem am Pferderücken. Denn jeder Sportler weiß: Ist die Muskulatur hart wie Beton, hat das Training keinen Effekt.

"Erst wenn das Pferd losgelassen und im Takt geht, ist es bereit für die Arbeitshaltung."
Das Schwierigste am klassischen Ausbildungsweg: Geduld. Vertrauen zum Reiter, Takt und Losgelassenheit entwickeln sich nicht von heute auf morgen. Aber sie bilden das Fundament, auf dem alles Weitere aufbaut. Dann kann die nötige Schubkraft entwickelt werden, die Hanke und Rücken stärkt. Erst daraus entstehen Tragkraft und Versammlung. "Dafür braucht jedes Pferd individuell viel Zeit. Ihm diese zu geben, ist essenziell wichtig”, betont Daniela Wais. Aber es lohnt sich. Denn alles, was danach kommt, wird richtig gut!
Losgelassenheit als Basis für einen starken Rücken
Daniela Wais dreht zum Aufwärmen gerne eine Runde um den Hof. "Ein guter Start ins Training ist, wenn ich es bereits im Schritt schaffe, nicht zu viel zu treiben oder gar zu schieben”, erklärt sie. Damit das Pferd sich ungestört und locker über den Rücken bewegen kann, hängen die Zügel bestenfalls durch. Wer sich damit noch unsicher fühlt, sollte sein Pferd lieber vor dem Reiten möglichst gesittet ablongieren, als nachher in die Zügel greifen zu müssen.
Auch im Trab und Galopp dürfen sich Dacota und Happy anfangs am losen Zügel bis zur Schnalle vorwärts-abwärts strecken. Nach ein paar Runden werden beide sichtbar lockerer und beginnen im Rücken zu schwingen. Dacota entwickelt von sich aus mehr Vorwärts, die temperamentvollere Happy dagegen wird ruhiger. "Einfach abwarten und den Takt herstellen ist hier wirlich das Zaubermittel. Denn würde ich die eine vorwärts drücken und die andere mit den Zügel zurückhalten, würden sich beide verhalten und könnten nicht loslassen. Wenn Pferde Takt und Losgelassenheit aus sich heraus enwickeln dürfen, werden sie vertrauensvoll beginnen, die Hand zu suchen”, weiß die Ausbilderin. Mit langem Hals gehen sie übrigens keineswegs auf der Vorhand – die beiden Stuten fußen kaum hörbar wie kleine Elfen in den Sand. "Wenn ich das natürliche Vorwärts nicht behindere, bleibt die Hinterhand aktiv”, so Wais.

Die Ausbilderin demonstriert das Rücken-Training mit zwei Stuten. Hier zu sehen die 16-jährige Warmblut-Stute Dacota.

Auch die 13-jährige Stute Happy profitiert vom Training für eine starke Oberlinie.
Der ausbalancierte Sitz im Einfluss auf den Pferderücken
Eine der kniffligsten Aufgaben im Sattel: das Pferd in seinen Bewegungen weich begleiten. Mit einer nachgiebigen Hand, die nicht einengt, und Schenkeln, die fühlend am Pferdebauch ruhen, macht es dem Tier Freude, vorwärts zu gehen, ohne dass es davonstürmen möchte.
In der Lösungsphase unterstützt ein ausbalancierter, entlastender Sitz das Pferd, den Rücken zu entspannen und den Reiter, den Bewegungen lockerer zu folgen und sicherer zu sitzen.

"Sobald wir das Pferd vorne festhalten, verspannt es sich im Rücken. Geben wir ihm aber Zeit, sich zu lösen, bekommen wir so viel geschenkt."
Für einen gleichmäßigen Takt hilft mitzählen. "Das überträgt sich aufs Pferd”, sagt Daniela Wais. Fällt es dem Reiter noch schwer, beide Zügel unabhängig vom Sitz ruhig zu führen und tritt das Pferd deshalb nicht gerne an die Hand heran, einfach die Zügel in eine Hand nehmen. "Das wirkt bei vielen Pferden Wunder”, so Wais. Ob dein Pferd tatsächlich über den Rücken geht und sich trägt, kannst du überprüfen, indem du die Zügel überstreichst. Bleibt es am Sitz, ohne sich herauszuheben, nach unten zu drücken oder wegzueilen, hast du alles richtig gemacht.

Dacota ist bereit für einen schönen Bergauf-Galopp unter ihrer Reiterin.
Du willst mehr darüber erfahren, wie du den Rücken deines Pferds effektiv und nachhaltig stärken kannst? Hier kannst du den vollständigen Artikel mit allen Trainingsdetails lesen:

Daniela Wais ist Pferdewirtschaftsmeisterin und lernte bei Dressurreiterin Dorothee Schneider. Derzeit arbeitet sie mit dem Ausbilder Christoph Ackermann zusammen. Die Expertin bietet bundesweit Kurse sowie Einzelunterricht und Beritt im Raum Stuttgart an. Mehr Infos unter danielawais.de