Wenn das Pferd im Schneckentempo seine Runden zieht, die Hufe durch den Sand schleppt und seufzend jedes Angebot zum Stehenbleiben dankbar annimmt – dann haben Zuschauer Mitleid, der betroffene Reiter Frust. Und der müde Vierbeiner? Der, so würden manche sagen, hat einfach keine Lust.
Warum ist mein Pferd faul?
Doch so einfach ist das nicht. "Wir dürfen so ein Pferd nicht gleich in die Faultier-Schublade stecken", betont Horsemanship-Trainerin Klaudia Duif. "Kein Pferd ist von Natur aus faul. Dafür gibt es immer einen Grund. Und den müssen wir finden, lösen – oder lernen, damit besser umzugehen", ergänzt sie. Sie findet: Die Pferde, die mit ihrer Energie gut haushalten, gehören zu den besonders schlauen Exemplaren. "Weil sie sich nur anstrengen, wenn sie glauben, es lohnt sich, müssen wir uns umso mehr anstrengen", erklärt sie schmunzelnd.
Vermeintliche Faulpelze sind oft clever
Faultiere sind also eine echte Herausforderung für ihre Reiter. Verständlich, dass sie für Standard-Programme à la Nullachtfünfzehn nicht zu begeistern sind. "Besitzer gemütlicher Pferde wollen oft besonders viel Abwechslung ins Training bringen", weiß Klaudia Duif. Doch das würde häufig dazu führen, dass die Pferde zwar jeden Tag etwas anderes tun, aber immer etwas leisten müssten. "Dieser Ansatz wird solchen Pferden nicht gerecht", meint die Trainerin.
Die Abwechslung dürfe nicht so aussehen, dass wir den Tieren möglichst unterschiedliche Formen körperlicher Arbeit anbieten.
Vermeintliche Faulpelze seien clevere Köpfe, die sich schnell langweilen. Sie stehen auf kleine kreative Aufgaben, die sie ohne viel körperlichen Einsatz lösen können. Klaudia Duif wünscht sich, dass wir Reiter die Einstellung zu den Energiesparern unter den Pferden ändern, sie nicht als langweilige Vierbeiner betrachten, die sich vor jeder Arbeit drücken. "Wir sollten uns lieber fragen, warum wir diese schlauen Pferde so langweilen – und sie für das schätzen, was sie sind", fordert Duif.
Dressurausbilderin Marcella Becker weist darauf hin, dass Pferde unterschiedliche Temperamente haben. Manchen Pferden falle es am Anfang der Ausbildung auch körperlich schwer, in die Gänge zu kommen. Dazu gehören etwa Pferde, die eher weiche Muskulatur haben, wie manche Iberer. "Dann Druck zu machen, macht alles noch schlimmer", betont Becker. "Wir müssen dem Pferd Zeit geben, seinen Körper zu organisieren."
Bei triebigen Pferden Gewicht, Ausrüstung und Einwirkung checken
Auch gesundheitliche Probleme machen Pferden die Bewegung madig. Ob hier etwas im Argen liegt, muss tierärztlich gecheckt werden. "Ein häufiges Problem ist Übergewicht", so Ausbilderin Isabelle von Neumann-Cosel. "Pferde, die kaum trainiert und gymnastiziert sind oder einen dicken Bauch mit sich herumtragen, müssen sich furchtbar plagen", betont sie.
"Wirklich faule Pferde gibt es nicht. Die meisten sind faul gemacht", sagt auch Dressurausbilderin Dr. Britta Schöffmann. Abgesehen vom Gesundheitszustand müsse auch das Equipment gecheckt werden. "Es ist erschreckend, wie oft der Sattel nicht passt oder Nasenriemen zu eng verschnallt sind", so Dr. Schöffmann. Und letztlich müssten Pferdehalter und Trainer auch ein Auge darauf haben, ob die reiterliche Einwirkung stimmt: "Reiterliche Sitzfehler können ein Pferd unfassbar stören."
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