Elend ohne Ende: Die Schuldigen

Elend ohne Ende: Die Schuldigen
Wer hat Schuld am Pferde-Leid?

Zuletzt aktualisiert am 24.09.2017

Das aufgerissene Maul, die Stirn hinter der Senkrechten: Es ist ein hässliches Bild, wie der Fuchs in der Dressurprüfung S* St. Georg geritten wird. Schlauchgeräusche – ein Zeichen für verspannte Pferde – begleiten den Auftritt. Auch optisch wirkt das Tier stramm statt locker. Die Vorstellung findet mit der Grußaufstellung ein Ende, wozu die Reiterin kräftig an der Kandare zieht. Knapp 70 Prozent bekommt das Paar als Wertnote – und gewinnt die Prüfung.

Leider ist die obige Szene kein Einzelfall. Bei unseren aktuellen Recherchen auf württembergischen Reitturnieren filmte und fotografierte das CAVALLO-Team wieder einmal mehrfach Pferde, die dauerhaft in schmerzhaften Haltungen geritten wurden – auf Prüfungs- und Abreiteplätzen. Die Aufnahmen besprachen wir später mit Reitsport-Experten und der Deutsche Reiterlichen Vereinigung. Wir wollten wissen: Warum gewinnen Pferde beispielsweise Dressurprüfungen, wenn es offensichtlich an wichtigen Ausbildungsbasics wie der Durchlässigkeit mit harmonischen Bewegungsmustern oder einer vertrauensvollen Anlehnung mangelt? Weshalb siegen Reiter, die weder geschmeidig sitzen noch korrekt einwirken? Und vor allem: Wer oder was ist schuld an diesen leidigen, immer wiederkehrenden Szenen, die uns allen längst zum Halse raushängen?

Hässliche Bilder: Schuld an der Rollkur

Im Visier haben wir die Turnierszene schon lange. Zuletzt berichteten wir von den Qualszenen auf dem Abreiteplatz eines internationalen Reitturniers. Gleich vorweg: Den einen Schuldigen gibt es nicht, weshalb wir auch die Identität der Reiter schützen. Sie stehen stellvertretend für gängige Praktiken. Erschreckend: Selbst beim Reiternachwuchs (siehe Kids-Cup) waren hässliche Bilder weder Einzelfälle noch ungünstige Momentaufnahmen.

Wie schwer die Suche nach dem Sündenbock ist, zeigt auch das aktuelle Beispiel Bernhard Meier. Der österreichische Springreiter quälte sein sichtlich überfordertes Pferd Paddys Darco mit harten, unangemessenen Hilfen durch das CSI1* in Wien (8.–11. Juni 2017). Fast jede Stange fiel, nach drei Verweigerungen erst wurde Meier abgeklingelt. So wie jedes Paar nach drei Verweigerungen. Zum Schutz des Pferds hätten die Richter vorher reagieren müssen! Nur: Ihnen in so einem Fall die alleinige Schuld zu geben, wäre ungerecht – quälte doch der Reiter sein Pferd.

Der Strafausschuss des Österreichischen Pferdesportverbands reagierte in jedem Fall richtig: Per einstweiliger Verfügung wird Meier nur wenige Tage später für drei Monate von sämtlichen pferdesportlichen Veranstaltungen im In- und Ausland ausgeschlossen. Bleibt zu hoffen, dass der Reiter nun endlich umdenkt.

Leider ist dieser Fall eine Ausnahme. Zumindest was die Sperre betrifft. Gäbe es weniger Quälerei, wenn Reitsport-Verbände wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) härter durchgreifen würden?

Die Bilder und Wertnoten auf unseren Bildern stammen aus einer S-Dressur S* St. Georg, die wir im Juli 2017 besuchten.

Tierarzt und Biomechaniker Dr. Gerd Heuschmann aus Dülmen/NRW begutachtete sämtliche in der Prüfung gemachten Bilder. Er teilt unseren Eindruck, dass die Pferde Ausbildungsmängel aufweisen, die mit dem Niveau der Prüfung unvereinbar sind: "Die abgebildeten Tiere erfüllen die Ausbildungsskala in keinem Punkt. Es sind sogenannte Schenkelgänger mit festem Rücken und zu wenig aktiver Hinterhand. Die Reiter haben viel Gewicht in der Hand, machen viel Druck am Bein und durch einen schiebenden, zurückgelehnten Sitz. Eigentlich dürften solche Pferde keine Wertnoten über 50% (= genügend) erhalten. Würde so gerichtet, würden bald mehr Reiter korrekt ausbilden."

Die Verbände

"Jeder Verband versucht, Regeln zu schaffen, die die Zukunft des Pferdesports sichern", sagt Dr. Britta Schöffmann, Ausbilderin, Turnierrichterin und ehemalige Grand-Prix-Reiterin aus Duisburg. "Ob Berufsreiterausbildung, Fortbildungsseminare, Richtlinien oder ethische Grundsätze: Die FN etwa tut viel für Qualität und Moral im Reitsport." Aber? "Oft ist das, was die Verbände fürs Pferdewohl predigen, anders als das, was gemacht wird." Auch orientieren sich viele Sportreiter an internationalen Regeln.

Bezeichnung verharmlost

Beispiel: Aus Rollkur machte die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) erst Hyperflexion, dann LDR (Low, Deep, Round). Schöffmann. "Die FEI erlaubt die Anwendung von LDR bis zu zehn Minuten lang auf dem Abreiteplatz. Mögliche Schädigungen werden verharmlost, Kritiker ignoriert."

Irritierend, denn im Jahr 2017 sollte jedem Reiter bekannt sein, dass Pferde massiv leiden, wenn die Nasen-Stirn-Linie immer wieder für längere Zeit und mit sichtbarer Krafteinwirkung der Reiterhand deutlich hinter die Senkrechte kommt. Das beweisen Verhaltensstudien von Biomechanikern aus den Jahren 2011 und 2014.

Grundsätze widersprechen Praktiken

Auch die FN scheint sich mit ihren "Ethischen Grundsätzen des Pferdefreundes" selbst zu widersprechen. Satz 3 etwa lautet: "Der physischen wie psychischen Gesundheit des Pferdes ist unabhängig von seiner Nutzung oberste Bedeutung einzuräumen."

Für die Tierärztin und Pferdesachverständige Dr. Antje Rahn aus Neuruppin/Brandenburg klingen solche Grundsätze angesichts gängiger Praktiken wenig glaubwürdig. "In Zucht und Sport haben die Vermarktungsinteressen von Züchtern, Besitzern und Ausbildern oberste Bedeutung. Oder warum gibt es etwa Bundeschampionate, in denen dreijährige Pferde bis zu drei Teilprüfungen plus drei Fremdreiter ertragen müssen?"

Fragen an den Verband – ausweichende Antworten

Die Redaktion schildert Thies Kaspareit, Leiter der FN-Abteilung Ausbildung und Wissenschaft, unsere Eindrücke von den zuletzt besuchten Turnieren. Außerdem bekommt der Pferdewirtschaftsmeister unsere aktuellen Aufnahmen vorgelegt. Speziell in der Dressur, das schildern wir dem FN-Vertreter, haben wir nicht eine harmonische Vorstellung gesehen. Was kann der Verband tun, damit solche Bilder künftig der Vergangenheit angehören?

"Ich sehe in diesen Bildern, die die Vorstellungen nur punktuell abbilden, teilweise unharmonische Situationen, ganz sicher aber keine Tierschutzrelevanz", sagt Thies Kaspareit. "Die Reiter zeigen zwischendurch auch bessere Momente, außerdem hat kein Reiter von den Richtern 70 Prozent (ziemlich gut) erreicht, d.h. Schwächen wurden durchaus registriert." Wir halten dagegen, dass kein Reiter mit unter 60 Prozent (befriedigend) bewertet wurde. Angesichts der vielen groben Bilder erscheint das bedenklich.

Auch Kaspareit verurteilt schlechtes Reiten. "Dressur soll harmonisch und schön anzusehen sein", sagt er. Der FN-Ausbildungsleiter sieht Handlungsbedarf, fürchtet aber, dass sich unschöne Szenen künftig nicht ganz abstellen lassen werden, "weil richtiges Reiten sehr komplex und anspruchsvoll ist", so Kaspareit. "Hier müssen wir weiter dran bleiben, damit gutes und harmonisches Reiten noch mehr belohnt wird."

Die Reiter

"Ein Richter klingelte eine Reiterin ab, die ihrem Pferd in der Piaffe bei jedem Tritt mit den Sporen in die Flanken stach", beobachtete Tierärztin Dr. Antje Rahn vor kurzem in einer Dressurprüfung. "Die Begründung: Das Paar sei den Anforderungen nicht gewachsen." Anstatt sich die Kritik zu Herzen zu nehmen, parkte die Reiterin ihr Pferd vor dem Richterhäuschen, startete eine hitzige Diskussion. "Mit Pferdeverstand hat so ein Verhalten nichts zu tun", sagt Rahn. "Vielen Reitern fehlt jeglicher Respekt vor dem Tier." Was treibt sie aufs Turnier?

Turniere als Verbesserungsmöglichkeit

Reitcoach Nicole Weber aus Hannover hat sich unter anderem auf Turnierreiter spezialisiert. Sie sagt: "Die Idee eines Turniers besteht darin, mit Gleichgesinnten herauszufinden, wo ich mit meinem Pferd gerade stehe – und was ich verbessern kann." Dieser positive Grundgedanke zählt jedoch selten. "Viele Turnierreiter stehen unter enormem Leistungsdruck, wollen zu schnell zu viel", erklärt Nicole Weber.

Zu viel zu wollen macht Stress

Wer zu viel will, ist schnell überfordert. Der Druck ist hoch, weil die Leistung auf den Punkt kommen muss. "Sind Reiter und Pferd dem nicht gewachsen, entsteht Stress", sagt die Expertin. So wie hier auf einem ländlichen Turnier bei Stuttgart Anfang Juni: Eine junge Frau reitet knapp eine Stunde lang mit strammgezogener Kandare eine Lektion nach der anderen, bevor die eigentliche Prüfung, eine M** Dressur, startet. Auf dem Weg zum Viereck schimpft sie: "Das wird heute nichts, der Gaul ist total faul." Dass ihr Pferd bereits klatschnass und erschöpft ist, reflektiert sie nicht. Entsprechend matt und ausdruckslos ist die Vorstellung. Und dafür erntet der arme Wallach Schimpfe?

Verständnislose Reiter

"Es ist einfach, die Verantwortung für Probleme auf andere abzuwälzen", erklärt Weber. "Zum Beispiel auf die Umstände vor Ort, die Richter oder das Pferd." CAVALLO spricht die Reiterin vor Ort an. "Wie lange soll ich denn abreiten?", klagt sie etwas wirr. "Da gibt es ja kein Gesetz zu."

Turnierrichterin Dr. Britta Schöffmann wundert sich nicht über die Reaktion. "Ich habe häufig den Eindruck, dass Reiter mich gar nicht verstehen, wenn ich sie auf grobes Verhalten hinweise. Viele sind sich überhaupt nicht bewusst, wie schlecht sie mit ihrem Pferd umgehen."

Ändern können beherzte Richter wie Britta Schöffmann angesichts der Wissenslücken über Reitlehre und Biomechanik wenig. Auf dem Turnier lässt sich eben nicht nachholen, was jahrelang versäumt wurde.

Die Ausbildung

Durch die fehlenden Grundlagen steigt die Spannung im Pferd, es wird unsicher und ängstlich. Seine Reaktion veranlasst den Reiter zu noch mehr Krafteinsatz, das Ganze potenziert sich zu hässlichen Bildern. Kümmert sich denn niemand um ihre Schulung?

Reiter wollen wenig Kritik hören

Die FN würde gerne, wenn sie könnte, signalisiert Ausbildungsleiter Thies Kaspareit. Da jedoch immer mehr Reiter Individualisten sind, wird es für den Verband immer schwieriger, alle unter einen Hut zu bekommen. "Viele Reiter bewegen sich in ihrem eigenen Umfeld in einer Art Blase, wo sie kaum noch Kritik hören", sagt Thies Kaspareit. "Etwa, wenn sie selbst einen Ausbildungs- oder Turnierstall betreiben. Es gibt leider einige, die sich nicht ausreichend fortbilden."

Falscher Ehrgeiz macht brutal

Tatsächlich bereiten sich viele Reiter ohne konstante Kontrolle auf die Wettkämpfe vor. "Falls sie einen Trainer hinzubitten, dann ist das mal Reitlehrer X und dann wieder Ausbilder Y", sagt Ausbilderin Britta Schöffmann. "Oder sie besuchen einmal jährlich einen Wochenendkurs." Kommt dann beim Reiter noch falscher Ehrgeiz dazu, sind brutale Turnierauftritte nicht mehr weit.

Eltern forcieren hohes Turnierniveau ihrer Kinder

Am ehesten lässt sich der Nachwuchs formen. Kaspareit. "Talentierte Junioren und junge Reiter, die in modernen Förderprogrammen wie den Landes- und Bundeskadern sind, reiten immer besser. Auf Jugendchampionaten sieht man viele schöne Bilder." Ist es schön, wenn Kinder mit Pelham und Sperriemen unterwegs sind? "Spezialzäumungen finde ich in diesem Bereich auch schwierig", gesteht Kaspareit. Ein Problem: "Eltern wollen ihre Kinder oft zu früh auf zu hohem Niveau im Turniersport sehen und dann wird das Regelwerk manchmal für etwas ausgenutzt, wofür es nicht gedacht ist."

Förderprogramme für Kinder

Kinder, die von klein auf unter Druck stehen und lernen, Pferde mit scharfen Gebissen, Sporen oder Peitsche wie Sportgeräte zu behandeln, haben wenig Chance, sich zu feinfühligen, fairen Reitern zu entwickeln. Das könnten flächendeckende, pferdefreundliche Förderprogramme tatsächlich verhindern, von denen es aber zu wenige gibt.

Senioren indes, die auf M oder S-Niveau reiten, befinden sich in der Regel nicht mehr in solchen Schleifen. "Auf die haben wir keinen direkten Zugriff. Hier kann nur ein stringentes Bewertungssystem für Orientierung sorgen", fordert Kaspareit. "Dadurch muss der Reiter selbst ein Interesse entwickeln, sich zu verbessern und sich aktiv um eine qualifizierte Fortbildung kümmern." Sollte das bei den Richtern nicht ebenfalls so sein?

Die Richter

Um mit den eigenen Wertnoten nicht allzu sehr von den Kollegen abzuweichen, pendeln speziell Neulinge lieber im Mittelfeld, also Noten wie "befriedigend" (zwischen 6,0 und 7,0) herum", weiß Britta Schöffmann. "Sie haben Angst, als Querulant zu gelten und künftig nicht mehr eingeladen zu werden." Ein weiterer wunder Punkt in Dressuren mit getrenntem Richten, wobei sich die Richter nicht untereinander austauschen können, ist, dass wichtige Basics wie Losgelassenheit und Durchlässigkeit in der Wertnote zu wenig Gewicht haben. "Viele Richter lassen sich von Stramplern blenden oder summieren nur Fehler, statt Ausbildungskriterien zu hinterfragen", sagt Britta Schöffmann.

Getrenntes Richten soll objektiver sein

Der FN sei das bewusst, erklärt Ausbildungsleiter Thies Kaspareit. "Getrenntes Richten wirkt für die meisten Reiter allerdings objektiver. Sie glauben, das andernfalls eher gemauschelt wird." Manche Richter wissen es aber auch nicht besser. Sie greifen bei Regelverstößen deshalb höchstens halbherzig ein, weil sie sich tatsächlich nur selten oder gar nicht fortbilden. So kann sich natürlich auch nichts zum Guten ändern – weder in der Prüfung noch auf dem Abreiteplatz.

Richter brauchen Mut für schlechte Noten

Generell tanzen nur wenig Mutige aus der Reihe und gehen mit ihren Wertnoten in den Keller, wenn Reiter und/oder Pferd den Anforderungen nicht gewachsen sind. "Je höher die Leistungsklasse, desto mehr Courage braucht ein Richter", beobachtet Antje Rahn. Sie wünscht sich, dass Zivilcourage von Reitern, Richtern und Zuschauern anerkannt sowie gefördert wird. "Einige Richter fürchten besonders, gegen Profis oder Stars mit großen Namen vorzugehen." Sollten die nicht gerade Vorbilder für alle anderen Reiter sein?

Die Profis

Grand-Prix-Reiterin und Ausbilderin Andrea Bethge kennt den Druck, unter dem Profis häufig stehen. Sie hat einen ganzen Stall voller Berittpferde. "Es gibt Kunden, die über Verträge fordern, dass ich ein Pferd in Zeitraum X in Klasse Y zu starten habe, anstatt sich auf die Fähigkeiten des Ausbilders und die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten des Vierbeiners zu fokussieren", erzählt sie.

Verträge mit Vorgaben

Bethge lässt sich längst nicht mehr durch derlei Verträge gängeln. Bei ihr steht jedes Pferd mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Egal, wieviel Zeit und im Zweifel auch Geld sie das kostet.

Anzeige wegen Tierquälerei

Andere verleitet der Erfolgsdruck zu grausamen Mitteln. So entdeckte ein CAVALLO-Leser auf einem rheinischen Turnier ein Pferd, das an den Füßen gefesselt im Transporter eines Springreiters wartete. Die unlogische Begründung des Tierquälers: Das Pferd solle schnell ein hohes Turnierlevel erreichen, damit es sich gut verkaufen ließe.

Unser Leser zeigte den Mann an. Mitte Juli 2017 ist die erste Gerichtsverhandlung – bisher ohne Ergebnis wie einer Sperre des Grobians. Haben Laien überhaupt eine Chance, effektiv gegen solche Tierschänder vorzugehen?

Der Tierschutz

Rechtsanwältin Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier aus Berlin erklärt, wie Sie vorgehen sollten.

So gehen Sie gegen Tierquäler vor

"Erkundigen Sie sich in der Meldestelle nach dem sogenannten LK-Beauftragten." Das ist ein Richter, der als Sachverständiger und Vertreter der jeweiligen Landeskommission auf einem Turnier fungiert. "Er hat die nötigen Befugnisse, sich direkt an den betroffenen Reiter zu wenden und Sanktionen einzuleiten", so von Stralendorff-Grüttemeier.

Entscheidung durch Landeskommission

Damit der Richter richtig handeln kann, ist es wichtig, Ross und Reiter zu nennen: "Machen Sie sich gleich nach dem Vorfall Notizen", rät die Anwältin. "Wer hat was getan, wann und wo und gegebenenfalls warum. Belegen Sie den Sachverhalt möglichst mit Fotos und Videos." Ob der Tierquäler weitere Auflagen erhält und für künftige Turniere gesperrt wird, entscheidet die Landeskommission. "Sie erstattet gegebenenfalls auch Strafanzeige."

Turniersperren tun am meisten weh

Allerdings mahlen die Rechtsmühlen in solchen Fällen extrem langsam. Der Grund: "Tierquälerei ist ein weites Feld, das Tierschutzgesetz ist sehr allgemein formuliert und jeder Einzelfall muss genau geprüft und bewertet werden," erklärt Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier. Das fällt den Staatsanwaltschaften schwer, weil meist die Fachkompetenz fehlt.

Sanktionen der Verbände wie eine unmittelbare Turniersperre sind oft effektiver – und tun speziell Profireitern am stärksten weh. Zögern Sie also nicht, wenn Sie vor Ort einen Tierquäler ausmachen und handeln Sie wie beschrieben!

Die Lösung

In den Jahren 2002/03 etwa setzen sich die Deutsche Vereinigung zum Schutz des Pferdes DVSP e.V. und die Versicherungsagentur Kaupp mit einem "Fairness-Cup" für gewaltfreie und pferdegerechte Turnierreiterei ein. Idee: Die Reiter werden auf zwei Prüfungsebenen beurteilt, Leistung (FN-Richter) und Fairness (Wertung: Fairness-Cup-Richter). Leider konnte sich das Projekt in der Turnierszene nicht durchsetzen, "es bewegte jedoch ein paar Sportreiter zum Umdenken", sagt Mitinitiatorin Antonia Kaupp.

Fortbildung für Amtstierärzte

Wirksam könnten auch mehr Fortbildungsveranstaltungen für Amtstierärzte zum Thema "Tierschutz im Reitsport" sein, wie sie Pferderechtsanwältin Dagmar von Stralendorff-Grüttemeier in Berlin und Brandenburg mitbegründet hat. Das Ziel: Die Kommunikation zwischen Tierschutzbehörden und Reitsportlern verbessern und Missetäter effektiv verfolgen.

Kleine Fortschritte beobachtbar

Die Redaktion wird grobe Reiter ebenfalls weiter beobachten und darüber berichten. Erfreulich: Seit die Szene für das Thema Brutalität sensibler geworden ist, gibt es mehr Kontrollen und weniger gemeldete Auffälligkeiten. Schlaufzügel oder bis zum Anschlag verzurrte Nasenriemen etwa sind zumindest bei kleineren Turnieren auf dem Rückzug. Das lässt hoffen!

Turnierrichter in der Kritik: Show statt Dressur? Dr. Britta Schöffmann im Podcast-Interview

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