Horse Bodyforming - Trainingsgurt für Pferde
Bodyformer: Trainingsgurt im Test

Ob schwer verletzt, ausrangiert oder nur aus der Balance – ein neuer Trainingsgurt soll kranke und steife Pferde wieder fit machen. CAVALLO testet ihn.

CAV Bodyformer Gurt
Foto: Claussen

Giacomo rennt. Der Schecke flitzt mit lockeren Bewegungen an der Longe über eine Wiese. Offensichtlich fühlt er sich wohl in seiner Haut. Vier Wochen zuvor sah das ganz anders aus. Da ließ sich der Wallach nur mit Mühe ein paar verspannte Trabtritte entlocken. Giacomo ist eins von drei kranken oder unreitbaren Pferden, die sich mit ihren Besitzern einem spannenden CAVALLO-Experiment
stellten.

Unter der Regie von Pferdeosteopathin Barbara Welter-Böller aus Overath (NRW) trainierten die Problemfälle vier Wochen lang mit einem neuartigen Therapiegerät, dem Horse-Bodyformer. An einem Longiergurt hängt eine Noppenplatte unter dem Bauch, die in Bewegung wippt und so die Bauchmuskeln stimuliert. Das soll bei rückenkranken Pferden wahre Wunder bewirken. Die Tiere, so verspricht der Hersteller, wölben damit leichter den Rücken und bauen schneller Muskeln auf, die durch Krankheit, Ausbildungsfehler oder unpassende Ausrüstung verloren gingen.

Mix aus Longiergurt und Massagematte

Ersonnen wurde diese Mischung aus Longiergurt und Massagematte von Franz Grünbeck. Der österreichische Westerntrainer bekam immer wieder schreckhafte oder schwierige Pferde in Ausbildung. „Bei den meisten stellte sich heraus, dass ihr Problem eigentlich im Rücken lag“, sagt Grünbeck. Den Tieren fehlten Muskeln, ihre dauernden Rückenschmerzen ließen sie wild oder apathisch werden.

Der gelernte Hufschmied baute die Pferde dann mit sorgfältigem Training wieder auf. Doch zwei Dinge störten ihn: Das Training
dauerte recht lange, und viele Besitzer konnten den erreichten Zustand zu Hause nicht erhalten. Deshalb suchte Grünbeck nach
Möglichkeiten, Muskeln schneller wachsen zu lassen und langfristig zu bewahren.

Kontakt

CAV Bodyformer Gurt Franz Grünbeck
privat
Franz Grünbeck

Der Niederösterreicher Franz Grünbeck (52) arbeitet seit 30 Jahren mit Pferden. Der Westernreiter ist gelernter Hufschmied. Parallel unterstützte er in den vergangenen Jahren immer öfter Reiter im Umgang mit schwierigen oder unreitbaren Pferden. Auf seinem eigenen Hof hält er – ebenfalls schon seit fast 30 Jahren – Pferde im Bewegungsstall und beschäftigt sich dabei intensiv mit Fragen der Rangordnung und Eingliederung.

Franz Grünbeck
Groß Neusiedl 12
3961 Waldenstein, Österreich
Tel. 0043-664-3841175
www.horse-bodyforming.com

Hilfe bei Verspannung und Senkrücken

Viele Problempferde haben Schmerzen. Wird der Körper schnell fit, erholt sich bald auch die Psyche. Die Therapeutin hat in ihrer Praxis immer wieder mit Pferden zu tun, bei denen der Übergang von Hals- zu Brustwirbelsäule, also der Bereich zwischen den Schultern, stark irritiert ist. Der Grund sind unpassende Sättel oder eine starke Vorderlastigkeit.

„Beim Training mit dem Bodyformer entspannt dieser Bereich und die Wirbelsäule hebt sich. In den Vorderbeinen verbessert sich dadurch die Durchblutung, und auch Nervensignale werden besser weitergeleitet“, sagt Barbara Welter-Böller. Die Therapeutin nennt weitere positive Effekte: Die äußeren Rumpfmuskeln werden durch die korrekte Biegung gedehnt, ebenso der breite Rückenmuskel, die Rückenfaszie und der tiefe Brustmuskel.

Diese Muskeln sind durch falsches Training oft verkürzt. „Viele Pferde stehen dadurch rückständig, ihre Vorderbeine sind oft verdreht“, beschreibt Welter-Böller. Solche Veränderungen der Statik belasten die Vorderbeine. Die Folge sind zum Beispiel früher Verschleiß in Fesselgelenk oder Hufrolle. Die Hinterhand entwickelt beim Training mit dem Bodyformer mehr Kraft.

Ein stärkerer gerader Bauchmuskel, der am Schambein ansetzt, stabilisiert das Becken. Der Schub der Hinterbeine überträgt sich so mit weniger Bewegungs- und Energieverlust durch Becken und Lendenwirbelsäule nach vorn. Hält das Pferd sein Becken mit den Bauchmuskeln stabil, besteht auch nicht die Gefahr, dass seine Hinterbeine zu weit nach hinten rausschieben. Die Lendenwirbelsäule wird nicht überstreckt und das Risiko für Rückenschäden wie Kissing Spines sinkt.

Hilfe bei Verspannung und Senkrücken

Barbara Welter-Böller setzt den Trainingsgurt vor allem bei Pferden ein, deren Rücken- und Bauchmuskeln zu schwach sind, um einen Reiter zu tragen. Der Bodyformer hilft aber auch Pferden mit Senkrücken oder massiv verspannter Oberlinie, etwa wenn der Sattel lange nicht passte oder sie falsch geritten wurden.

Nach einer Krankheit können Reiter ihre Pferde damit an der Longe auftrainieren. So ist es kein Problem, wenn ihnen selbst die
reiterlichen Fähigkeiten fehlen, um vom Sattel aus die richtigen Muskeln aufzubauen. Rückständige und vorbiegige Pferde, die ihre Brustmuskeln verspannen und dabei ihre vorderen Beugesehnen überlasten, profitieren ebenfalls von diesem Training. Außerdem kann der Bodyformer gesunden Pferden helfen fit zu bleiben, wenn sie aus anderen Gründen mal nicht geritten werden können.

Sei es, weil sie aufgrund einer Verletzung gerade keinen Sattel oder kein Gewicht auf ihrem Rücken vertragen, oder weil einfach kein geeigneter Reiter zur Verfügung steht. Zieht ein Pferd allerdings sowieso schon permanent den Bauch ein, ist der Bodyformer keine Lösung. „Er würde das Problem eher verstärken“, sagt Welter-Böller. Auch Pferde mit gereiztem Blinddarm und Kolik-Patienten sollten nicht mit dem Bodyformer trainieren, bevor nicht ein Tierarzt grünes Licht gegeben hat. Niemand sollte seinem Pferd einfach einen Bodyformer umschnallen und loslongieren. „Der Gurt ist ein komplexes Therapiegerät. Wird er falsch verwendet, kann das großen Schaden anrichten“, warnt Barbara Welter-Böller.

Sitzt die Platte nicht korrekt, kann sie Pferde am Bauch verletzen. Wird zu viel mit dem Bodyformer trainiert, droht Überlastung. „Deshalb muss der Trainer das Pferd gut beobachten und jedes Ermüdungsanzeichen erkennen.“ Eine hohe Bauchspannung kann die Atmung beeinträchtigen.

Starke Bauchmuskeln lösen steife Rücken

Nach einigem Tüfteln war Franz Grünbeck klar, dass der vielversprechendste Ansatz bei den Bauchmuskeln lag. „Wenn ich die effektiv stimulieren könnte, würde das den Pferden helfen, ihre verspannten und schmerzenden Rücken schneller zu lösen“, sagt Franz Grünbeck, Entwickler des Bodyformer-Gurts. Im Frühjahr 2008 entstand die erste Bauchplatte, im Herbst wurden das Prinzip und der Bodyformer zum Patent angemeldet.

Wie nützlich sein Werkzeug ist, merkte Grünbeck dann erst mit der Zeit. „Ich wollte ja nur den Rücken lösen, aber es zeigten sich weitere positive Effekte.“ Die Pferde seiner Kunden stolperten zum Beispiel weniger und manch wackeliges Knie wurde stabiler. Woran das liegt, erklärt Osteopathin Barbara Welter-Böller, die das CAVALLO-Experiment begleitet: „In der Bewegung tippt die lose schwingende Bauchplatte die geraden und die äußeren schrägen Bauchmuskeln rhythmisch an. Dadurch werden sie stimuliert, ihre Spannung erhöht sich.“

Das Pferd selbst bestimmt, wie stark die Platte anschlägt. Spannt es den Bauch an, wird der Kontakt schwächer, lässt es den Bauch hängen, bekommt es stärkere Impulse. Läuft das Pferd geradeaus, stimuliert das Gerät die Bauchmuskeln auf beiden Körperseiten. In einer Wendung berühren die Noppen nur die inneren Muskeln. „So bringt der Bodyformer Pferde automatisch in eine korrekte Längsbiegung“, sagt Welter-Böller.

Mit einer korrekt gebogenen Wirbelsäule können Pferde sich auch leichter im Genick nach innen stellen. „Unter dem Reiter ist das oft umgekehrt“, sagt Welter-Böller. „Wenn dieser, wie gelehrt, innen einsitzt, drücken viele Pferde den Rücken in Abwehrspannung zu Gegenseite weg. Dabei belasten sie ihre Beine falsch und driften nach außen. Um auf der Kreislinie zu bleiben, müssen Reiter mit dem äußeren Zügel und Schenkel immer wieder gegenlenken.“

Wichtiger noch als die seitliche Biegung ist die Wirkung des Bodyformers auf die Oberlinie. „Durch die Impulse am Bauch spannt das Pferd alle damit verbundenen Muskeln der Unterlinie, die sogenannte ventrale Kette, rhythmisch an und ab“, sagt Welter-Böller. Dadurch beugt es die Halswirbelsäule und dehnt die Oberlinie.

CAV Osteopathie Barbara Welter-Böller
Claussen
Osteopathin Barbara Welter-Böller führt in Overath/NRW eine Osteopathie-Schule für Pferde- und Hunde-Therapeuten. Mit dem Bodyformer arbeitet sie seit etwa einem Jahr regelmäßig. (www.welterboeller.de).

Bodyformer gehört in Profi-Hände

„Der Bodyformer gehört in Profihände“, betont Welter-Böller. „Nur gut ausgebildete und erfahrene Therapeuten können beurteilen, ob das Training korrekt verläuft.“ Das ist auch Erfinder Franz Grünbeck bewusst. Er verkauft das Gerät deshalb nur an Kunden, die sich von ihm oder seinen Partnern (in der Regel Physiotherapeuten oder Osteopathen) gründlich einweisen lassen.

Dabei lernen die Patienten-Besitzer nicht nur, wie der Gurt angelegt wird. Sie bekommen zusätzlich das spezielle, „Horse-Bodyforming“ genannte Trainingsprogramm erklärt. Die darin enthaltenen Übungen helfen dem Pferd, mit den unbekannten Reizen des Geräts klarzukommen und fördern neue, gesündere Bewegungsmuster. Ausbinder oder ähnliches sind dabei nicht nötig. Das Pferd wird stets am Kappzaum longiert, nicht mit Trense oder Halfter.

„Durch die Kombination aus den Bodyforming-Übungen und dem Bodyformer selbst lassen die Pferde schneller ihre Rückenmuskeln los, als bei jeder anderen Methode. Und sie bauen schneller und besser neue Muskelmasse an Bauch und Rücken auf“, sagt Franz Grünbeck. Wie das Konzept funktioniert, lernt jeder Anwender bei sich zu Hause. Mindestens zwei Schulungseinheiten vor Ort sind im Kaufpreis inbegriffen, bei Bedarf wird die Schulungsphase auch verlängert.

So viel Service hat seinen Preis. Der Bodyformer kostet inklusive der Basisschulung 850 Euro. Für 120 Euro im Monat vermietet Grünbeck das Gerät auch. Dafür ist ebenfalls eine Schulung Bedingung, die zusätzlich mit 60 Euro zu Buche schlägt. Wer erst mietet und später kauft, bekommt den Mietpreis angerechnet.

Wie sehr sich die kostspielige Anschaffung lohnen kann, beweisen die Testpferde im CAVALLO-Experiment. Alle drei hatten beim Start im April 2012 massive Probleme. Zwei von ihnen, Giacomo und Justus, sollten schon einmal zum Schlachter, La Luna galt als unreitbar. Im Mai, nach vier Wochen Training mit dem Bodyformer, sieht die Lage komplett anders aus.

Große Trainings-Erfolge

Barbara Welter-Böller: „Ich hätte nicht mit solch großen Erfolgen gerechnet“, gibt sie zu und warnt vor überzogenen Erwartungen: „So schnell wird es nicht in jedem Fall gehen.“ Die Osteopathin untersuchte alle Pferde vor Beginn des Experiments und sah sie erst am Ende wieder. Das Training betreute Denise Eichner, wie Welter-Böller Osteopathin und zertifizierte Bodyformer-Expertin.

In vier Wochen wird das Frustpferd fröhlich. Vor allem Wallach Giacomo überrascht die Fachleute. „Hier kann man mal sehen, was
körperliche Probleme aus einem Pferd machen können“, sagt Welter-Böller. Giacomo hatte mit seinem Leben regelrecht abgeschlossen. Er vegetierte nur noch vor sich hin, hatte miese Laune und bewegte sich freiwillig keinen Meter. Einen Monat später zeigt der kleine Scheckwallach, wie mit der richtigen Hilfe aus Frust erstaunlich schnell großes Glück wird.

Diesen Pferden hat der Bodyformer geholfen

Die verspannte La Luna stieg und schaffte mit Reiter keinen Tritt im Trab.

La Luna hat keine schweren Körperschäden. Dennoch hatte die Stute Probleme: Sie war oft krank und beim Reiten widersetzlich bis hin zum Steigen. Eine Fohlenpause änderte die Lage nicht. Tierärzte bescheinigten ihr zuletzt eine Ataxie. Doch das wahre Problem war ein extrem unpassender Sattel. Vier Wochen Bodyformer und ein neuer Sattel ändern die Situation. Vorher: Warmblut-Stute La Luna (10)
hoppelt im April durch die Bahn, anstatt zu laufen.

CAV Bodyformer Gurt Balance La Luna
Strohschen
Geregelt traben kann die völlig verspannte Stute trotz neuem Sattel nicht.

La Luna Nachher:

CAV Bodyformer Gurt Balance La Luna
Strohschen
La Luna fällt die Bewgung unter dem Sattel leichter.

Vier Wochen später zeigt sich La Luna deutlich kooperativer. Zwar hält sie sich immer mal wieder fest und schiebt
auch mal ein paar verklemmte Hüpfer ein. Aber dazwischen trabt sie gelassen mehrere Runden um den Reitplatz. Das war vier Wochen zuvor noch völlig unmöglich. Lunas Muskeln sind deutlich lockerer, ihr Rücken hat sich um 1,5 Zentimeter gehoben.

Verletzungen überwinden

CAV Bodyformer Gurt Balance Justus
Claussen
Justus an der Longe.

Warmblut-Wallach Justus hatte viel Verletzungspech. Zu Schäden an Schulter und Hinterbein gesellte sich auch noch ein Senkrücken. Justus sollte eigentlich ein Dressurpferd werden. Doch eine schwere Schulterverletzung stoppte vor fünf Jahren die Sportkarriere des heute 13-jährigen Wallachs. Er wurde zum Freizeitpferd. In den folgenden Jahren hatte er neben seiner alten Verletzung mit einem Beckenschiefstand und einem Senkrücken zu kämpfen.

Ein Sturz auf dem Paddock reaktivierte die Schulterverletzung und schädigte das linke Hinterbein. Justus wurde über Monate geduldig vom Boden aus wieder antrainiert, hatte aber weiterhin massive Probleme.

Vorher: Im April ist Justus steif, er tritt mit den Hinterbeinen ungleich, sein Rücken und die Oberlinie sind extrem schwach.
Im Galopp fällt er auf beiden Händen nach wenigen Sprüngen in den Kreuzgalopp.

Wallach Justus Nachher:

CAV Bodyformer Gurt Balance Justus
Claussen
Justus mit dem Bodyformer.

Nur vier Wochen später trabt der schwer geschädigte Wallach erheblich raumgreifender. Auch die Hinterbeine fußen deutlich gleichmäßiger als am Anfang des Trainings. Ihm wachsen langsam Muskeln an Oberhals, Rücken und Kruppe, sein Senkrücken hat sich um 2,5 Zentimeter gehoben. Besonders deutlich zeigt sich der Erfolg bei Justus allerdings im Galopp. Auf beiden Händen hält der Schwarzbraune den Handgalopp über mehrere Runden locker durch. Erst als er müde wird, galoppiert er auf seiner schwachen, rechten Seite wieder über Kreuz.

Ein Schlachtpferd kommt auf Trab

CAV Bodyformer Gurt Balance Giacomo
Claussen
Giacomo fällt das Traben der Longe schwer.

Pony-Wallach Giacomo konnte kaum noch laufen. Nach vier Wochen Bodyforming flitzt er wieder. Giacomo ist ein ehemaliges Kinderpony. Nach einer Schulterverletzung wurde der Wallach immer steifer, stolperte viel und stürzte sogar gelegentlich. Weil keine Besserung in Sicht war, sollte der etwa 18 Jahre alte Scheckwallach zum Schlachter. Vor diesem Schicksal rettete ihn eine Familie, die ihn von Barbara Welter-Böller osteopathisch untersuchen ließ und dann mit dem Bodyformer-Training begann.

Vorher: Im April 2012 wirkt Giacomo krank und unglücklich. Der Wallach bewegt sich keinen Meter mehr als nötig. An der Longe sind seine Tritte extrem kurz, der ganze Körper ist verspannt, immer wieder versucht er anzuhalten.

Wallach Giacomo Nachher:

CAV Bodyformer Gurt Balance Giacomo
Claussen
Giacomo geht mit mehr Freude an der Longe.

Vier Wochen später ist Giacomo ein anderes Pferd. Er guckt fröhlich und läuft eifrig zur Trainingswiese. Seine Tritte sind locker und raumgreifend, er trabt und galoppiert flott. Sein Rücken hat sich gehoben: Eine Gerte über Widerrist und Kruppe ergibt sieben Zentimeter Abstand bis zur tiefsten Stelle, zuvor waren es noch 9,5.

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4 / 2023

Erscheinungsdatum 15.03.2023