Und es hat Zoom gemacht: Dass Pferde bei Turnieren von Kameras ins Visier genommen werden, ist nichts Neues. Dass ein Dopingfahnder statt ein Sportfotograf auf den Auslöser drückt, schon eher.





Und doch - was heute auf Turnieren zur Bekämpfung von Doping erprobt wird, ist vielleicht bald Standard. "Die Thermografie könnte im Reitsport eine ähnliche Funktion haben wie ein Blitzer im Straßenverkehr", sagt Thomas Zimmermann, Gründer und Leiter des 2004 ins Leben gerufenen Thermografie Instituts Berlin. "Wenn die Reiter wissen, dass sie ins Visier genommen werden, trauen sie sich nicht zu manipulieren."
Nach dem Dopingskandal von Hong Kong - die Pferde von fünf Weltklassereitern waren bei den Olympischen Spielen positiv auf die verbotene Substanz Capsaicin getestet worden - scheint sich der Verdacht zu bestätigen, dass es im Profisport gezielte Manipulation gibt.
Dopingkontrollen mit Thermografie

"Ein verbotenes Mittel auf der Haut zeigt sich im Thermogramm als Abriss mit einer scharfen Kante", erklärt Thomas Zimmermann. Auch bei den Weltmeisterschaften in Aachen 2006 und den Europameisterschaften in Mannheim 2007 gab es schon Tests mit Wärmebildkameras. "Die visuelle Beurteilung der Bilder reicht nicht aus.





Nur die rechnerisch ermittelten physikalischen Parameter sind aussagekräftig", so Zimmermann. Ein Verfahren zur Gewinnung harter Daten haben er und FEI-Tierarzt Martin Grell bereits entwickelt - von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und der FEI wurde ihr Wissen bisher aber nicht abgefragt.
Dabei wäre das Verfahren bei der Dopingbekämpfung in Verbindung mit einer Laboranalyse auch rechtlich verwertbar. "Wir machen da keinen Schnellschuss", betont Dr. Michael Düe, Leiter der Abteilung Veterinärmedizin und Tierschutz bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) in Warendorf. Derzeit wird diskutiert, "was Sinn macht und wie man die Thermografie nutzen kann", berichtet Michael Düe.
Manipulation im Wettkampf stoppen

Pathologische Befunde werden so sofort sichtbar. Pferden könnte eine Wettbewerbsteilnahme unter Schmerzen erspart bleiben. "Das schaffen Sie nur durch die Thermografie, das kann keine andere Methode", bekräftigt Reinhold Berz.





"Die Dopingkontrolle ist die Königsdisziplin der Thermografie", sagt der Berliner Thomas Zimmermann. Während einer Voruntersuchung oder Verfassungskontrolle im Wettkampf wird der Equidenpass durch den Veterinär geprüft. Steht der Thermograf daneben, identifiziert er das Pferd eindeutig.
"Täglich kann man bis zu 400 Pferde durchmessen. Die Auswertung am Rechner leistet eine angepasste Software innerhalb von Sekunden. Verdachtsfälle lassen sich spezifizieren - was dann bis zu 20 Minuten dauern kann", erklärt Thomas Zimmermann. Er hat thermografische Daten von über 30000 Pferden erhoben und mehrere Millionen Bilder in seiner Datenbank typologisiert. "Während bei einer normalen Thermografie fünf Parameter in die Auswertung einfließen, sind es beim Dopingnachweis ganze zwölf", sagt der zertifizierte Prüfingenieur.
"Eine Entzündung lässt sich auf ein hundertstel Grad und auf den Millimeter genau lokalisieren", begeistert sich Zimmermann. "Wir können sogar feststellen, ob es sich bei einer Substanz um ein durchblutungsförderndes oder um ein entzündungshemmendes Mittel handelt."
Wie funktioniert die Thermografie am Pferd?

Wie gehen Thermografen bei der Untersuchung am Pferd vor? "Wie viel Zeit haben Sie?", fragt Thomas Zimmermann zurück. Schließlich produziert er nicht nur Bilder in Regenbogenfarben. Er entwickelte ein komplexes Verfahren, um Pferde- Thermogramme zu analysieren.





"Mit dem Fotografieren des Pferds werden die nötigen Daten gemessen", erklärt er, "das ist aus einer Entfernung von bis zu 50 Metern möglich." Moderne Infrarot-Kameras ähneln äußerlich Fotoapparaten, unterscheiden sich jedoch in ihrer Funktionsweise.
Die Technologie der Infrarot-Thermografie erlaubt Messungen der Dichte des Gewebes und der Gewebs- veränderungen, die ihre Ursache auch im Auftragen von Substanzen haben können. Auffällige Wärmeflächen weisen eventuell auf krankhafte Veränderungen hin. An diesen Stellen ist die Stoffwechseltätigkeit höher, die Erwärmung des Gewebes stärker und somit die Infrarot-
Abstrahlung, die im Thermogramm festgehalten wird, größer. Weniger aktive Stellen erscheinen im Thermogramm als Kältezone.
Zimmermann weiß auch: "Spiegelungen und Reflexe ergeben meist Fehler. Da reicht es, wenn jemand an einer Zigarette zieht und sich die Wärme der Glut im Huf spiegelt - fertig ist der Reheschub."
Thermografie basiert auf Physik

Das Verfahren hat aber auch Grenzen. "Machen Sie sich frei von der Vorstellung, dass wir Bilder von nicht erkannten Krankheiten liefern", warnt der Thermografie-Experte. "Wir können so gut wie nichts im Pferd messen. "Wer behauptet, dass es probate thermografische Aufnahmen von Magen, Darm, Herz oder Lunge gäbe, der wird den Beweis schuldig bleiben." Doch was die Thermografie leistet, kann sich längst sehen lassen.





Dr. Walther Berger setzt in seiner tierärztlichen Klinik für Pferde und Kleintiere im norddeutschen Heede seit zehn Jahren auf die Infrarot- Technologie. "Lahmheiten, die durch Satteldruck, Fehlbelastungen der Hufe oder Gelenksentzündungen entstehen, lassen sich trefflich diagnostizieren", sagt er.
Diese Erfahrung bestätigt Thomas Zimmermann: "Wir können auf Temperaturverteilungsmuster zurückgreifen, die Art und Schwere etwa einer Hufrehe exakt anzeigen." Auch Rückenerkrankungen wie Kissing Spines seien thermografisch darstellbar, allerdings nur, wenn eine Entzündung vorliege.
Selbst Fehlstellungen im Pferdegebiss, die mit einem hohen Druck auf die Zähne einhergehen, ließen sich im Thermogramm des Zahnfleischs erfassen.
Möglichkeiten und Grenzen der Methode

Auch im Rahmen einer Ankaufsuntersuchung: Interessenten können ein Pferd auf chronische Erkrankungen wie Spat prüfen lassen. Ein Veterinär-Thermograf erspart dem Pferdehalter aber auch künftig nicht das Fachwissen eines Tierarztes.





"Die wenigsten Tierärzte, die mit einer Infrarot-Kamera umgehen, haben genug physikalisch-mathematische Kenntnisse, und die wenigsten Thermografen besitzen veterinärmedizinisches Wissen", kritisiert Thomas Zimmermann. Eine staatlich anerkannte Ausbildung für Veterinär-Thermografen gibt es in Deutschland derzeit nicht.
Schon ab 2009 könnte sich das ändern. Die international anerkannte Zertifizierungsgesellschaft SECTOR Cert, die industrielle Thermografie nach Norm zertifiziert, strebt eine Zusammenarbeit mit Thomas Zimmermann und den Thermografie-Verbänden Deutschlands und Österreichs an, um eine veterinärmedizinische Sparte der Thermografie einzurichten. Bislang "machen zu viele selbst- ernannte Thermografen unserer Branche das Leben schwer", klagt Zimmermann.
Kontakt:
Institut für Thermografie Berlin
Ilsensteinweg 6, 14129 Berlin,
Tel. (030) 34 06 27 09
www.thermografie-institut.de