Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand: Der Bedarf an Jod liegt bei ca. 0,1 bis 0,2 Milligramm (mg) pro Kilogramm Futtertrockenmasse, also bei etwa 1 bis 3 mg pro Tag bei einem 600 kg schweren Großpferd. Bei der tragenden Stute sollte man eher im oberen Bereich des Bedarfs liegen. Ebenso bei Pferden, die zuvor nicht ausreichend mineralisiert wurden und bei denen ein Mangel ausgeglichen werden muss.
Zu den allgemeinen Quellen in der Tierernährung gehören Fischmehl, Dorschleberöl und getrockneter Seetang (Kelp). Da die beiden ersteren in der Pferdeernährung entfallen, sollte man auf eine ausreichende Jodversorgung über Kaliumjodid nachdenken.
Da der Jodgehalt in Salz bzw. Salzlecksteinen sehr gering ist, dient Salz niemals als wirkliche Jodquelle. Beim Pferd könnte man sich sogar vorstellen, dass es aufgrund eines Jodmangels zu viel Salz aufnimmt und dabei einen Überschuss von Natriumchlorid riskiert.
Jod steht in einer starken Wechselwirkung mit allen anderen Spurenelementen, vor allem aber Selen und Mangan, die an der Bildung der Schilddrüsenhormone beteiligt sind.
Ein Mangel an Jod führt zu einer erheblichen Verringerung der Synthese von Schilddrüsenhormonen. Die Konsequenz ist, dass der Rückkoppelungseffekt der Hormone geschwächt ist und unaufhaltsam Schilddrüsengewebe produziert wird. Diese Vergrößerung des Schilddrüsengewebes wird als Kropf (Struma) bezeichnet. Ein Mangel an Jod bremst den Stoffwechsel aus und lässt den Stoffwechsel regelrecht erkalten. Klassischerweise kommt es sogar zum Frieren bzw. Frösteln des Organismus. Funktionsstörungen der Schilddrüse können eine Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben. Jodmangel führt von Konzentrationsstörungen bis hin zur Retardierung der mentalen Leistung und schwersten geistigen Behinderungen, vor allem bei jungen Individuen. Weitere Nährstoffmangel-Situationen an diesem Spurenelement sind aus der Nutztierhaltung bekannt wie Wachstumsstillstand oder -verzögerung, Alopezie (Haarausfall). Bei Stuten kann es zu Aborten, Resorptionen und Zyklusstörungen kommen. Neugeborene unter Jodmangel sind lebensschwach. Hinweise auf einen Jodmangel können auch Appetitlosigkeit und Lethargie bis hin zum Tod sein.
Ein Überangebot von über 20 mg Jod pro Tag führt laut Professor Meyer bei tragenden Stuten zu Fehlentwicklungen des Fohlens. Aber so eine immense Aufnahme ist eigentlich nicht realisierbar. Beachtenswert und eigentlich viel schlimmer ist die Summe aller Jodmangelzustände in unseren Ställen.
Als Wissenschaftler gehe ich unproblematisch davon aus, dass der Bedarf an einem Nährstoff, hier Jod, täglich besteht und damit auch täglich gedeckt werden muss. Wird ein täglicher Nährstoffbedarf nicht gedeckt, kommt es unweigerlich zu einer Mangelsituation. Wird der Nährstoffmangel nicht ausgeglichen, kommt es zu Erkrankungen. Chronische Nährstoffmängel führen zu chronischen Erkrankungen.
Wie alle Spurenelementmängel entwickelt sich ein Mangel schleichend.
Leider haben wir in unserem Institut zur Entwicklung von Ernährungskonzepten für Pferde über regelmäßige Blutkontrollen feststellen müssen, dass der Ausgleich eines Jodmangels teilweise mindestes drei Monate bis ein halbes Jahr dauern kann.
Für die Bestimmung von Jod wird zwar der Urin empfohlen, aber wir haben in unserem Institut sehr gute Erfahrungen gemacht mit der Blutanalyse. Wie bei der Ermittlung aller Spurenelemente sollte vor der Blutentnahme eine dreitägige Mineralstoffkarenz zur Einpendelung der Homöostase (das körpereigene Regulationssystem, Anm. der Red.) eingehalten werden.
Schilddrüse und Hormone
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) besteht aus zwei ovalen Drüsenteilen im Kehlkopfbereich; sie gliedern sich in Läppchen, in denen die Schilddrüsenfollikel sitzen. Diese kleinen Bläschen sind gefüllt mit einem Transportprotein (Thyreoglobulin), das die aus Jod gebildeten Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3), Tetrajodthyronin (T4) und reverses Trijodthyronin (rT3) bindet. Über den Blutkreislauf gelangen die Hormone zu den Körperzellen, regen die Wärmeproduktion an, regeln Kohlenhydrat- und Cholesterolumsatz, sorgen für das Wachstum von Knochen und Muskulatur und stimulieren das Herz. Beim Fötus sorgen sie dafür, dass sich unter anderem das zentrale Nervensystem entwickelt.

Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand ist Ernährungswissenschaftlerin, die Nahrungsergänzungsmittel für Mensch, Hund und Pferd entwickelt. Seit 15 Jahren zeigt die Expertin auf, welche überragende Bedeutung eine bedarfsgerechte Mineralisierung hat. Mehr Infos unter www.dr-susanne-weyrauch.de





