Eindecken, Gamaschen für die Koppel anlegen, Hufe auskratzen, beim Schmied aufhalten, mal kurz an die Longe hängen oder drei verschiedene Pülverchen übers Futter geben. Wer eine Extrawurst für sein Pferd haben möchte, hat nur zwei Möglichkeiten: entweder extra zahlen oder selber machen.
Wie muss der Stallbesitzer kalkulieren?
Ganz im Gegenteil: Er kann einfach nur richtig rechnen. Warum, zeigt ein Blick auf die Pensionspreiskalkulation eines durchschnittlichen Musterbetriebs, so wie wir ihn uns alle wünschen: tiergerechte Ställe, gepflegte Weiden, Halle und Reitplatz, guteBeratung, Sauberkeit und nette Atmosphäre.
Kurzum: keine Klitsche und auch kein Schickimicki-Betrieb. So könnte sich der Preis zusammensetzen siehe auch Online-Pferdepensionsrechner der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft https://www.stmelf.bayern.de/idb/penspferd.html
Reithallenbenutzung: 25 Euro
Reitplatz: 10 Euro
Stallplatz: 50 Euro
Futter: 60 Euro
Einstreu: 20 Euro
Misten: 100 Euro
Füttern: 30 Euro
Anlagenpflege: 30 Euro
Weidegang organisieren: 50 Euro
Strom/Wasser: 10 Euro
Verbrauchsmaterial (z.B. Farbe): 15 Euro
Das macht zusammen 400 Euro pro Monat.
Warum so teuer? Weil Personalkosten mehr als die Hälfte des Pensionspreises ausmachen.
Wer monatlich so einen hohen Preis bezahlt, der darf selbstverständlich professionellen Service von gut ausgebildeten und fair entlohnten Mitarbeitern erwarten. Zudem reitet er in einer gepflegten Halle und auf einem pfützenfreien Reitplatz. Die Pferde fressen einwandfreies Futter und werden vom Personal auf gepflegte, hütesichere Weiden gebracht.
Außerdem herrscht ein vorbildliches Stallklima, der Betrieb hat saubere Toiletten, ein warmes Reiterstübchen und im Notfall professionelle Zusatzleistungen.
Diese müssen – so viel Fairness ist von jedem Pferdebesitzer zu erwarten – zusätzlich beim Stallbesitzer bezahlt werden: Tägliches Eindecken kostet 30 Euro im Monat, eine dreistündige Kolikbetreuung 60 Euro, Scheren 15 Euro, Hufe beim Schmied aufhalten 10 Euro, eine vierstündige Stutenschauvorstellung 80 Euro, Wurmkur geben 3,50 Euro, eine Pilzbehandlung (ohne Medikament) 20 Euro.
Und wenn wir mal knapp dran sind zur Reitstunde, dann macht uns die professionell arbeitende Pferdewirtin auch mal fix das Pferd fertig. Dafür bekommt ihr Chef 3,30 Euro. Warum ihr Chef? Weil alles andere Schwarzarbeit wäre.
Was darf ein Pferdewirt kosten?
Eine gelernte Pferdewirtin, die den professionellen Service im Betrieb bietet, kostet mindestens 20 Euro. Nicht am Tag, sondern pro Stunde. Dabei ist es keine Luxus-Pferdewirtin und der Stallbetreiber kein Raffzahn. Von den 20 Euro, die der Stallbesitzer kalkuliert, bekommt die ausgebildete Fachfrau 10 Euro je Stunde brutto ausgezahlt. Die anderen 10 Euro gehen für Unfallversicherung, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Fortbildung, Urlaubsvertretung, persönliche Schutzausrüstung usw. locker drauf.
Die Gelernte schuftet reichlich, wird von ihrem Chef besser versorgt als viele Kolleginnen und ist gerade noch über dem Satz, dass wir Steuerzahler nicht aufstocken müssen. Diese Fachfrau ist in Deutschland nach offizieller Einschätzung immer noch armutsgefährdet.
Eine Arbeitskraft ist mit 20 Pferden ausgelastet. Billiger aus Sicht des Stallbetreibers geht‘s mit Stallhelfern aus Bulgarien, Polen oder Rumänien. Sie senken die Personalkosten, denn sie schuften für 3 bis 4 Euro pro Stunde. Das ist ein echtes Schnäppchen für den Stallbetreiber. Zudem fallen keine lästigen Sozialversicherungen an. Wenn die Billigkräfte nicht gut arbeiten, werden eben andere geholt. Die Osteuropäer kosten den Stallbesitzer gerade mal 40 Euro im Monat pro Pferd. Für einen gelernten Pferdewirt fallen 210 Euro pro Pferd im Monat an.
Somit senken die Osteuropäer den Pensionspreis auf 230 Euro – das ist fast die Hälfte.
Aber es geht noch billiger: Jahrespraktikanten sind fleißig, folgsam und kosten gar nichts. Das, was sie lernen sollen, müssen sie schon vorher kennen. Sie reduzieren den Pensionspreis auf 190 Euro im Monat. Dass diese Beschäftigung einfach nur Schwarzarbeit und Sozialversicherungsbetrug ist, spielt keine Rolle mehr.
Sind Auszubildende eine Hilfe?
Auch Auszubildende senken die Personalkosten und sind zudem gut fürs Renommee. Teilweise können sie den Stall völlig selbstständig, ohne Ausbildung eines Lehrmeisters bewirtschaften. Die Azubis schuften für 2 bis 3 Euro in der Stunde, sind ebenfalls folgsam und fast nie aufmüpfig.
Viele misten und füttern die Kundenpferde noch vor der Berufsschule – wenn sie die überhaupt besuchen dürfen – und sind ganze drei Jahre im Betrieb. Auch der Pensionspreis bleibt mit 220 Euro pro Monat auf Tiefpreisniveau. Das Paradoxe daran: Wir formulieren ethische Grundsätze für unsere Pferde, importieren sündhaft teures Salz entgegen allen Regeln der Nachhaltigkeit aus dem Himalaya, reichen unseren Pferden handgepresstes Olivenöl aus der Toskana, lassen den Knochenbrecher aus Norddeutschland kommen, achten überhaupt nicht darauf, ob das sündhaft teure Zusatzfutter einen Nutzen hat, schleppen jedes Mal prallvolle Tüten aus Messehallen und nehmen unsere Pferde als Familienmitglied auf.
Aber eine Pferdewirtin – obwohl armutsgefährdet – ist uns deutlich zu teuer. Dabei könnte die uns frühzeitig genug sagen, ob sich da eine Kolik anbahnt, beim Verladen helfen, uns Tipps zur Grunderziehung geben und einfach unsere Pferde und die Anlage professionell betreuen.

Qualität im Stall hat ihren Preis
Eine gelernte Pferdwirtin zahlt Sozialversicherungsbeiträge, finanziert gerade für die derzeitigen Rentner, wird mal nicht dem Steuerzahler zur Last fallen – auch nicht nach einem Arbeitsunfall mit unserem unerzogenen Pferd. Und es ist gut so, dass die Pferdewirtin abgesichert ist, denn schließlich zahlt die überwiegende Mehrheit der Mitbürger nicht gerne Steuern, damit andere Leute ihre Pferde zum Schnäppchenpreis sauber gemistet bekommen.
Allen Sparfüchsen, die weniger bezahlen wollen, muss klar sein, dass sie an der Qualität der Pensionspferdehaltung sparen.
Sie dürfen sich nicht beschweren, wenn der Angestellte des Stalls kein Pferdefachmann ist, natürlich schwarz arbeitet, der Stall muffig, das Grundfutter manchmal auch schimmelig ist oder die Weide nur noch aus Ampfer und Jakobskreuzkraut besteht. Auch wenn die Halle staubig, mit Steilwandkurven versehen und das Klo besser zu Hause benutzt wird, dürfen sie sich nicht beschweren.
Berechtigte Kritik zugunsten des Pferds kann nur üben, wer einen fairen Pensionspreis bezahlt. Maßlose Sparsamkeit kann durchaus tierschutzrelevant sein, denn stickige Ställe lassen Pferde husten, schludrig gewartete Anlagen führen zu Verletzungen, schlecht konserviertes Futter sorgt für Koliken, Allergien und Rehe, nicht kompetentes, überfordertes Personal gefährdet täglich Pferde und deren Besitzer. Deswegen lohnt es sich, für gute Leistungen angemessen zu zahlen. Und zwar für den Grundpreis und für Zusatzleistungen.
