- Was verursacht den Weidehusten?
- Wie macht sich Weidehusten bemerkbar?
- Welche Folgen hat der Weidehusten?
- Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
- So behandeln Tierärzte den Weidehusten
- Welche Pferde sind besonders gefährdet?
- Wie lässt sich Weidehusten vorbeugen?
- Streitfrage
- Die Expertin
Weidehusten ist eine Form des Equinen Asthmas, die saisonal auftritt. Manche Pferde zeigen im Frühsommer Beschwerden, andere im Spätsommer und Herbst. Die Erkrankung ist auch als SPARAO (Summer Pasture-Associated Recurrent Airway Obstruction), Equine Pasture Asthma, Weide- oder Sommerasthma bekannt.
Das Equine Asthma ist vergleichbar mit dem des Menschen: Die unteren kleinen Atemwege schwellen auf Grund einer nicht-infektiösen Entzündung an, verkrampfen und verschleimen. Das Pferd kann nur schwer atmen, Sauerstoff gelangt schlechter in die Lunge und somit ins Blut. Es bekommt Atemnot. Dämpfigkeit ist das Endstadium.

Neben SPARAO gibt es eine weitere schwere Form des Equinen Asthmas, die RAO (Recurrent Airway Obstruction). Sie ist weitaus verbreiteter und tritt vor allem auf, wenn Pferde in geschlossenen Räumen stehen und ständig mit Staubpartikeln aus Heu und Einstreu in Berührung kommen. Das ist insbesondere im Winter der Fall. Beide Arten beschreiben eine wiederkehrende obstruktive Lungenerkrankung.
Was verursacht den Weidehusten?
Inzwischen ist bekannt, dass Pollen, Gräser und verschiedene Schimmelpilzsporen Weidehusten auslösen können. Das Pferd nimmt sie mit der Atmung auf. Solange es nicht empfindlich reagiert, sind die Umweltstoffe harmlos.
Allergische Tiere hingegen beginnen die harmlosen Stoffe zu bekämpfen. In der Lunge startet eine Entzündungsreaktion: Entzündungszellen überschwemmen sie wenige Stunden nach Allergenkontakt (Zeit, in der ein Pferd ein Aeroallergen einatmen kann). Entzündungsmediatoren (Vermittlungssubstanzen) werden vermehrt gebildet und freigesetzt. "Diese Entzündungsreaktionen führen dazu, dass die Schleimhäute in den Bronchien anschwellen und vermehrt Schleim gebildet wird", erklärt Dr. Rosa Barsnick, Fachtierärztin für Pferde.
In manchen Fällen verkrampft die Bronchialmuskulatur zusätzlich, wodurch sich die Bronchioli (Äste der kleinen Bronchien am Übergang zu den Lungenbläschen) stark verengen.
Wie macht sich Weidehusten bemerkbar?
Weidehusten entwickelt sich oft über einen längeren Zeitraum, weshalb Anzeichen häufig erst ersichtlich werden, wenn das Asthma chronisch wird: Anfänglich hustet das Pferd kaum. Im Ruhezustand ist es asymptomatisch, bei Trainingsbeginn beginnt es zu husten. Schreitet die Erkrankung fort, schwitzt und ermüdet es schnell. Hustenattacken nehmen zu, die Atemfrequenz ist erhöht (über 8 bis 12 Züge pro Minute).
Eine Sekretrinne bildet sich in der Nüster am Übergang von dunkler zu unpigmentierter Haut. Im fortgeschrittenen Stadium hustet das Pferd häufig, das Atmen ist angestrengt. Es bildet sich eine Dampfrinne an der Flanke. Im weiteren Verlauf keucht es bereits bei geringer Belastung und magert ab.

Welche Folgen hat der Weidehusten?
Jeder Entzündungsschub, ausgelöst durch einen Allergenkontakt, verstärkt die Empfindlichkeit und verschlimmert den Zustand. "Der Sauerstoffaustausch über die Lunge wird erschwert, was zu Leistungsschwäche führt", so Dr. Barsnick. Die ständige Verkrampfung der Bronchialmuskulatur kann zu einer Verdickung der Muskelzellen (Hypertrophie) und damit zu einer permanenten Verengung der Bronchioli führen. Tritt dies ein, spricht man von "remodelling", weil sich die Anatomie der unteren Atemwege verändert und die Lungenfunktion stark eingeschränkt wird. Dieser Zustand ist schwer behandelbar.
Im schlimmsten Fall überdehnen und reißen die Lungenbläschen, die das Blut mit Sauerstoff versorgen. Diese Überblähung (Lungenemphysem) ist irreparabel, aber sehr selten.
Zäher Schleim zerstört zudem Flimmerhärchen (Zilien) in der Lunge, die Fremdstoffe abfangen und aus dem Organ befördern; das Risiko für eine zusätzliche bakterielle Infektion steigt. Durch verminderten Blutfluss und schlechtere Sauerstoffversorgung kann es im weiteren Verlauf zu Herzproblemen kommen.
Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?
Der Tierarzt beobachtet die Atmung (normal in Ruhe: 8 bis 12 Züge/Minute), misst die Temperatur (normal in Ruhe: 37,5 bis 38,2 Grad Celsius) und hört die Lunge ab. Wichtigste weiterführende Untersuchung ist die Bronchoskopie, bei der der Tierarzt erkennen kann, wie stark die Bronchialschleimhaut geschwollen ist und wie viel Schleim sich gebildet hat. Eine Broncho-alveoläre Lavage liefert noch genauere Auskunft über das Asthmastadium. Röntgen, Ultraschall, Blutgasanalyse, Belastungs-, Allergie- und Lungenfunktionstests können ebenfalls eingesetzt werden.

So behandeln Tierärzte den Weidehusten
Weidehusten ist nicht heilbar. Besitzer sollten herausfinden, auf welchen Weiden, in welchen Monaten und bei welchem Wetter das Pferd Probleme hat und darüber Tagebuch führen. Tierärzte können Allergietests durchführen, diese sind jedoch in der Diagnostik von Atemwegserkrankungen eher unzuverlässig und sollten sehr vorsichtig interpretiert werden.
Außerdem sollten Pferde nur auf die Koppel, wenn sie beschwerdefrei sind – also vorwiegend im Winter. "Im Sommer kann man den Kontakt zu den Allergenen oft nicht vermeiden und muss daher die Symptome mit Medikamenten behandeln", sagt Dr. Rosa Barsnick. Medikamente wie Acetylcystein oder Dembrexin unterstützen die Schleimlösung, Clenbuterol stellt die verkrampften Bronchien weit, Kortisonpräparate bekämpfen die Entzündung. Als Entzündungshemmer sind kurzwirkende Kortisonpräparate, die die Obstruktion der Atemwege lindern, Mittel der Wahl.
"Eine Kombinationstherapie mit Clenbuterol und Prednisolon ist oft wirkungsvoll", weiß Dr. Barsnick. Begrenzt auf einen Zeitraum von sechs Wochen ist der Einsatz von Prednisolon in der Regel kein Problem. Vernebelt und inhaliert können die Medikamente auch langfristig angewendet werden. Inhalativa sind besonders für erkrankte Pferde geeignet, die dauerhaft Medikamente einnehmen müssen. Zusätzlich können Antioxidantien wie Omega 3 Fettsäuren und Vitamin C verfüttert werden.
Ist eine Pollenallergie Ursache für den Weidehusten, kann eine Allergen-Immun-Therapie (AIT) helfen. Hier spritzt der Tierarzt die allergieauslösenden Stoffe in steigenden Konzentrationen und Intervallen unter die Haut des Pferds. Das aktiviert das Immunsystem und führt mit der Zeit dazu, dass die Körperabwehr aufhört, die Allergene zu bekämpfen.
Die Bewegung sollte der Leistungsbereitschaft angepasst sein. Atmet das Pferd schwer und hustet, sollte eine Pause eingelegt werden.
Welche Pferde sind besonders gefährdet?
Erwachsene Pferde jeden Alters und jeder Rasse können an Weidehusten erkranken. "Bis zu 50 Prozent der Pferde sind von nicht-infektiösen Atemwegserkrankungen betroffen", schätzt Dr. Barsnick. SPARAO kommt seltener vor, dennoch wird es immer häufiger diagnostiziert.
Das könnte an der sorgfältigeren Einteilung der Lungenkrankheiten liegen. Tierärzte sind inzwischen sensibilisiert, dass es verschiedene Typen des Equinen Asthmas gibt. Außerdem ist die Erkrankung in den letzten Jahren in den Fokus der Pferdemedizin gerückt; viele Fortbildungen informieren darüber.
Bislang trat Sommerasthma besonders in den südlichen USA, Schottland und England auf. Inzwischen sind auch Fälle in Brasilien bekannt; mit der Besonderheit, dass das Asthma in Regionen auftauchte, wo sich die Umweltbedingungen nicht saisonal veränderten. Die Dunkelziffer von Erkrankungen bleibt folglich ungewiss, wenn solche Fälle unbemerkt bleiben.
Wo und in welchem Ausmaß die Krankheit in Deutschland besonders häufig auftritt, ist unbekannt. Es besteht der Verdacht, dass Quarter Horses, Appaloosas und Paint Horses anfälliger sind.
Wie lässt sich Weidehusten vorbeugen?
Grundsätzlich sollte der Kontakt mit Allergenen vermieden werden, was bei Aeroallergenen schwierig ist. Darüber hinaus sollte in geschlossenen Räumen wie Ställen Staub vermeiden werden, da an SPARAO-erkrankte Pferde oft ebenfalls empfindlich auf Staub reagieren. Die Einstreu sollte deshalb staubarm sein, Stroh z.B. durch Hobelspäne oder Strohpellets ersetzt werden. Auch Gummimatten bieten sich als Ergänzung an. Heu ist das beste Futter, beinhaltet aber immer Staubpartikel und Pilzsporen. Es sollte deswegen gewässert oder bedampft werden, um Sporen zu entfernen und Staubpartikel zu minimieren. Alternativ können auch Heulage oder Cobs gefüttert werden.
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Künftig könnte zudem ein Allergen-Chip helfen, Allergien im Keim zu ersticken: Der von einem internationalen Forscherteam an der Medizinischen Universität Wien entwickelte Chip testet anhand eines Bluttropfens 112 allergieauslösende Stoffe und macht Empfindlichkeiten frühzeitig erkennbar (siehe CAVALLO 07/2018). Zurzeit befindet sich der Allergen-Chip noch in der Entwicklungsphase.
Streitfrage
Schutz vor viralen Infektionen oder keine Verschlechterung der bestehenden Symptome?
Virale Erkrankungen wie Influenza und Herpes können den Atemwegen eines Pferds schaden. Bei Tieren mit chronischen Lungenerkrankungen könnte dies zu einer Symptomverschlechterung führen. Schutzimpfungen können dem vorbeugen, lösten jedoch in der Vergangenheit in einzelnen Fällen eine überschießende Reaktion des Immunsystems aus. Dadurch hatten sich Symptome ebenfalls verschlechtert. Nichtsdestotrotz sind Schutzimpfungen wichtig und gut erforscht.
Die Expertin

Dr. Rosa Barsnick Fachtierärztin für Pferde und innere Medizin der Pferde. Sie leitet am Tierärztlichen Zentrum für Pferde in Kirchheim die Abteilung der Inneren Medizin. Dr. Barsnick ist international anerkannte Spezialistin für innere Medizin und Diplomate des ACVIM und ECEIM.