Kandaren-Missbrauch: Diese Reiter werden beschuldigt!

Wer wird beschuldigt? Jetzt ist es raus!
Kandaren-Missbrauch: Zwei deutsche Reiter im Fokus

Zuletzt aktualisiert am 11.03.2025
Schwarz-Weiß-Foto eines Dressurpferdes mit Schmerzgesicht und angelegten Ohren, von seinem Reiter auf Kandare geritten.
Foto: Azaliya/ gettyimages

Kandaren-Missbrauch im Fokus

Im Schreiben der Wissenschaftler wird die Nutzung der Kandare sowie mögliche tierschutzrelevante Aspekte auf internationalen Turnieren thematisiert – konkret bei den Wettbewerben in Amsterdam und Neumünster. Dem Brief sind Fotos von sieben Dressurreitern beigefügt, die vermeintliche Missstände dokumentieren sollen. Darunter befinden sich auch Bilder zweier deutscher Reiter, was für besondere Aufmerksamkeit sorgt.

Die Wissenschaftler fordern eine umfassende Untersuchung, da sie in einigen Fällen die Grenzen des Tierschutzes überschritten sehen. Dabei wird insbesondere die Rolle der Kandare kritisch hinterfragt, die bei unsachgemäßer Anwendung erheblichen Druck auf die empfindlichen Bereiche des Pferdemauls ausüben kann.

FN: Fotos alleine reichen nicht

Die FN zeigt sich aufgeschlossen gegenüber der Kandaren-Kritik, betont jedoch die Notwendigkeit, den Kontext der Aufnahmen zu berücksichtigen. Dr. Dennis Peiler, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der FN und Geschäftsführer des Bereichs Sport, erklärt in einer offiziellen Pressemitteilung:

"Wir nehmen dieses Schreiben ernst und prüfen derzeit die vorliegenden Informationen sorgfältig. Fotos sind immer Momentaufnahmen. Fotos allein reichen daher nicht aus, um eine vollständige Bewertung vorzunehmen. Aus diesem Grunde werden wir zusätzlich das verfügbare Videomaterial sichten, um die Situationen im Gesamtzusammenhang beurteilen und einordnen zu können."

Bevor also etwaige Konsequenzen bezüglich der deutschen Reiter gezogen werden, will die FN sicherstellen, dass alle relevanten Faktoren in die Bewertung der vermeintlich missbräuchlichen Kandaren-Nutzung einfließen. Gleichzeitig weist Peiler darauf hin, dass die Untersuchung internationaler Turniere in den Zuständigkeitsbereich der FEI fällt.

Ein Fuchs mit einer durchfallenden Kandare in der Nahaufnahme.
Azaliya/ gettyimages

Verantwortung und Dialog – FN sucht den Austausch

Trotz der laufenden Prüfung sendet die FN ein klares Signal: Die Organisation sieht sich in der Pflicht, den Pferdesport zu stärken und gleichzeitig das Wohl der Tiere zu sichern. Dr. Peiler betont:

"Als verantwortungsbewusste Pferdesportorganisation setzen wir uns kontinuierlich mit wissenschaftlichen Analysen auseinander und suchen aktiv den Dialog mit der Wissenschaft. Unser Ziel ist es, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die das Wohl der Pferde bestmöglich sicherstellen und den Pferdesport verantwortungsvoll weiterentwickeln."

Die FN hat bereits Kontakt zu den Verfassern des Schreibens aufgenommen, um die erhobenen Vorwürfe und mögliche Konsequenzen für den Turniersport zu besprechen. Auf Nachfrage der CAVALLO-Redaktion, teilte das Pressebüro der FN mit, dass es sich bei den zwei Mitgliedern des deutschen Dressurkaders um Isabell Werth und Ingrid Klimke handelt. Darüber hinaus werden unter anderem bekannte, internationale Dressurgrößen wie Lottie Fry und Patrick Kittel in dem Schreiben erwähnt.

Kommentar: Ein weiterer Weckruf für den Dressur-Sport

Die Vorwürfe gegen die beiden deutschen Dressurreiterinnen werfen einmal mehr die Frage auf, wie sich Spitzenleistung im Sport mit einem ethisch verantwortungsvollen Umgang mit Pferden vereinen lässt. Für viele von uns mag dies ein erneuter Weckruf sein, die Debatte um Transparenz, Regelkonformität und tiergerechtes Training intensiv zu beobachten. Wer die Olympischen Spiele in Paris verfolgt hat, wird sich zudem nicht wundern, dass auch Reiter des deutschen Dressurkaders in der Kritik stehen. Gerade in puncto Kandaren-Nutzung sieht man für mein Gefühl neben viel zu grober Handeinwirkung, strotzende oder durchfallende Kandarengebisse in den Pferdemäulern. Was mir damals mit Erreichen der Kandaren-Reife von meiner Trainerin eindringlich vermittelt wurde – eine korrekte 45-Grad-Winkelung von Kandare zur Maulspalte sowie eine noch behutsamere Zügelführung – erscheint mir heutzutage eher fakultativ, als die Norm. Mit Spannung wird also erwartet, welche Konsequenzen aus den aktuellen Vorwürfen gezogen werden und wie vor allem der deutsche Pferdesport zukünftig auf solche Herausforderungen reagiert. Klar ist: Der Druck auf alle Beteiligten, ethische Standards einzuhalten, wächst – nicht zuletzt im Sinne der Tiere. Und das ist verdammt noch mal gut so!