Wird ein Pferdeführerschein bald zur Pflicht?

Tierärztetag fordert Pflicht-Sachkunde für Pferde
Wird ein Pferdeführerschein bald verpflichtend?

ArtikeldatumVeröffentlicht am 15.11.2025
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Mother and instructor preparing young girl for horseback riding lesson
Foto: Moment RF

Mehr Wissen für mehr Tierschutz: Die Bundestierärztekammer (BTK) will, dass künftig alle Menschen, die mit Pferden umgehen, einen Sachkundenachweis vorweisen müssen. Das hat der 30. Deutsche Tierärztetag Anfang Oktober beschlossen und wendet sich damit jetzt an den Gesetzgeber. Ziel ist es, die Kenntnisse rund um Haltung, Pflege und Training von Pferden verbindlich zu stärken – und damit Tierschutzverstöße zu vermeiden. Ein verbindlicher Pferdeführerschein also?

"Das Wissen über Pferde reicht oft nicht aus"

Dr. Michael Köhler, Leiter des Arbeitskreises "Tierschutz im Pferdesport" und Vorsitzender des Bundestierärztekammer-Ausschusses für Pferde, erklärt gegenüber CAVALLO:

"Aus unserer alltäglichen tierärztlichen Praxis stellen wir immer wieder fest, dass Menschen, die mit Pferden umgehen, nicht ausreichend Wissen darüber haben. Jeder, der mit Pferden zu tun hat, sollte eine gewisse fachliche Expertise besitzen, um deren Grundbedürfnisse zu kennen. Wir würden uns freuen, wenn sich der Gesetzgeber dessen annimmt."

Köhler betont, dass es nicht darum gehe, Hürden aufzubauen, sondern ein Mindestmaß an Sachkunde sicherzustellen. Schon vor zehn Jahren habe er versucht, ein solches Konzept anzustoßen. "Jetzt ist es an der Zeit, eine praktikable Organisationsstruktur zu finden", so Köhler. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) könne ein Partner bei der Umsetzung des Pferdeführerscheins sein, Gespräche mit den zuständigen Ministerien seien geplant.

Schulungen durch qualifizierte, nicht-staatliche Anbieter?

Konkret fordert der Tierärztetag, "dass Pferdehalter, Pfleger und andere Personen, die mit dem Pferd umgehen, nachweislich über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nach § 2 Tierschutzgesetz (TierSchG) verfügen müssen. Entsprechend zertifizierte Sachkundekurse/Schulungen (z. B. "Pferdeführerschein") könnten durch qualifizierte, nicht staatliche Anbieter durchgeführt werden. Zunehmend ist festzustellen, dass beim Umgang mit Pferden teilweise zu wenig Sachkunde vorhanden ist und es dadurch immer wieder zu Tierschutzverstößen kommt."

Gesetzlich geregelt ist bisher mit dem § 2 des Tierschutzgesetzes folgendes: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

  1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
  2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
  3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

Mit der Forderung nach einem bundesweiten Sachkundenachweis rückt die Bundestierärztekammer das Thema Tierwohl ins Rampenlicht. Noch ist unklar, wie die Umsetzung aussehen könnte. In der kommenden CAVALLO-Ausgabe wird es dazu ein umfangreiches Dossier geben, in dem wir mit Parteien, Rechtsexperten, Verbänden, Reitern, Tierärzten und Pferdefreunden sprechen.

Kommentar von Online-Redakteurin Catharina Köther:

Ein verpflichtender Pferdeführerschein soll das Tierwohl verbessern? Ich finde das greift am Kern des Problems vorbei. Wer Pferde aus Leidenschaft hält und mit ihnen umgeht, informiert sich ohnehin, investiert viel Zeit und Geld in Ausbildung, Pflege und Haltung. Hier herrscht in der Regel kein Mangel an Wissen, sondern im Gegenteil ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Meiner Meinung nach fehlt es also äußerst selten an Wissen, sondern eher werden bestehende Regeln zu lax kontrolliert. Wie aktuelle und vergangene Fälle zeigen, treten gravierende Probleme doch vielmehr dort auf, wo Leistungsdruck, fehlende Kontrollmechanismen und wirtschaftliche Interessen vorherrschen – nicht bei Hobbyhaltern, die ihr letztes Hemd für ihre Tiere geben. Wenn Missstände trotz vorhandener gesetzlicher Vorgaben bestehen, wird ein weiteres Zertifikat kaum die Lösung sein. Statt neue Hürden für Pferdebesitzer und -halter aufzubauen, wäre es sinnvoller, bestehende Vorgaben konsequent durchzusetzen – dort, wo die echten Missstände auftreten. Ein neuer "Pflichtschein" wirkt dagegen wie Symbolpolitik ohne spürbaren Nutzen für die Pferde.