Rückgaberecht beim Pferdekauf - Was müssen Käufer wissen?

Fernabsatz und Rückgaberecht beim Pferdekauf
„Immer mehr Leute kaufen Pferde, ohne das Tier persönlich gesehen zu haben.“

Zuletzt aktualisiert am 07.03.2024
Filmen mit dem Smartphone
Foto: Symbolfoto: Rädlein
CAVALLO: Frau Müller-Klein, beim Thema Fernabsatz denkt man eher an Onlineshops und das Rücksenderecht von Artikeln – aber kaum an das Thema Pferdekauf. Sie sagen, auch hier spielt es eine Rolle.

Iris Müller-Klein: Tatsächlich ja. Das Rückgaberecht bei Käufen aus der Ferne ist die Krux an der Sache, denn es gilt unter bestimmten Umständen auch für Pferde. Immer mehr Leute kaufen Pferde, ohne das Tier persönlich gesehen zu haben. Da gehen dann häufig per WhatsApp Nachrichten und Videos hin und her. Das machen zum einen Pferdehändler und Schulbetriebe häufig so. Sie haben als Unternehmen aber kein Rückgaberecht nach dem Fernabsatzgesetz, das gilt nur zwischen einem Unternehmen als Verkäufer und einem Verbraucher als Käufer.

Aus der Ferne gekaufte Pferde können in letzteren Fällen also zurückgegeben werden – wie lange denn?

Es muss vor dem Kauf eine Belehrung über das Widerrufsrecht geben. Ansonsten haben Käufer ein Jahr Frist, das Pferd zurückzugeben. Dafür muss kein Mangel vorliegen, eine Rückgabe ist ohne Angabe von Gründen möglich. Gefällt das Pferd also nach einiger Zeit doch nicht, kann der Käufer das Geld zurückverlangen, egal, was er in der Zwischenzeit mit dem Tier angefangen hat. Das ist meiner Meinung nach schon etwas, das dem Tierwohl zuwiderläuft. Nicht umsonst ist dies auch die Argumentation von Kritikern, dass die Kaufsache "Tier" nicht mit dem Gedanken der Rückgabe aus egal welchem Grund vereinbar ist. Man muss nämlich immer bedenken, dass wir hier noch keine einheitliche Rechtsprechung in Deutschland haben. Einige Gerichte wenden das Fernabsatzgesetz auch auf den Kauf von Tieren an, andere wie z.B. das Oberlandgericht München, halten es für unanwendbar.

Welche Zielgruppe kauft denn vor allem Pferde aus der Ferne?

Tatsächlich sind es zum Beispiel oft Mütter mit kleinen Kindern. Die äußern Wünsche, wie sie das Pferd sehen wollen, lassen sich Videos senden und schicken dann eine Spedition hin. Der Kaufvertrag wird dann unter ausschließlicher Anwendung von Fernkommunikationsmitteln, z.B. Handy und E-Mail, abgeschlossen. Und auch Freizeitreiter kaufen Pferde nicht selten, ohne sie persönlich gesehen zu haben. Bis 20.000 Euro scheint das für viele kein Problem zu sein. Der Trend, Pferde nicht mehr selbst auszuprobieren, sondern nur von anderen Personen vorreiten zu lassen, war ohnehin da. Online-Medien treiben das jetzt ins Extrem. Die Händler, die ich als Mandanten vertrete, sagen, dass sie inzwischen 10 bis 20 Prozent der Pferde über das Internet verkaufen. Viel läuft dabei über Facebook, Instagram oder TikTok – gar nicht mehr so sehr über klassische Online-Verkaufsplattformen.

Gibt es denn gerichtliche Auseinandersetzungen über Fälle, in denen Käufer Pferde zurückgeben wollen?

Ja, die gibt es. Ich habe mehrfach Händler in so einem Fall vertreten. Der Käufer wollte das Pferd jeweils zurückgeben, das er allein über Fernkommmunikation gekauft hatte. Das Tier hatte nichts, es gab keinen Grund. In einem anderen Fall wurde das Pferd über eine Online-Auktion eines großen deutschen Zuchtverbandes erworben. Hier hatte ich den Verkäufer vertreten. Der Verband hatte allerdings schon in seinen Auktionsbedingungen über das Widerrufsrecht belehrt. Meinem Mandanten war dies allerdings gar nicht bekannt. Er war mehr als erstaunt, als der österreichische Käufer den Widerruf erklärte und mein Mandant das Pferd dann zurücknehmen musste. Beim Kauf über das Internet waren die Gerichte unterschiedlicher Ansicht darüber, ob das Fernabsatzgesetz in diesem Fall anwendbar ist. Das Oberlandgericht München hielt es für nicht anwendbar auf Tiere, da es dem Gedanken des Tierschutzes zuwiderlaufe, auch wenn Tiere in der Liste der Ausnahmen der Anwendbarkeit nicht explizit genannt worden seien.

Wie gehen die Pferdezuchtverbände und Händler mit dem Thema um?

Der Westfälische Pferdezuchtverband beispielsweise weist bei Online-Auktionen in den AGB explizit darauf hin, dass es sich um ein Geschäft im Sinne des Fernabsatzgesetzes handelt, wenn der Verkäufer ein Unternehmen ist. Viele Verbände versuchen ein Rückgaberecht aber auch durch Umgehungsklauseln zu verhindern, indem etwa Personen zum Vertreter des Käufers vor Ort gemacht werden. Und ich kenne Händler, die Verträge nur noch persönlich oder mit einem Vertreter machen, der dann vor Ort ist und das Pferd vor dem Kauf in Augenschein nimmt.

Was passiert, wenn ein Käufer dem Pferd während der Probezeit Schaden zufügt oder ein Mangel entsteht? Gilt das Rückgaberecht auch dann?

Wenn der Mangel nicht grob fahrlässig hervorgerufen ist, gilt es. Fahrlässigkeit lässt sich ohnehin kaum nachweisen. Entwickelt das Pferd zum Beispiel nach dem Kauf ein orthopädisches Problem, kann der Verkäufer kaum nachweisen, dass der Käufer das verursacht hat und muss das Pferd zurücknehmen.

Wie wird es bei diesem Thema weitergehen?

Ich denke, die Käufe aus der Ferne werden immer mehr werden, weil die Leute merken, dass das eine super Sache ist. Für den Käufer ist es im Grunde ja auch eine Riesenchance, ein Pferd länger ausprobieren zu können. Aus Tierschutzsicht sollten Pferde aber meiner Meinung nach explizit vom Fernabsatzgesetz ausgenommen werden. Sie sind eben keine Waren, die man einfach hin- und herschicken kann.

Rechtsanwältin Iris Müller-Klein ist seit 2003 auf den Gebieten des Pferderechts und Tiermedizinrechts aktiv. Sie war jahrelang in einer auf Pferderecht spezialisierten Kanzlei in Verden tätig, bevor sie 2007 ihre eigene Kanzlei eröffnete. Iris Müller-Klein berät und betreut Verkaufsställe, Züchter, Reiter und Tierärzte. Neben dem nationalen und internationalen Pferdekaufrecht ist sie als Fachanwältin für Medizinrecht – insbesondere im Tierarzthaftungsrecht – tätig. www.rechtundreiter.de