Wie kommunizieren wir Reiterinnen im Sattel mit unseren Pferden? Na klar, über feine Hilfen; Gewichts-, Schenkel-, Zügel- und Stimm-Hilfen. So weit, so unvollständig. Denn es gibt noch reichlich mehr Möglichkeiten, sich auf feine Art und Weise mit dem Pferd zu verständigen! Schon mal an Zunge oder Lungenflügel dabei gedacht?
Das mag sich etwas abgedreht anhören. Ist aber fürs Pferd ganz intuitiv zu erfassen, erklärt Ausbilder Stephan Fischer aus Ilsfeld. Er hat einige ungewöhnliche Reiterhilfen parat, die er uns verraten hat. In diesem Sinne: Lasst uns kreativ werden und feine Hilfen neu denken!
Knie kontrollieren die Pferdeschultern
Okay, wir geben zu: Eigentlich ist der Begriff Knie irreführend. Denn streng genommen hat es Stephan Fischer mit dieser Hilfe auf die Oberschenkel abgesehen. "Die geben nämlich vor, wie sich der Brustkorb des Pferds bewegt”, sagt der Ausbilder. Weil die sich aber meist nur schwer vom Reiter ansteuern lassen, benutzt der Ausbilder das Bild von den Knien als unterstes Ende der Oberschenkel. Seine Schüler sollen sich vorstellen, auf ihren Knien seien Scheinwerfer; "die sollen beim Reiten mitleuchten wie adaptives Kurvenlicht im Auto”.
Heißt: Wollen Sie auf der linken Hand ein Schulterherein einleiten, stellen Sie sich vor, dass die Knie-Scheinwerfer in Richtung zweiter Hufschlag leuchten. "Die Hilfe kann ich aber für alle Lektionen nutzen, bei denen ich die Schulter verschieben will”, so Stephan Fischer. Selbst beim Spanischen Schritt hat er sie schon genutzt: "Da zeigen die Scheinwerfer leicht nach oben.” Er habe noch kein Pferd erlebt, das darauf nicht reagiert hat; es sei denn, Unterschenkel und Zügelhilfen des Reiters verhindern die Bewegung.
Tempounterschiede aus der Wirbelsäule
Bewegt sich das Pferd unter uns, wirkt sich diese Bewegung automatisch auf unser Becken aus – und auf unsere Wirbelsäule. Das lässt sich leicht erspüren, wenn Sie im Sattel mal die Hand auf Ihre Dornfortsätze der Lendenwirbelsäule legen. Diese schwingen nach links und rechts wie die Schwingtüren eines Saloons oder Fähnchen im Wind.

Frisch zulegen? Denken Sie dabei mal an Ihre Wirbelsäule statt nur an Bein und Becken.
Das Bild können wir gezielt nutzen, um Tempounterschiede besser zu reiten. "Wenn ich beispielsweise den Trab zurücknehmen oder versammeln will, stelle ich mir vor, dass die Schwingung der Fähnchen oder Türen kleiner wird. Beim Tritte verlängern wird sie größer.” Wichtig sei aber, so Ausbilder Stephan Fischer: "Es reicht, wenn man sich diese Bewegung nur vorstellt. Man sollte sie nicht aktiv angehen, also betont die Wirbelsäule schwingen lassen!” Das blockiere das Pferd eher. Aber die reine Vorstellungskraft reicht aus, damit das Gehirn die Muskulatur vorstimuliert. Und dieser Reiz wiederum reicht Pferden in den meisten Fällen – wenn keine anderen Reiterhilfen widersprechen –, um darauf zu reagieren.
Knochenrhythmen fürs Aussitzen nutzen
Der Begriff der Knochenrhythmen stammt aus der Bewegungslehre des Schweizers Eric Franklin. Er beschreibt die Bewegungen der Knochen zueinander, um bestimmte Abläufe besser abfedern zu können. Beispiel Kniebeuge: Der Oberschenkelknochen rotiert leicht nach außen, wenn man in die Beugung geht, der Unterschenkelknochen leicht nach innen. Streckt man den Körper wieder, ist es genau andersherum. "Solche Knochenrhythmen helfen dabei, ein dynamisches Bild einer Bewegung zu entwickeln. Und dann kann man dieser besser folgen”, erklärt Stephan Fischer.

Denken Sie beim Aussitzen an Kniebeugen und Zunge – das macht stabiler!
Bleiben wir bei der Kniebeuge: Unsere Bewegung beim Aussitzen entspricht nämlich genau dieser. Die Beingelenke federn beim Aussitzen hoch und runter. Dass wir herunterfedern, haben vermutlich die meisten uns von der ersten Reitstunde an, in der es "Absatz tief!” hieß, verinnerlicht. "Aber Aussitzen ist keine Sitzbewegung, sondern eine begleitende Bewegung. Heißt: wir müssen unser Pferd auch nach oben mitbegleiten”, sagt Stephan Fischer. Wer sich beim Aussitzen bewusst macht, dass die Bewegung aus nichts anderem als ständigen Kniebeugen besteht, kann feiner mitgehen und wird so besser reiten.
Sie wollen mehr über die kreativen Hilfen erfahren? Hier können Sie den kompletten Artikel lesen und die Erkenntnisse direkt mit in den Sattel nehmen:
Der Experte

Stephan Fischer sieht sich zuerst als Ausbilder der Reiter – und erst dann als Ausbilder fürs Pferd. Ihm liegt vor allem der Reitersitz am Herzen. Der Trainer aus der Nähe von Heilbronn hat sich unter anderem im Centered Riding und der Franklin-Methode weitergebildet und bietet auch Kurse auf seinem Reitsimulator an. reiten-ist-kommunikation.de