Stellen Sie sich vor, direkt vor Ihrem Gesicht winkt jemand. Er bewegt seine Hand schnell von einer Seite zur anderen. Sie folgen diesen Bewegungen mit Ihren Augen – und verabschieden sich auf diese Weise von hartnäckigen Reit-Problemen, die Sie schon seit Jahren mit sich herumschleppen und die sich nun quasi in Luft auflösen. Das klingt viel zu schön, um wahr zu sein? Auf genau dieser Technik basiert allerdings die Coaching-Methode "wingwave".
Die CAVALLO-Redaktion war ziemlich skeptisch, als sie von der Methode hörte. Stress und Blockaden beim Reiten einfach wegwinken? Das klingt ziemlich schräg. Und das soll klappen? Wir wollten wissen, ob das wirklich funktioniert. Reit-Probleme haben wir CAVALLO-Redakteure schließlich genauso wie andere Reiter auch. Wingwave-Coach Judith Diekmann aus der Nähe von Oldenburg in Niedersachsen, selbst Reiterin, stellte uns die Methode vor.
Denn auch wenn sich diese Wink-Technik ziemlich seltsam anhört: Dahinter steckt ein wissenschaftlicher Hintergrund. Die Wink-Bewegung wird von Wingwave-Coaches als wache REM-Phase bezeichnet. Die REM-Phasen (Abkürzung für rapid eye movements) kommen während unseres Schlafs vor. Dabei bewegen sich die Augen sehr schnell; so verarbeitet das Gehirn die Erlebnisse des Tages. Genau das ahmt die Wink-Technik nach: Indem ein Wingwave-Coach die Hand sehr schnell von links nach rechts bewegt, werden Erlebnisse im wachen Zustand im Gehirn verarbeitet. Bei Reitern können das Ängste oder Blockaden sein.
CAVALLO-Expertin Judith Diekmann:
Judith Diekmann ist Reiterin und kennt daher die vielfältigen Reitprobleme. Sie ist Wingwave-Lehrtrainerin und bietet neben Einzelcoachings auch Training für Gruppen sowie Wingwave-Coach-Ausbildungen an.
www.potenziale-nutzen.de










Hilfe vom Wingwave-Coach
Um die Wingwave "Wink-Technik" erfolgreich anwenden zu können, muss der Wingwave-Coach jedoch zuvor wissen, was genau den Reiter belastet. Das findet er mit dem sogenannten Myostatik-Test heraus. Dabei drückt ein Reiter Daumen und Zeigefinger in einer O-Form aneinander. Der Wingwave-Coach versucht dann, die Finger auseinander zu ziehen.
Ist der Reiter ruhig und gelassen, gelingt das nicht. Anders sieht es aus, wenn der Coach Aussagen zu möglichen Stress-Auslösern stellt, wie etwa zu Stürzen, Unfällen oder speziellen Situationen wie Ausritten oder Turnieren. Löst diese Vorstellung beim Reiter Stress aus, lässt der Druck zwischen den Fingern nach. Der Wingwave-Coach kann dann Daumen und Zeigefinger mühelos voneinander trennen.
Auf diese Weise findet der Trainer heraus, was genau den Reiter blockiert. Mit Hilfe der Wink-Technik werden diese Stress-Auslöser zuerst verarbeitet und danach mit neuen, positiven Gefühlen aufgeladen. Hat der Reiter beispielsweise Angst vor einem Sprung über ein Hindernis, denkt er während des abschließenden Winkens daran, wie er das Hindernis leicht und problemlos bewältigt. Das positive Bild überlagert dann künftig das negative Bild.
Die zwei CAVALLO-Redakteurinnen Kristina Hofer und Barbara Forro, die die Methode testeten, haben zwar mit Sprüngen keine Probleme – dafür aber andere: Kristina Hofer stürzte vor Jahren schwer von einem galoppierenden Pferd. Seither hat sie ein mulmiges Gefühl, wenn sie ein unbekanntes Pferd zum ersten Mal galoppiert. Barbara Forro dreht im Sattel eine Hand ein und wird so im ganzen Oberkörper schief. Ob das Wingwave-Coaching diese Probleme wohl tatsächlich beseitigt?
Ja, das tut es. Denn nach den gerade einmal zwei Coaching-Tagen sind die Fortschritte der beiden Reiterinnen phänomenal. Kristina Hofer gelingt es, ganz gelassen auf einem unbekannten Pferd anzugaloppieren. Und dass, obwohl dessen Größe sie anfangs sogar noch zusätzlich verunsichert. Barbara Forro hält das Handgelenk auf einmal gerade und verbessert so im Handumdrehen ihren gesamten Sitz.











Ängste und Blockaden lösen
Das Beispiel der CAVALLO-Redakteurinnen zeigt, dass das Wingwave-Coaching für jeden Reiter eine gute Methode sein kann, um hartnäckige Ängste und Blockaden zu lösen.
Wenn der Reiter entspannter im Sattel sitzt, wirkt sich diese Lockerheit auch positiv auf das Pferd aus. Das Coaching macht so besseres Reiten möglich. Wie die Wingwave-Methode bei Reitern genau funktioniert, zeigen wir Ihnen auf den nächsten Seiten.


Leistungsdruck, Perfektionismus, mangelndes Selbstvertrauen, Stress, Angst vor oder nach einem Unfall oder vor bestimmten Situationen wie Springen: All das kann Reiter im Sattel oder im Umgang mit ihrem Pferd blockieren. Doch genau für diese Probleme eignet sich die Wingwave-Methode perfekt, findet Coach Judith Diekmann.















Reiter mit Ängsten
Die Voraussetzung bei der Wingwave-Mehtode ist allerdings, dass der Reiter die Probleme selbst auslöst – und nicht das Pferd. Geht ein Pferd etwa bei verschiedenen Reitern immer wieder durch, lässt sich die Angst des Reiters nicht durch ein Coaching auflösen. "Der Reiter muss der Auslöser sein und beispielsweise seine Angst aufs Pferd übertragen", erklärt Judith Diekmann. "Dann lässt sich die Angst auch bewältigen."
Um Ängste und Blockaden zu lösen, braucht sie gewöhnlich drei bis fünf Coaching-Termine. Dazwischen liegen jeweils zwei bis sechs Wochen. Im CAVALLO-Test wird dieser Zeitrahmen geschrumpft: Die Redakteurinnen bekommen je ein Einzel-Coaching. Dabei testet Judith Diekmann, was die beiden Reiterinnen blockiert.
Redakteurin Kristina Hofer hatte vor Jahren einen schweren Reitunfall. Das Pferd stürzte im Galopp, Kristina Hofer brach sich dabei das Bein. Seither hat sie ein flaues Gefühl im Magen, wenn sie auf einem unbekannten Pferd zum ersten Mal galoppiert. Ihre Kollegin Barbara Forro hat ein anderes Problem: Sie dreht immer wieder die linke Hand ein und wird so im Oberkörper schief.











Was blockiert Reiter?
Was Reiter genau blockiert, zeigt der Myostatik-Test. Bei Kristina Hofer sind es die Unfall-Nachwirkungen. Die Blockaden können aber auch im Unterbewusstsein versteckt sein. Das zeigt das Beispiel von Barbara Forro. Hier liegt die Ursache im Schulsport: Bei einer Turnübung auf dem Schwebebalken hatte sie Angst davor, daneben zu greifen. Das sorgt heute noch dafür, dass sie ihre Hand beim Reiten eindreht. Auf diese Idee wäre die Reiterin nie gekommen.
Um die Stress-Auslöser zu löschen, nutzt Judith Diekmann die Wink-Technik. Dafür bewegt sie ihre Hand vor der Reiterin schnell hin und her, die ihr mit den Augen folgt. Was während des Winkens im Gehirn passiert, erklärt Judith Diekmann mit Einkaufstüten: "Das Verarbeiten von emotionalen Erlebnissen ist wie nach einem Großeinkauf. Das Gehirn räumt nach dem Einkauf die Inhalte der Einkaufstüten normalerweise weg. Bleibt eine Tüte im Flur stehen, stolpern Sie immer wieder darüber. Das ist quasi das, was Sie beim Reiten blockiert. Die Wink-Bewegung bewirkt, dass diese Erlebnis-Tüte nachträglich aufgeräumt wird."
















Kontakt zu Wingwave-Coaches
Kontakt zu Trainern:
Weltweit gibt es über 4000 zertifizierte Wingwave-Coaches. Adressen von Trainern in Ihrer Nähe finden Sie unter www.wingwave.com Für die Bearbeitung von Reit-Problemen ist eine eigene Reiterfahrung des Coaches sehr hilfreich.
Was Wingwave bedeutet:
Das Kunstwort Wingwave setzt sich zusammen aus "Wing" und "Wave". "Wing" steht für die Idee, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings das Klima auf der anderen Seite der Erde ändern kann. Das heißt: Ein kleines, aber zielgenaues Coaching kann große Wirkungen haben. Der zweite Wortteil "Wave" kommt von "Brainwave", tolle Idee oder Geistesblitz. Genau das soll mit dem Coaching hervorgerufen werden. Die Methode ist übrigens noch relativ jung. Sie wurde 2001 von den Psychotherapeuten Cora Besser-Siegmund und Harry Siegmund vorgestellt.
Was dabei im Gehirn passiert:
Im limbischen System, einem Teil des Gehirns, werden positive und negative Erlebnisse verarbeitet. Das geschieht normalerweise während des Schlafs in den REM-Phasen. Wird ein Erlebnis nicht verarbeitet, bleibt es wie eine Art wunder Punkt bestehen. Kommt der Mensch dann in eine ähnliche Situation, schlägt das limbische System Alarm und löst Stress aus.
Beispiel: Nach einem Sturz hat ein Reiter Angst, wieder aufs Pferd zu steigen. Die Verarbeitung solcher negativen Erlebnisse wird in den wachen REM-Phasen im Wingwave-Coaching nachgeholt. Dabei gelangen die Erlebnisse vom limbischen System ins Großhirn. Die Technik stammt aus der Traumatherapie. Dabei werden zudem beide Gehirnhälften angesprochen (bilaterale Hemisphärenstimulation); das verbessert zudem die Denkfähigkeit.










