Trainingstipp Nr. 1: Abwechslung von Anfang an
Auf Bundeschampionaten präsentiert Hannah Laser den Top-Dressurnachwuchs von Morgen – und bereitet junge Hengste körperlich und mental auf hohe Anforderungen vor. Sie reitet schon dreijährige Hengste vor Publikum. Ein ganz schöner Tanz auf dem Vulkan, oder? "Klar, ein bisschen Nervenkitzel ist immer dabei. Aber ich liebe die Energie der Pferde", betont die Reiterin. Die jungen Dressurpferde sollen Ausdruck und schwungvolle Gänge zeigen und zugleich auf die Reiterin fokussiert bleiben. Wie gelingt das?
Haben die Pferde eine gewisse Routine unterm Reiter, baut Hannah Laser möglichst viel Abwechslung ins Training ein: "Ich fahre etwa in eine fremde Reithalle und reite viel draußen", sagt sie. So lernen die Pferde viele unterschiedliche Reize und Umgebungen kennen. "Ich reite auch von Anfang an mit anderen Reitern zusammen in der Halle oder auf dem Platz. Die Pferde sollen sich gleich an Gegenverkehr gewöhnen."

Hannah Laser ist Pferdewirtschaftsmeisterin und trägt das Goldene Reitabzeichen. Ihr Schwerpunkt liegt in der pferdefreundlichen Jungpferde-Ausbildung und der Präsentation von Hengsten auf Bundeschampionaten.
Trainingstipp Nr. 2: Geschickt durchs Gelände
Das Training in verschiedenen Umgebungen ist wichtig für die Psyche der Pferde, effektives Fitness-Training und schont zugleich die Gelenke. Mit dem Dressurnachwuchs reitet Hannah Laser möglichst früh in die Natur und über die Weide. "Im Gelände kann ich Ausdauer, Geraderichtung und Geschick bestens fördern", erklärt die Ausbilderin. Dabei baut sie auch Galopp mit ein und reitet möglichst viel im Entlastungssitz.
Aber über Stock und Stein reiten mit dem Dressurcrack? Ja, unbedingt. Reiten auf unterschiedlichen Böden schult etwa Sinneszellen in Sehnen, Bändern und Gelenken und damit die Trittsicherheit. Auf unebenen Böden lernen Pferde, auch mal schief zu treten – ohne gleich umzuknicken. Das kann gesundheitlichen Problemen vorbeugen etwa mit den Sehnen. "Außerdem profitiert die Psyche der Pferde. Gelände macht Spaß, und die Tiere gehen später im Dressurviereck nicht in die Luft, wenn mal ein Vogel neben ihnen hochfliegt”, sagt die Ausbilderin.
Was sind die Bundeschampionate?
Die Top-Nachwuchspferde aus deutscher Zucht in fünf Altersklassen werden auf den Bundeschampionaten gekürt. Sie starten in den Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit. Dieser Meisterschaft fiebern Züchter und Sportfans jedes Jahr im Herbst entgegen. Die Sieger dürfen sich Bundeschampion nennen. Hannah Lasers größter Erfolg: Sie ritt 2020 den Ausnahmehengst Va’Pensiero mit einer Traumnote von 9,5 zum Sieg. Das Jahr zuvor siegte sie mit Fuchs Damaschino, "dem Maschinchen”.
Trainingstipp Nr. 3: Gerade Linien für die Gesundheit
Zu Beginn der Ausbildung reitet Hannah Laser die Pferde möglichst viel auf geraden Linien. Denn dabei sind die Pferdebeine gleichmäßig belastet. In Biegungen wie bei Zirkel, Schlangenlinien und Volten bringt das Pferd hingegen immer mehr Gewicht auf die Innenseite. "Das kann Verschleiß begünstigen", sagt die Reiterin. Sie baut die gebogenen Linien erst ein, wenn Pferde eine gleichmäßige Verbindung zu beiden Zügeln suchen. Das heißt: Wenn sie auf jedem Zügel gleich viel Zug spürt.
Trainingstipp Nr. 4: Vom Schenkelweichen zum Seitengang
Als erste Lektionen baut Hannah Laser gerne Schenkelweichen ein. "Dabei kann ich wunderbar die diagonale Hilfengebung prüfen. Also ob das Pferd auf den vorwärts-seitwärts treibenden Schenkel reagiert und an den äußeren Zügel tritt", sagt die Reiterin.

Hannah Laser steigert bei Lektionen langsam die Schwierigkeit. Das Pferd soll motiviert bleiben.
Auch Schultervor ist eine gute Basis-Lektion. Dabei achtet sie vor allem auf folgende Punkte: Weicht das Pferd mit der Hinterhand aus? Verwirft es sich im Genick? "Die Übung verrät mir viel über die Durchlässigkeit des Pferds", erklärt die Pferdewirtschaftsmeisterin. Ihr Tipp: Auf Ursachenforschung gehen und sich wie ein Detektiv Fragen im Sattel stellen. Wer dann entdeckt, wo es noch hakt, kann gezielt daran arbeiten. Hannah Laser entwickelt die Lektion schrittweise weiter und steigert die Anforderungen: über Schulterherein bis zur Traversale.
Trainingstipp Nr. 5: Angebote annehmen für den Traum vom fliegenden Wechsel
Oh nein, schon wieder Außengalopp! Stopp. Hannah Laser ärgert sich bei Jungpferden nicht darüber. "Wenn das Pferd Außengalopp oder Wechsel anbietet, nehme ich das an", meint sie. Der Grund: Später machen Pferde dann den fliegenden Wechsel in den Außengalopp mit mehr Freude. "Strafe ich hingegen anfangs den Außengalopp und im Laufe der Ausbildung fordere ich ihn, kann das Pferde verwirren", sagt die Pferdewirschaftsmeisterin. Es steht im Vordergrund, dass Pferde spielerisch die Koordination ihres Körpers lernen und motiviert bleiben.

Bietet das Pferd von allein einen Wechsel an, nimmt Hannah Laser dies dankend an.
Trainingstipp Nr. 6: Ganganalyse mit Doppellonge
Hannah Laser arbeitet gerne ihre Ausbildungspferde an der Doppellonge. "Dabei beobachte und fühle ich genau, wie die Pferde ihren Körper nutzen und kann Kraft und Koordination ohne Reitergewicht trainieren", erklärt sie. Auch hier stellt sich die Ausbilderin Fragen: Ist die Verbindung mit beiden Zügeln gleich? Welche Seite ist hohl, hat also weniger Verbindung zum Pferdemaul? Ist der Takt gleichmäßig? Lässt das Pferd den Widerrist fallen und ist losgelassen? Dann baut sie Übungen wie Übergänge und Handwechsel ein und beobachtet, ob sich die Punkte verbessern.

Wer hinterhergeht, reitet vielleicht bald vorne mit auf dem Turnier. Das Arbeiten an der Doppellonge ist eine willkommene Abwechslung für die Jungpferde.