Pferdetraining: Das richtige Pausen-Timing

Tempo raus!
Richtig Pausen machen

Zuletzt aktualisiert am 08.06.2022
Pausenleitfaden
Foto: Arturo Rivas

Pause für …

… die Belohnung beim Training

Mit Leckerli allein ist es nicht getan, da sind sich unsere Experten einig. Soll die Trainingsunterbrechung als Belohnung und damit auch als Motivation verstanden werden, greifen andere Kriterien.

Wann Pause machen? Für Jana Ebinger ist es stets ein Unterschied, ob über positive oder negative Verstärkungen gearbeitet wird: "Trainiere ich über negative Verstärkung, dann ist die Motivation des Pferds eine grundlegend andere als bei der positiven. Das Pferd agiert, weil es gelernt hat, dass es einen unangenehmen Reiz, etwa beim Touchieren mit der Gerte am Bein, ,abschalten‘ kann, wenn es tut, was es tun soll. Hier ist eine Pause also durchaus eine Belohnung: Das Pferd wird in Ruhe gelassen und kann sich entspannen."

Für Stefan Valentin steht hingegen außer Frage: "Die Pause ist stets die effektivste Art der Belohnung!" Und: "Ich habe ein Ziel, welches das Pferd erkennen soll. Wenn es das tut, also so reagiert wie es soll, gewähre ich ihm eine Pause, um sein Verhalten zu bestärken."

Wann ist sie nicht sinnvoll? Für Jana Ebinger ist klar: "Arbeite ich mit positiver Verstärkung, dann wird mein Pferd eine Pause meist als etwas Unangenehmes empfinden – gibt es doch in dieser Zeit keine Belohnung, etwa Futter, zu verdienen." "Pause als Lob" werde in der belohnungsbasierten Arbeit daher so nicht genutzt.

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Lisa Rädlein

Wie sollte sie aussehen? "Auch wenn ich bei meinem Training mittels positiver Verstärkung Pausen nicht als Verstärker nutze, mache ich natürlich trotzdem welche", ergänzt Ebinger. Und generell gilt: "Bei Pferden, denen die Trainingsunterbrechung sehr schwerfällt, ist es wichtig, ihnen die Pause möglichst angenehm zu gestalten. Sie etwa grasen zu lassen oder, wenn sie das mögen, zu kraulen oder zu massieren." Für Stefan Valentin ist die Belohungspause das Abstellen jeglicher Anforderung. "Sie muss quasi regungslos sein." Das gelte auch für den Menschen, der dann seine Atmung ebenfalls runterfahren und Entspannung vermitteln muss.

Auch Michael Laußegger lässt das Pferd mitunter als Belohung anhalten. "Ich warte dann im Stand, bis es eine Art Seufzer macht." Aber auch einfaches, lockeres Vorwärtstraben könne nach einer anstrengenden Arbeitseinheit als Pause und damit als Belohnung empfunden werden.

Wie lange sollte sie dauern? Über die Pausenlänge entscheidet immer das Pferd, meint Stefan Valentin. "Wird das Pferd wieder aufmerksam, etwa indem es auf Umweltreize reagiert, arbeite ich weiter." Die Länge der Pause bemisst sich laut Laußegger auch an der Atmung: "Nach einer gelungenen Lektion warte ich, bis der Atem wieder ruhig und gleichmäßig ist", empfiehlt er. "Das Pferd fühlt sich auf diese Weise bestätigt."

Pause für …

… Konzentration im Training

Die Konzentrationsfähigkeit von Pferden ist begrenzt, insbesondere bei jungen Pferden, betont FN-Veterinärin Dr. Caroline von Reitzenstein. Nach wissenschaftlichen Studien, etwa von Verhaltensforscherin Prof. Dr. Konstanze Krüger oder Pferdewissenschaftlerin Dr. Vivian Gabor, liegt sie bei den meisten Pferden bei gerade mal sieben Minuten.

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Lisa Rädlein

Wann Pause machen? Grundsätzlich gilt: Auch wenn die körperliche Ausdauer des Pferds noch ausreicht, sollten bei jeder Trainingseinheit, aber besonders beim Erlernen von neuen Lektionen und Aufgaben, immer wieder kleine Erholungspausen eingebaut werden, empfiehlt von Reitzenstein.

Trainerin Jana Ebinger weiß: "Das Bedürfnis nach einer Pause ist vor allem dann zu merken, wenn die Pferde langsamer reagieren als in den vorherigen Wiederholungen der jeweiligen Übung oder sich leicht ablenken lassen." Das Pausenbedürfnis zu ignorieren, ist gefährlich, mahnt Felicia Wehrenpfennig: "Wenn man intensiv weiterarbeitet, obwohl die Konzentration nachlässt, sind orthopädische Erkrankungen, etwa durch Vertreten, programmiert."

Wann ist sie nicht sinnvoll? Pausen sind grundsätzlich angebracht, findet Ausbilder Michael Laußegger. Aber er ist der Meinung, dass meist eher der Reiter eine Konzentrationspause braucht. "Denn das Pferd kann ja alles, ich muss es nur abrufen. Das Pferd führt nur das aus, was es beim Reiter fühlt." Ist der Reiter also unkonzentriert, kann das Pferd das Geforderte in der Regel nicht korrekt umsetzen – einfach, weil die Reiterhilfen nicht korrekt sind.

Jana Ebinger ist grundsätzlich überzeugt: "Fällt es dem Pferd schwer, sich gut zu konzentrieren, dann sollte ich etwas am Training ändern: Pause machen oder eine andere Übung." Ist das Pferd jedoch nur kurz unaufmerksam, sei dies zu ignorieren. Dann besser einfach weiterreiten bzw. -trainieren. "Denn reagiere ich auf jedes Ohrenzucken erstmal mit einer Pause, bringe ich unnötig Unruhe ins Training und verunsichere im schlimmsten Fall das Pferd sogar", gibt Ebinger zu bedenken.

Wie sollte sie aussehen? "Trainiere ich schon eine längere Zeit am Stück, dann besser das Training beenden und am nächsten Tag weiterüben", rät Jana Ebinger. Kann sich das Pferd dagegen lediglich in der aktuellen Umgebung nicht gut konzentrieren, ist es angesagt, die Pause zu nutzen, um den Ort zu wechseln. Vielleicht kann es sich in der Nähe seiner Herde oder an einem ruhigeren Ort besser fokussieren.

Und wie kann der Reiter sich entspannen? "Einfach mal die Gedanken schweifen lassen und nicht ans Reiten denken, dafür vielleicht an ein kühles Bier", schlägt Michael Laußegger vor.

Wie lange sollte sie dauern? Es hängt immer davon ab, meint Laußegger: "Wie schnell kann der Reiter selber abschalten, wie schnell durchatmen und entspannen", um so dem Pferd ebenfalls die Möglichkeit der Entspannung zu geben.

Pause für …

… die körperliche Erholung

"Um Trainingsziele zu erreichen, gilt es, das individuell richtige Maß zwischen Trainingsreiz und Erholung zu finden", sagt Caroline von Reitzenstein.

Wann Pause machen? Für Laußegger braucht das Pferd spätestens dann eine Pause, wenn es nicht mehr durch- oder nur noch flach atmet. Er rät außerdem von zu vielen Wiederholungen ab: "Erfahrungsgemäß haben wir nur drei bis vier Anläufe, um etwa einen Teil einer Lektion sinnvoll zu üben. Arbeitet der Reiter zu langatmig in eine Richtung, wird es fürs Pferd zu fad und mühselig, und es fängt an, sich zum Beispiel an der Hand abzustützen oder sich nach oben rauszuheben. Zudem lässt sein Schwung nach, die Agilität nach vorne geht verloren." Eine Übung, die zunächst gut geklappt hat, lässt dann in der Ausführung nach.

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Lisa Rädlein

Wann ist sie nicht sinnvoll? Im Konditionstraining- oder Muskeltraining können zu frühe Pausen kontraproduktiv sein – wer die Fitness steigern will, muss sogenannte überschwellige Trainingsreize setzen. "Hier bietet sich auch der Einsatz eines Pulsmessers im täglichen Training an. So bekommt man ein besseres Gefühl dafür, was anstrengend für das Pferd ist", empfiehlt Felicia Wehrenpfennig.

Wie sollte sie aussehen? "Nach einer anstrengenderen Arbeitsphase sollte eine Schrittpause folgen", so von Reitzenstein. Für Michael Laußegger kann Pause auch bedeuten, nach einer schwierigen Lektion eine leichtere, die das Pferd gut beherrscht, zu reiten und ihm so Erleichterung zu verschaffen.

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Lisa Rädlein

Ähnlich sieht das Wehrenpfennig: "Wenn ich mir bewusst mache, welche Muskelgruppe etwa in einer Dressurlektion angesprochen wird, kann auch eine andere Lektion schon eine Pause bieten." Und: "Nach einer sehr intensiven Einheit, die in den anaeroben Stoffwechselbereich geht, in dem sich Laktat ansammelt, ist eine Pause im lockeren Trab sinnvoll, weil so das Laktat schneller abgebaut wird." Laktat entsteht, wenn der Körper so viel Energie bereitstellen muss, dass der zur Verfügung stehende Sauerstoff nicht mehr ausreicht. Laktat kann die Muskeln übersäuern.

Wie lange sollte sie dauern? "Arbeiten wir im aeroben Bereich (hier gewinnt der Körper unter Verwendung von Sauerstoff Energie), was in der normalen Dressurarbeit der Fall ist, soll das Verhältnis 1:1 oder 1:2 sein", erklärt Felicia Wehrenpfennig. Heißt: Die Pause ist etwa so lang wie die intensive Einheit. "Kommen wir hingegen in den anaeroben Bereich, muss man die intensive Einheit 1:4 bis 1:6 zur Pause setzen: Wir brauchen hier also eine deutlich längere Pause."

Pause für …

… die mentale Erholung im Training

Prüfungssituationen, Umwelteinflüsse, neue Umgebung – es gibt genug Situationen, die beim Pferd Stress verursachen. Da geht es ihm nicht anders als seinem Reiter. Und für beide gilt: Mitunter hilft es, einfach mal durchzuschnaufen.

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Lisa Rädlein

Wann Pause machen? "Nach einem kleinen Spaziergang braucht ein gesundes Pferd rein körperlich keine Pause", meint Jana Ebinger. "Was jedoch nicht heißt, dass es mental keine Pause benötigt: Denken wir etwa an ein Jungpferd auf seinen ersten Spaziergängen alleine, dann ist klar, dass es danach eine Möglichkeit braucht, die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten."

Wann mentale Erholung angesagt ist, kann man Michael Laußeggers Meinung nach hören. "Am besten merke ich es beim Schrittreiten: Die Hufe des Pferds verursachen dann so eine Art Schleifgeräusche, das klingt dann wie auf Schmirgelpapier, auch auf weichem Boden. Der Schritt ist zwar immer noch Viertakt, aber er ist nicht sauber. Die innere Anspannung wird so hörbar."

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Lisa Rädlein

Wann ist sie nicht sinnvoll? Bleiben wir beim Jungpferd, das neue Dinge kennenlernt", so Ebinger. Hier seien zu lange Pausen zwischen den Wiederholungen meist kontraproduktiv. "Bin ich gerade dabei, das Pferd an den Sattel zu gewöhnen und komme nur alle ein bis zwei Wochen zum Üben, dann kann es passieren, dass ich immer wieder bei Null anfangen muss."

Für Stefan Valentin ist die Pause indes nicht angeraten, "wenn man sie anbietet, aber das Pferd sie nicht annimmt", weil es zum Beispiel abgelenkt ist – durch Stress, etwa verursacht durch bestimmte Umweltreize. "Dann fordere ich nochmal was von ihm, sodass es sich erneut auf mich konzentrieren muss."

Wie sollte sie aussehen? An die Belastung angepasst, sagt Ebinger. Und manchmal helfe einfach mal Luft ablassen, um Anspannungen loszuwerden: "Hat etwa ein Jungpferd gerade in seiner Trainingseinheit gelernt, sich auch gruseligen Situationen zu stellen und ruhig zu bleiben, dann freut es sich möglicherweise danach über die Chance, auf der Koppel ein paar Haken zu schlagen. Als Lauf- und Fluchttiere bauen Pferde Stress gut durch Bewegung ab."

Ähnlich argumentiert auch Michael Laußegger: "Ich kann mein Pferd galoppieren lassen und es bestimmt selber sein Tempo." Mentale Entspannung könne zum Beispiel auch sein, das Pferd nach einem Sprung über ein Hindernis ausgaloppieren zu lassen.

Wie lange sollte sie dauern? "Ob die Pause ausgereicht hat, verrät uns letztlich das Pferd bzw. das Trainingsergebnis", meint Jana Ebinger. Läuft es nach der Pause besser, dann war sie ausreichend" Langfristig also eine Erfahrungssache.

Pause für …

… die Festigung von Erlerntem

Neu Gelerntes muss das Pferd erstmal verdauen – das klappt nicht, wenn ein neue Lektion möglichst oft wiederholt wird. Im Gegenteil: Hier kann weniger unterm Strich effektiver sein.

Wann Pause machen? "Gehen wir vom Schulungsaspekt aus, muss man eine Einheit positiv beenden, um einen guten Lerneffekt für das Pferd zu haben. Das heißt, ich darf mit meiner Pause nicht warten, bis ich in einen verhängnisvollen Kreislauf gerate: Die Lektion klappt nicht mehr und deshalb wiederhole ich sie immer wieder. Das bringt überhaupt nichts", sagt Felicia Wehrenpfennig.

Wichtig sei, bestimmte Leistungen bzw. Lektionen nicht zu oft zu wiederholen, bestätigt Michael Laußegger. "Springt mein Pferd zum Beispiel einen fliegenden Wechsel gut, dann muss ich den nicht gleich wiederholen, weil es gerade so schön war. Dann ist es sinnvoll, ein paar Tage mal keinen Wechsel zu reiten. Das Pferd wird den Wechsel schließlich viel selbstverständlicher anbieten. Er wird uns dann quasi geschenkt."

Wann ist sie nicht sinnvoll? Nicht sinnvoll sei eine längere Pause, wenn das Pferd den aktuellen Trainingsschritt noch fehlerhaft ausführt. "Dann lieber etwas weniger verlangen, sodass das Pferd mindestens drei fehlerfreie Wiederholungen schafft", empfiehlt Jana Ebinger.

Wie sollte sie aussehen? Jana Ebinger hält Unterbrechungen, in denen man bereits bekannte Übungen abfragt für hilfreich, was Lerneffekte anbelangt: "Wenn ich eine neue anspruchsvolle Aufgabe trainiere und diese gut klappt, lobe ich, gebe eventuell ein Leckerli und dem Pferd zudem die Möglichkeit, seine Lieblingsübung zu zeigen – also eine Übung, für die es in der Vergangenheit schon häufig belohnt wurde oder etwas, was das Pferd von sich aus gerne macht." So könne sich das Pferd in der Pause mit positivem Gefühl erholen und wiederhole zugleich bereits Gelerntes.

Wie lange sollte sie dauern? Mancher Lernerfolg scheint sich im Schlaf einzustellen. "Ich habe schon oft beobachtet, dass es eine Art ,Über-Nacht-Verarbeitung‘ zu geben scheint. Offenbar verarbeitet das Pferdegehirn im Schlaf Erfahrungen. Und am nächsten Tag klappen manche Dinge ganz flüssig, die am Vortag noch recht hakelig waren", sagt Jana Ebinger. Und: "Eine möglichst entspannte Pause bzw. Nachtruhe ist sicher hilfreich für die Verarbeitung von Gelerntem. Streitigkeiten in der Herde beziehungsweise Stressoren in der Haltung führten vermutlich eher dazu, dass das Pferdegehirn mehr damit beschäftigt ist als mit der Nachverarbeitung der korrekten Gewichtsverlagerung im Travers."

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Lisa Rädlein

Pause für …

… den Muskelaufbau durch Training

"Reitfreie Tage mit freier Bewegung oder Bewegung im Schritt sind essentiell für ein erfolgreiches Training", sagt Felicia Wehrenpfennig. Und auch Caroline von Reitzenstein ist überzeugt: "Ohne Pause kein Trainingsfortschritt!" Wie die Muskeln wachsen:

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Lisa Rädlein

Wann Pause machen? Will man einen Trainingseffekt sehen, muss man regelmäßig über die bisherige Grenze gehen, also zum Beipiel etwas höher springen als sonst. Das heißt: "Mache ich immer zu früh Pause oder Schluss, werde ich keinen Trainingseffekt haben", erklärt Wehrenpfennig. Nach einer intensiven Trainingseininheit braucht der Körper aber bis zu 72 Stunden, "um den Trainingsreiz zu verarbeiten und mit Muskelaufbau zu antworten", so die Tierärztin. Alles andere ist kontraproduktiv: "Gebe ich dem Körper diese Zeit nicht, kann ich Fitness und Gesundheit sogar verschlechtern." Die physiologischen Veränderungen, die durch Training erzielt werden sollen, treten erst während der Pause ein, betont auch von Reitzenstein.

Wann ist sie nicht sinnvoll? "Immer dann, wenn die Anstrengung im Training nicht groß genug war, kann man sich diese Pause schenken", sagt Wehrenpfennig. Denn dann trägt sie auch nichts zum Muskelaufbau bei.

Wie sollte sie aussehen? Felicia Wehrenpfennig bringt es wie folgt auf den Punkt: "Lieber intensivere Einheiten gefolgt von Regenerationstagen als jeden Tag den gleichen Einheitsbrei."

Auch die Jahreszeiten und je nach Witterung unterschiedliche Trainingsmöglichkeiten lassen sich gezielt einbeziehen. So könne man im Herbst einmal das Pferd tiermedizinisch und/oder physiotherapeutisch anschauen lassen. "Dann lässt sich der Winter nutzen, um eventuelle Verspannungen zu lösen und Muskelgruppen gezielt wieder aufzubauen", empfiehlt Wehrenpfennig.

Ob eine Winterpause sinnvoll ist, hängt laut Veterinärin von Reitzenstein vom Individuum ab: Vielseitigkeitspferde werden beispielsweise im Winter in der Turnier- bzw. Geländepause zwar locker weiter trainiert, aber auf intensive Trainingsinhalte wird weitgehend verzichtet. "Zudem bietet der Winter die Möglichkeit, den Fokus anders zu setzen und zum Beispiel vermehrt an der Dressur zu arbeiten."

Wie lange sollte sie dauern? Längere Zeitabschnitte, wie Winter oder Sommerpausen, sind sinnvoll, vor allem für die Langzeit-Gesundheit unserer Pferde, sagt Wehrenpfennig. "Man muss sich eben auch klar machen, dass jeder Kilometer unterm Reiter Verschleiß bedeutet. Die Winterpause lasse sich zur Verbesserung der Balance (Schrittausreiten, unwegsames Gelände, Bodenarbeit) nutzen und zum Training der inneren Losgelassenheit. Jedoch vermisse sie oft "einen gezielten strukturierten Aufbau im Frühjahr. Die Grundkondition aufzubauen, dauert etwa acht Wochen und dann nochmal gut vier Wochen intensivere Arbeit, um das Pferd wieder so fit wie zuvor zu bekommen."

"Neues klappt nur einen kurzen Moment lang"

Pausenleitfaden
Volker Camehn

Rebecca Pallauf, Pferdewirtin und Ausbilderin in Otterfing bei München, über richtige Pausen und falschen Ehrgeiz beim Reiten.

CAVALLO: Wieviel Pause brauchen Reiter in der Reitstunde?

Rebecca Pallauf: Das kommt auf den Einzelfall, den Ausbildungsstand und die jeweilige körperliche Fitness an. Grundsätzlich gilt aber: Reiten ist kein Kraftsport, sondern hat etwas mit Ausdauer zu tun. Das Anstengende in unserem Sport ist ja: im Gleichgewicht losgelassen und locker im Sattel sitzen, ohne dass man sich verspannt, falsch atmet bzw. gleich die Luft anhält. Pausen brauche ich beim Reiten, um mich immer wieder neu zu sortieren.

Was passiert, wenn man keine ausreichenden Pausen macht?

Wenn man zum Beispiel eine bestimmte Lektion übt und die klappt nicht richtig, verkrampft man als Reiter irgendwann, weil es ja nun endlich klappen soll. Das geht schnell. Da ist es dann immer besser: erstmal durchatmen, Zügel lang lassen und sich neu sortieren – auch gedanklich. Und dann wieder in Ruhe erneut probieren.

Reiten hat ja auch viel mit Koordination zu tun: Umgebung im Blick haben, Gleichgewicht halten, Hilfen geben – und das alles gleichzeitig. Und gerade dann, wenn man etwas Neues lernt, klappt das immer nur einen kurzen Moment, bis es mit der Konzentration hapert, die Hilfen also ungenau werden. Das Pferd versteht dann nicht mehr, was ich von ihm will, was mich wiederum als Reiter frustriert. Das Pferd kann nichts dafür, denn das Problem ist immer der Mensch, der draufsitzt.

Pausenleitfaden
Lisa Rädlein

Inwiefern hängt der Pausenbedarf vom jeweiligen Reiter ab?

Kinder brauchen meiner Erfahrung in der Regel mehr Pausen als Erwachsene, sind aber auch leichter zufrieden. Erwachense sind meistens ehrgeiziger und wollen mehr und sich keine Blöße geben. Die muss man dann einfach mal ausbremsen.

Woran merken Sie überhaupt, dass ein Reitschüler eine Pause braucht?

Die werden dann häufig verbissen, ziehen ihre Schultern hoch und die Knie wandern zusehends nach oben übers Sattelblatt. Manche klagen mitunter über Armschmerzen, die Folge eines wenig losgelassenen Sitzes.

Unsere Experten

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FN-Archiv

Dr. Caroline von Reitzenstein, Veterinärin im Team Leistungsdiagnostik Pferd bei der FN.

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Felix Ebinger

Jana Ebinger ist Pferdetrainerin mit Schwerpunkt auf Clickertraining und positiver Verstärkung.

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Lisa Rädlein

Michael Lausegger, Ausbilder nach klassischen Grundsätzen aus Niederösterreich.

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Lisa Rädlein

Stefan Valentin arbeitet als Pferdepsychologe und -trainer, er gibt u.a. Kurse mit Jean-François Pignon.

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privat

Felicia Wehrenpfennig, die Tierärztin bietet medizinische Trainingsanalyse.