So kommen Reiter und Pferd in den Flow

Reiten in Harmonie
So kommen Pferd und Reiter in den Flow

ArtikeldatumVeröffentlicht am 28.11.2025
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Eine Reiterin ist mit ihrem Pferd beim Dressurtraining im Flow.
Foto: Rädlein

Ein Flow mit Suchtpotenzial

Wenn beim Reiten alles plötzlich ganz leicht ist, sind wir voll im Flow: ein euphorisches Gefühl, von dem jeder Reiter schwärmt. Das hat Suchtpotenzial! Wie kommen wir schneller zu diesem unbeschreiblich schönen Glücksgefühl?

Isabelle von Neumann-Cosel, Amateurreitlehrerin (FN), ehemalige Turnierrichterin und NeuroRider-Trainerin, erforscht in ihrem neuen Buch "Rider’s High”, was den Flow ausmacht – und ebnet den Weg dahin. Und der sieht so einfach aus: Schaffe dir die perfekten Rahmenbedingungen. Deine persönlichen Störfaktoren und Hindernisse kannst du selbst mit kurzen Übungen am Boden und im Sattel aus dem Weg räumen. Das Beste daran: Den Effekt spürst du sofort.

Eine Frau kniet auf dem Reitplatz, während das Pferd an ihr schnuppert.
Rädlein
Isabelle von Neumann-Cosel im Porträt
Isabelle von Neumann-Cosel
Die Expertin

Hier verrät die Autorin viele Tipps, die dir helfen können, stabiler, ausbalancierter und gelöster im Sattel zu sitzen. Der Clou: Es gibt so viele Übungen, dass sich jeder Reiter sein eigenes Programm zusammenstellen kann.

Eine gute Nachricht für alle, die unter chronischer Zeitnot leiden: Du kannst die Übungen zwischendurch in deinen Alltag einbauen oder sie als Warm-up-Routine vorm Reiten machen. "Es ist ohnehin besser, nur eine oder zwei Übungen gründlich und richtig auszuführen, als viele hintereinander”, sagt Isabelle von Neumann-Cosel.

Was ist ein Flow und wie können wir ihn auf dem Pferd erleben?

Ein flüssig gesprungener Parcours, eine perfekt gelungene Dressuraufgabe, ein gestreckter Galopp über die Wiese: Das alles können wunderschöne Flow-Erlebnisse beim Reiten sein. Wir spüren sie, wenn wir mit dem Pferd die größtmögliche leichte Verbindung haben und unsere Bewegungen perfekt miteinander harmonieren – mal nur für ein paar Sekunden, mal sogar eine ganze Reitheinheit lang.

Eine Reiterin mit ihrem braunen Pferd über dem Sprung.
Rädlein

Das Flow-Erlebnis ist mehr als ein subjektives Gefühl. Ein ungarischer Forscher hat diesen emotionalen Ausnahmezustand des menschlichen Bewusstseins 1975 als Fachbegriff in die Psychologie eingeführt. Flow hängt unmittelbar mit einem Bewegungserlebnis zusammen und ist besonders bekannt bei Läufern (Runner’s High).

Leider gibt es keine zuverlässige Gebrauchsanleitung, wie wir zum Flow kommen können. Als Reiter haben wir nämlich noch eine besondere Herausforderung. Die macht aber den Flow, wenn wir ihn denn fühlen, besonders berauschend: das Pferd. Wenn wir unsere Bewegung mit ihm synchronisieren und uns harmonisch mit ihm verbinden, haben wir die beste Basis geschaffen, um "Rider’s High” zu erleben.

Warum uns das Gehirn beim Reiten manchmal Schnippchen schlägt

Rider’s High wird im Gehirn gesteuert, geplant erfahren, verarbeitet und erinnert. Die Schaltzentrale in unserem Kopf bringt uns also ins Flow-Feeling. Oder eben nicht.

Das Gehirn koordiniert sämtliche Bewegungen unseres Körpers, die vor allem beim Reiten sehr komplex sind. Es sorgt auch dafür, den Körper vor drohenden Gefahren zu schützen. "Wer das weiß, kann individuelle Bewegungsmuster viel besser verstehen”, betont Isabelle von Neumann-Cosel. Gehirn und Körper beeinflussen sich wechselseitig, wenn es um Bewegungen geht. Deshalb ist nur ein Bruchteil unserer Bewegungen bewusst.

Mindestens 90 Prozent unserer Bewegungsenergie verbrauchen wir für Bewegungen, die wir oft gar nicht mitbekommen. Von den 656 Skelettmuskeln in unserem Körper können wir nur rund 100 bewusst ansteuern. Alle übrigen werden unwillkürlich und häufig auch unmerklich aktiviert. "Wenn Reiter bewusst eine Hilfe geben, passieren im gleichen Zuge auch unbewusste Bewegungen”, erklärt Isabelle von Neumann-Cosel.

Eine Reiterin mit ihrem Schimmel beim Gelände-Ritt.
Rädlein

Unmerkliche Bewegungen durch Reflexe und Automatismen werden schneller ausgeführt als bewusst gesteuerte Bewegungen. Diese tückischen "heimlichen Moves” erlauben und begrenzen sogar bewusst gesteuerte Bewegungen. So sorgt das Gehirn zum Beispiel dafür, dass:

  • der Körper stabil bleibt: Jede einzelne Bewegung hängt mit einer Gewichtsverlagerung zusammen. Vorher wird das Gehirn also die Gegenseite stabilisieren.
  • der Körper flexibel bleibt: Das Gehirn verändert sich ein Leben lang. Es passt sich an. Dazu gehört aber auch das Motto: "Use it or loose it” – was nicht genutzt wird, geht verloren.
  • der Körper aus positiven und negativen Bewegungserfahrungen lernen kann: Es gibt ein Körpergedächtnis. Fahrradfahren, Schwimmen und Reiten verlernen wir deshalb nie völlig. Dafür hinterlassen aber auch Traumata, wie Unfälle und Verletzungen, bleibende Erinnerungen im Körpergedächtnis. Sie können durch Reize getriggert werden.

In diesen unbewussten Bewegungen, denen wir hilflos ausgeliefert scheinen, liegt das große Potenzial, uns beim Reiten unmittelbar zu verbessern. Denn wir können unser Gehirn tatsächlich ein bisschen austricksen. Und gleichzeitig die Herausforderungen im Sattel besser meistern. Was wir dafür brauchen: gute Rahmenbedingungen. Und darum können wir uns selbst kümmern.

Du willst mehr darüber erfahren, wie du und dein Pferd in einen gemeinsamen Flow kommen? Hier kannst du den kompletten Artikel mit allen praktischen Übungen herunterladen: