Geländereiten pur: Balancieren, klettern, wippen – ein Extreme Trail Park ist der perfekte Abenteuerspielplatz für Pferde und Reiter. Jetzt gibt es den ersten in Deutschland.
Geländereiten pur: Balancieren, klettern, wippen – ein Extreme Trail Park ist der perfekte Abenteuerspielplatz für Pferde und Reiter. Jetzt gibt es den ersten in Deutschland.
Enge Schluchten, steile Felsstufen, wackelige Hängebrücken und Geröllfelder – kein Gelände zum Reiten, würden Sie sagen? Aber sicher doch, finden Andrea und Hardy Baumbach. Sie eröffneten Anfang Mai in Herbstein bei Fulda den ersten deutschen "Extreme Trail Park".
Auf 18.000 Quadratmetern können Reiter und Pferde üben, schwierigste Geländehindernisse sicher zu überwinden. Schon bevor der Park offiziell öffnete, luden die Baumbachs zum ersten Trainingstag.
CAVALLO war dabei und schickte eine Redakteurin auf den Parcours. Der liegt auf einer leicht abschüssigen Wiese mit steilen Geländestufen. Zurzeit können Reiter an 20 Hindernissen ihren Mut und ihr Geschick testen. Platz und Ideen für weitere Herausforderungen sind vorhanden.
Ende April macht sich üppiges Grün breit, wo bis vor wenigen Tagen noch fleißig gearbeitet wurde. Etwa 150 Tonnen Felsen, 100 Tonnen Schotter und 40 Raummeter Holzstämme verbaute das Ehepaar Baumbach gemeinsam mit dem befreundeten Landschaftsbauer Stefan Krauss in nur zwei Monaten. Nebenberuflich, versteht sich. Denn für die Familien Baumbach und Krauss ist der Extreme Trail Park ein – wenn auch ziemlich aufwändiges – Hobby.
Am Trainingstag verteilen sich etwa zehn Reiter auf dem Gelände. Einer von ihnen ist der US-Trainer Mark Bolender. Der Extreme-Trail-Pionier sitzt im Sattel von Cat Balou, einer vierjährigen Quarter-Horse-Stute, die Hardy Baumbach gehört.
Gerade durchquert die Stute leichtfüßig das Stämmefeld. Hier liegen unzählige dicke und dünne, lange und kurze Baumstämme kreuz und quer über und nebeneinander. Wie ein Spürhund auf der Fährte, Kopf tief und Ohren gespitzt, sucht die Stute den besten Weg durchs Gehölz, ohne dabei mit den Hufen anzuschlagen.
Vor gut zehn Jahren baute Mark Bolender auf seiner Ranch im US-Bundesstaat Washington den ersten Extreme Trail Park – und gründete damit eine neue Reitdisziplin, den Mountain Trail. Inzwischen gibt es in den USA etwa 100 Extreme Trail Parks und Championate mit bis zu 600 Teilnehmern.
Bolender hat die US-Meisterschaft im Mountain Trail schon dreimal gewonnen, zuletzt 2010 ohne Zaumzeug, nur mit Halsring. Damit demonstriert der Ex-Banker seine Trainings-Philosophie: "Ich will ein Pferd, das mein Partner ist und seinen Job selbstständig erledigt", sagt Bolender.
"Im Gelände sind Pferde mit ihren Sinnen und Reflexen schneller und besser als Menschen. Wenn wir sicher unterwegs sein wollen, müssen wir das nur nutzen." Genau das fällt aber vielen Reitern schwer. Weil sie ihren Pferden zu wenig vertrauen, versuchen sie, jede Regung ihrer Vierbeiner zu kontrollieren.
Damit kommt man im Extreme Trail nicht weit. "Das Pferd weiß, wo es seine Hufe setzen muss, um sicher durch eine Engstelle, über Baumstämme oder ein Geröllfeld zu kommen. Greifen wir ein, stören wir es nur dabei", sagt Bolender.
Deshalb kann im Wettbewerb nur punkten, wer sein Pferd präzise und mit feinen Hilfen durch die Hindernisse dirigiert – und es nicht bei der Arbeit stört. Das Pferd soll sich der Herausforderung ruhig nähern, sie aufmerksam betrachten und ohne zu stocken überwinden.
"Es geht nicht darum, irgendwie durchs Hindernis zu kommen, sondern harmonisch und entspannt", sagt Bolender. Deshalb ist die Notengebung differenziert: Ein- und Ausritt bringen bis zu zwei Punkte, der Weg durchs Hindernis fünf. Den letzten Extrapunkt zur Höchstnote 10 kann das Pferd einsammeln, wenn es die Aufgabe flüssig, mit voller Konzentration und dem gewünschten freudiggelassenen Ausdruck erfüllt.
Wie schwierig das ist, merken die Teilnehmer des Trainingstags schnell. Obwohl die meisten Pferde trail- und geländeerfahren sind, stoßen alle irgendwo an ihre Grenzen. Knackpunkt für viele: die Hängebrücke. Um abwärts auf die wackeligen Bretter zu treten, brauchen fast alle Pferde etwas Überzeugung.
Einige haben auch später noch höchste Bedenken. Kein Problem, denn alle Neulinge werden behutsam vom Boden aus an die Hindernisse herangeführt. Erst, wenn es da klappt, sollte der Reiter aufsitzen. Denn eins steht im Extreme Trail Park immer an erster Stelle: die Sicherheit.
"Nur wenn das Pferd ruhig und vertrauensvoll in ein Hindernis geht, kann es seine Fähigkeiten dazu nutzen, es sicher zu überwinden", sagt Mark Bolender. Zwingt man ängstliche Pferde auf Brücke, Wippe oder durch Baumstämme, provoziert das nur Fehltritte und Verletzungen.
Wer dagegen harmonisch an Felsstufen, Serpentine oder Two Step arbeitet, kann im Extreme Trail Park viel Spaß haben. Und das völlig unabhängig von der Reitweise. Beim Trainingstag sieht man neben Westernpferden im typischen Outfit auch klassisch ausgerüstete Warmblüter, Isländer mit Töltsattel, Ponys und ein Muli. Sogar Lamas waren schon da.
Egal, ob vom Boden aus, als Handpferd oder geritten, sich mit den Tücken des Parks zu beschäftigen, hat neben dem Spaßfaktor vor Ort auch handfesten praktischen Nutzen. "Je sicherer ein Pferd im Park die Hindernisse überwindet, desto gelassener geht es im Gelände mit auftauchenden Schwierigkeiten um", sagt Mark Bolender.
Sogar die Dressurarbeit kann profitieren. Denn die Hindernisse schulen Balance und Koordination der Pferde. Wie der Balance Beam, ein etwa 50 Zentimeter breiter, 8 Meter langer und etwa 50 Zentimeter hoher Holzsteg. Der 15-jährige Rheinländer Samurai hat damit noch Schwierigkeiten.