Ein Griff, ein Dreh und weiter! Im Aktivstall für Pferde auf Gut Neideck ist das Heufüttern ein Kinderspiel. Das demonstriert Anja Haupt, Betreiberin des Pensionsstalls, als CAVALLO den Hof in Nideggen am Rand der Eifel besucht. Die Anlage glänzt mit vielen gut durchdachten Details wie der drehbaren Raufe – dem Heukarussell. Dabei waren die Eigentümer des Hofs und Erfinder der Raufe vor gar nicht allzu langer Zeit noch weit entfernt davon Pferde zu halten.
Erst durch Tochter Michelle kommen die Haupts vor acht Jahren aufs Pferd. Michelle will unbedingt Ponyreiten und weint bitterlich, wenn wieder ein Ritt vorbei ist. Bald guckt sich Anja Haupt deshalb nach einer regelmäßigen Reitgelegenheit für ihre Tochter um und wird bei der Besitzerin von sieben Islandpferden fündig. Da diese sehen will, dass sich die Mutter mit Pferden auskennt, setzt sie die gelernte Polizistin auf eins der Pferde. „Und wenn einen dieser Virus wieder erwischt hat, will man nicht mehr aufhören“, schwärmt die Stallbetreiberin, die als Kind jahrelang geritten ist. Eine Reitbeteiligung sollte nun her. Und Anjas Mann René zeigt plötzlich auch Interesse. Nach kurzem Überlegen steht der Entschluss: ein eigenes Pferd statt Reitbeteiligung. „Blauäugig, wie man so ist, weiß man ja noch nicht, was da wirklich so dran hängt“, sagt Anja Haupt.
„Wir haben uns dann umgeguckt und zwei Warmblüter gefunden“, erzählt sie. Benny, ein Trakehner, entpuppt sich als zuverlässiges und unerschrockenes Lehrpferd, mit dem auch ihr Mann sofort ins Gelände gehen kann. Da er aber schon älter und deshalb nicht immer reitbar ist, suchen die Haupts bald ein drittes Pferd. „Zufällig waren zu dem Zeitpunkt im Internet drei Friesenstuten aus schlechter Haltung abzugeben“, seufzt Anja Haupt. Mit fünf Pferden steht die Familie nun vor der Frage: „Wo stellen wir die im Winter hin?“ In Nideggen pachten Haupts eine Stallanlage. „Dann kam eins zum anderen, und bevor wir uns versahen, hatten wir acht Pferde.“















Das Heukarusell von Gut Neideck
Schnell keimt in Familie Haupt der Traum vom Pferd am Haus oder einem alten Bauernhof. Die Ernüchterung kommt bald, weil solch ein Objekt nicht leicht zu finden ist. Plan B muss her: Da René Haupt Bauunternehmer ist, kennt er sich aus und fragt bei der Landwirtschaftskammer nach, welche Auflagen es für den Stallbau gibt. Tipp der Kammer: in ein Gewerbegebiet ziehen. Das sei die einzige Möglichkeit, den Traum vom selbst gebauten Stall zu verwirklichen. „Was soll ich denn mit Pferden im Gewerbegebiet? Das ist doch totaler Blödsinn“, denkt Anja Haupt damals, guckt sich aber nach geeigneten Grundstücken um und wird fündig: ein Areal am Rande eines Gewerbegebiets, umgeben von Natur, Wald- und Feldwegen. Es dauert weitere drei Jahre, bis die Haupts das Grundstück tatsächlich übernehmen und bebauen dürfen – und die Planung beginnen kann.
Der Traum der Haupts wird Realität: Pferde möglichst artgerecht zu halten. „Wir waren schon immer Selbstversorger, weil es für uns nie in Frage kam, in einen Stall zu ziehen, wo die Pferde 23 Stunden drinnen in kleinen Boxen stehen“, erzählt die Stallbetreiberin, die 2009 die Prüfung zum Pferdewirt ablegte. „Bei uns hat jedes Pferd eine 12 Quadratmeter große Box mit 18 Quadratmetern Paddock dran.“ Der Durchgang von der Box zum Paddock wurde mit 1,40 Metern extra breit gelassen. Türen gibt es nicht. „So kann niemand auf die Idee kommen, die Türen zu schließen“, sagt Anja Haupt. Frischluft im Stall ist garantiert.
Neben den Paddockboxen gibt es fünf Innenboxen. „Die sind ausschließlich für meine eigenen Pferde, bei denen ich gewährleisten kann, dass sie auch im Winter immer raus kommen.“ Hinter der Halle liegt ein 200 Quadratmeter großer Auslauf, der stellenweise überdacht ist. Je nach Wetterlage können die Pferde auch ganztags rund um die Uhr auf die Weide. Ab Herbst kommen 50 000 Quadratmeter Land dazu; dort sollen weitere Weiden entstehen, ein Laufstall und ein Außenviereck zum Reiten.
Zum Stallgebäude gehört auch eine 20 x 54 Meter große Reithalle, die die besondere Stärke der Haupts zeigt: Erfindergeist. Damit die Türen zur Halle nicht zufallen können und bequem zu bedienen sind, hat Familie Haupt kurzerhand einen Motor eingebaut. Auf Knopfdruck kann der Reiter jetzt von innen und außen ohne Kraftaufwand die schwere Tür öffnen. Der Hallenboden ist ein Eigenkonzept mit Recycling-Ambitionen: Tennisplatzasche dient als Unterbau, da diese fest, aber gelenkfreundlich ist. Die Asche kommt direkt von einem Tennisplatz, auf dem alle Böden erneuert wurden. Der Hallensand ist ein Fundstück aus einer Quarzader, die beim Bau eines Rückhaltebeckens freigelegt wurde. Durch den leichten Lehmanteil im Sand hält er die Feuchtigkeit gut, und die Pferde rutschen nicht. Der Hallenboden ist durch diesen Aufbau so robust, dass es kein Problem ist, wenn die Pferde toben oder longiert werden.
Eigentliches Highlight der Anlage ist jedoch die Erfindung, mit der Familie Haupt nicht nur Pferde, sondern auch Stallbetreiber glücklich macht: das Heukarussell. Das Prinzip ist einfach, der Nutzen enorm. Das Heukarussell ist eine runde Raufe mit Gestänge und drei Kammern. Diese werden morgens befüllt. An der Box angebracht, reicht es, das Heukarussell zu drehen, wenn eine Kammer leergefressen ist. Ein weiterer Vorteil des Karussells: Im Vergleich zu vielen Heuraufen, bei denen die Pferde ihren Kopf schräg halten müssen, um zu fressen, stehen die Pferde am Heukarussell mit gerader Kopfhaltung. Mit nur einem Befüllvorgang am Tag lassen sich die Tiere schnell und artgerecht füttern. Die Staubbelastung sinkt, die Arbeitszeit wird auf ein Minimum reduziert. Die Raufe, findet Anklang: Sie wurde aktuell mit dem Innovationspreis der Pferdemesse Eurocheval ausgezeichnet.
„Ich bin kein Freund davon, das Heu auf den Boden zu werfen“, erzählt Anja Haupt, wie die Idee fürs Futterkarussell ins Rollen kam. Früher fütterte sie ihre Pferde aus engmaschigen Heunetzen, damit sie beschäftigt waren und das Heu nicht verscharrten. „Für 20 Pferde morgens, mittags und abends Heunetze zu stopfen, ist allerdings extrem anstrengend und vergeudet Zeit.“ Im Test ist momentan noch eine Variante mit Motor und Zeitschaltuhr, die dafür sorgt, dass die Tiere immer zur selben Zeit ihre Heuration erhalten. Eine runde Sache!






Eckdaten

Gut Neideck
Anja und René Haupt
Thumer Weg 60
52385 Nideggen
www.gut-neideck.de
Anlage: Außenreitplatz, Reithalle (20 x 54 Meter), Waschplatz, Solarium, Reiterstube, Weiden, Ausreitgelände
Haltung: Pensionsstall, Gruppenhaltung und Boxen mit Paddocks
Monatspreis inkl. Rau- und Kraftfutter: 342 € inkl. Weideservice
Freie Plätze: Auf Anfrage
Alle Videos aus der Rubrik Stall-Scout gibt es unter: www.cavallo.de/stallscout














